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Erste Verhaftung im Umfeld der Affäre Swissfirst

Hauptsitz der Siemens in der Schweiz, in Zürich. Keystone Archive

Am Freitag war im Zuge der Untersuchung im Fall Swissfirst der Portfolio-Manager der Pensionskasse von Siemens Schweiz in Untersuchungshaft genommen worden.

Nach der Verhaftung geht Swissfirst in die Offensive. Die angeschlagene Bankengruppe weist Bestechungsvorwürfe zurück.

Im Zuge der Untersuchung im Fall Swissfirst ist es zu einer ersten Verhaftung gekommen. Der Portfolio-Manager der Siemens-Pensionskasse soll Kickbacks angenommen haben.

Da auch der Verhaltenskodex der Siemens-Pensionskasse (PK) dies strikt untersagt, hat Siemens Schweiz ihn suspendiert.

Die Siemens-PK figuriert auch unter den Pensionskassen, die letzten Herbst Swissfirst-Aktien abgestossen hatten.

Keine Kickbacks

Weder die Swissfirst Gruppe noch deren Vorgängerorganisationen Bellevue und Swissfirst hätten im Zusammenhang mit irgendwelchen Geschäftsvorfällen je unerlaubte Kickbacks oder andere Zuwendungen in irgendeiner Form an Kunden, insbesondere auch an Pensionskassen-Manager, geleistet, sagte Verwaltungsrats-Präsident Martin Bisang am Samstag in Zürich.

Form der Bestechung

Bei Kickbacks handelt es sich um Bestechungs- oder Schmiergeldzahlungen, die auf dem Umweg über überhöhte Rechnungen oder Provisionsvereinbarungen an den Auftraggeber oder an von ihm begünstigte Dritte zurückfliessen.

Der Siemens-Mann sei in den letzten zwei Tagen von der zuständigen Zürcher Staatsanwaltschaft befragt worden, sagte Charles Breitenfellner, Sprecher von Siemens Schweiz.

Am Freitagnachmittag seien die Behörden dann zum Schluss gekommen, den Mann in Untersuchungshaft zu nehmen.

Zusammenhang mit Swissfirst-Transaktionen?

Für wie lange er dort bleiben muss, sei nicht bekannt. Bei der Zürcher Staatsanwaltschaft war am Freitagabend niemand für eine Stellungnahme erreichbar.

Ob die Verhaftung einen Zusammenhang mit dem Fall Swissfirst habe, wisse man ebenfalls nicht, sagte Breitenfellner.

Langjähriger Mitarbeiter mit gutem Branchenruf

Bei dem Portfolio-Manager handle es sich um einen langjährigen Mitarbeiter, der einen guten Ruf in der Branche geniesse. Es gelte die Unschuldsvermutung, solange das Verfahren laufe.

«Falls sich der Verdacht jedoch erhärtet, würden wir sicher die Möglichkeit eines Regresses prüfen», sagte Breitenfellner.

Mehrere Pensionskassen hatten Swissfirst-Aktien verkauft

Bei der PK von Siemens Schweiz läuft eine externe Untersuchung der Revisionsgesellschaft Ernst & Young rund um den Fall Swissfirst, neben den Ermittlungen der Behörden. Diese habe Siemens selbst in Auftrag gegeben.

Denn mehrere Aktionäre, darunter auch Pensionskassen, figurierten vor dem Zusammenschluss der Bank Swissfirst mit der Bank Bellevue im September 2005 als Verkäufer von Swissfirst-Aktien an den damaligen Swissfirst-Chef Thomas Matter.

Nach der Fusion aber stieg der Swissfirst-Aktienkurs deutlich, sodass den PK damit Millionengewinne entgangen seien. Dies ist ihnen seither vorgeworfen worden.

Im Zuge des öffentlichen Drucks in der Swissfirst-Affäre trat Matter am 28. August zurück. Die Bank steht zum Verkauf.

Reduktion des Swissfirst-Bestand im September 2005

Bereits vorher, im Sommer 2005, hatte die Siemens-Pensionskasse beschlossen, ihren Swissfirst-Bestand zu reduzieren. Sie hat nach früheren Angaben dann im September 390’000 Aktien zu 60 Franken pro Stück verkauft.

Die Transaktionen sind nach Siemens-Angaben korrekt verlaufen. Die involvierten Portfolio-Manager hätten dies auch in einer persönlichen Erklärung bestätigt.

swissinfo und Agenturen

Im September 2005 veröffentlichten die Banken Swissfirst und Bellevue ihre Fusion.

Nach der Fusion stieg die Aktie der neuen fusionierten Gesellschaft um 50%. Dies weckte Verdacht auf Insidergeschäfte.

Darauf erhob im November der frühere Swissfirst-Grossaktionär Rumen Hranov Anklage gegen die Führung von Swissfirst. Der Vorwurf lautete, er sei mit angeblich unlauteren Mitteln gedrängt worden, sein Aktienpaket noch vor der Fusion zu veräussern.

Damit entgingen ihm grosse Gewinne.

Vor einigen Wochen wurden sechs Pensionskassen und zwei Unternehmen bekannt, die ebenfalls kurz vor der Fusion verkauft hatten – was sie 20 Mio. Franken gekostet hat.

Die PK-Manager hätten sich von Thomas Matter, dem Swissfirst-Direktor, dazu überzeugen lassen.

Mitte August wurde im Kanton Zürich ein Verfahren gegen Matter und einige PK-Manager eröffnet.

Des Betrugs, Veruntreuung, ungetreuer Geschäftsbesorgung und des Insider-Handels bezichtigt, demissionierte Matter Ende August. Die Swissfirst-Führung möchte nun die Bank abstossen.

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