Eveline Widmer-Schlumpf nimmt Wahl an
Die gestern gegen den Willen ihrer Partei in den Bundesrat gewählte Bündner SVP-Politikerin Eveline Widmer-Schlumpf hat ihre Wahl angenommen. Sie ersetzt Christoph Blocher in der Landesregierung.
Die Schweizerische Volkspartei kündigte daraufhin an, in die Opposition zu gehen. Sie erachtet die neue Bundesrätin nicht als Vertreterin ihrer Partei.
Mit der Annahme der Wahl durch Eveline Widmer-Schlumpf ist Christoph Blocher als Bundesrat definitiv abgewählt.
Die Bündner SVP-Regierungsrätin sagte am Donnerstagmorgen vor der Vereinigten Bundesversammlung, das Parlament habe ihr eine grosse Aufgabe übertragen, die sie nur mit der Unterstützung aller Mitglieder des Parlaments wahrnehmen könne.
Den 67-jährigen Justizminister ereilt damit das gleiche Schicksal wie seine Amtsvorgängerin Ruth Metzler, an deren Stelle Blocher vor vier Jahren in die Regierung eingezogen war.
Es handelt sich erst um die vierte Abwahl eines amtierenden Bundesrats seit der Gründung des Bundesstaats im Jahre 1848.
«Wie andere von den Ereignissen überrascht»
Wie andere, so sei auch sie von den Ereignissen überrascht worden, erklärte Eveline Widmer-Schlumpf vor der Vereinigten Bundesversammlung. «Ich bin sehr dankbar, dass sie mir eine Auszeit gegeben haben, um die Situation zu analysieren.»
Sie habe auch die Situation ihrer Familie, des Kantons Graubünden und ihrer Partei, der SVP, analysiert. Die Wahl in den Bundesrat sei eine grosse Ehre für sie, ihren Kanton und ihre Partei, sagte Widmer-Schlumpf.
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Kollegialität
Appell an Unterstützung
«Sie haben mir eine grosse Aufgabe, eine grosse Verantwortung übertragen. Ich kann diese nur wahrnehmen, wenn ich mit Ihrer Unterstützung rechnen darf.»
Sie werde sich mit ganzer Kraft für diese Aufgabe einsetzen, sagte Widmer-Schlumpf. «Wenn wir in diesem Saal in Sachfragen auch immer wieder unterschiedliche Meinungen haben, so lassen sie uns einander immer mit Respekt und Toleranz begegnen.» In diesem Sinne nehme sie die Wahl zur Bundesrätin an, erklärte Widmer-Schlumpf.
Nicht mehr Fraktionsmitglieder
Nach der Abwahl von Christoph Blocher aus dem Bundesrat geht die SVP wie angekündigt in die Opposition.
Bundesrat Samuel Schmid und die neu gewählte Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf seien nicht mehr Mitglied der Fraktion, sagte SVP-Fraktionschef Caspar Baader am Donnerstag nach der Wahlannahme von Widmer-Schlumpf.
Die Partei werde künftig mittels Initiativen und Referenden Druck auf das Parlament und die Regierung ausüben.
Die SVP werde sich einsetzen für tiefere Steuern, für eine unabhängige und neutrale Schweiz und für mehr Sicherheit durch die Bekämpfung von Asyl- und Sozialmissbrauch.
«Politik für jene, die keine Mitte-Links-Regierung wollen»
«Wir werden in Zukunft all jenen im Land eine Stimme geben, die diese Auffassung teilen und keine Mitte-Links-Regierung wollen», sagte Baader.
Er warf dem Parlament vor, die kleineren Parteien hätten sich zusammen getan, um gerade die wählerstärkste Partei aus der Regierung zu drängen. Die viel beschworene Konkordanz, Kollegialität und Toleranz seien einem kurzfristigen Machtrausch geopfert werden.
«Sie werden diesen Entscheid gegenüber der Bevölkerung in diesem Land zu verantworten haben», fügte Baader an.
Blocher sei nicht abgewählt worden, weil er seine Arbeit schlecht gemacht habe, sondern weil das Parlament die SVP nicht mehr in der Regierung haben wollte.
swissinfo und Agenturen
Mit der Wahl der 51-jährigen an Stelle des 16 Jahre älteren Christoph Blocher sinkt das Durchschnittsalter im Bundesrat auf 58,2 Jahre.
Wäre Blocher im Bundesrat bestätigt worden, wäre es auf über 60 Jahre gestiegen, verglichen mit 59,0 Jahren vor vier Jahren.
Das Rentenalter 65 haben dieses Jahr Pascal Couchepin und Hans-Rudolf Merz erreicht.
Micheline Calmy-Rey, Moritz Leuenberger und Samuel Schmid folgen mit 62, 61 und 60 Jahren.
Jünger als 60 ist neben Widmer-Schlumpf einzig die 44-jährige Doris Leuthard.
Moritz Leuenberger mit 157 Stimmen
Pascal Couchepin mit 205 Stimmen
Samuel Schmid mit 201 Stimmen
Micheline Calmy-Rey mit 153 Stimmen
Hans-Rudof Merz mit 213 Stimmen
Doris Leuthard mit 160 Stimmen
Eveline Widmer-Schlumpf mit 125 Stimmen
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