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100 Jahre Simplon-Tunnel

Der Eröffnungszug verlässt das Simplon-Nordportal bei Brig am 1. Juni 1906. Keystone

Am 19. Mai 1906 wurde der Simplon-Eisenbahntunnel eingeweiht und am 1. Juni befuhr der erste Zug die Strecke.

Seither wurden Millionen Menschen und eine riesige Gütermenge durch das Loch im Berg transportiert. Auch in Zukunft möchte der Simplon das Mittelmeer mit Mitteleuropa verbinden.

Der von 1898 bis 1905 und von 1912 bis 1921 erbaute Simplon-Basistunnel war mit seinen 19,8 km lange Zeit der längste Gebirgstunnel der Welt. Vor 100 Jahren, am 19. Mai 1906, wurde der Simpon-Tunnel feierlich eröffnet. Er führt von Brig im Kanton Wallis durch die Alpen nach Domodossola in Italien.

Bis zum Durchstich am 24. Februar 1905 waren sieben Jahre lang in Brig bis 4000 und in Iselle bis zu 10’000 Arbeiter beschäftigt. Die Arbeiten gestalteten sich aufwändiger als zuerst angenommen und so stiegen, wie auch heute nicht nur im Tunnelbau üblich, die Kosten. Der Kredit musste von 69,5 Mio. Franken für den Ausbau beider Röhren im Jahr 1903 auf 76,632 Mio. Franken angehoben werden.

Die zweite Röhre, deren Ausbau durch den Ersten Weltkrieg verzögert wurde, konnte erst 1922 eröffnet werden. Sie kostete weitere 33 Mio. Franken.

Tunnelbau forderte viele Tote

Beim Bau des Gotthard-Eisenbahn-Tunnels ein paar Jahre vorher hatte es noch 177 Unfalltote gegeben. Und rund 800 Arbeiter, die an Krankheiten wie dem Tunnelwurm oder an einer Staublunge starben.

Der Simplon-Tunnelbau forderte dagegen «nur» 67 Unfalltote. Weitere 200 Menschen starben an Krankheiten infolge mangelnder Hygiene.

Grosse Bedeutung für das Wallis

Das Wallis profitierte direkt vom Simplon-Tunnel. Denn die Bahn, die seit 1878 bis Brig verkehrte, brachte nun zusätzliche Touristen aus dem Süden und sorgte so dafür, dass Kurorte wie Zermatt und Saas Fee in der ganzen Welt bekannt wurden.

Weiter hat der Simplon-Tunnel den Lötschberg-Tunnel nach sich gezogen. Dieser verbindet die deutsche Schweiz direkt mit dem Wallis. Geldgeber war jedoch nicht der Bund, der keine westliche Alpentransversale finanzieren wollte, sondern der französische Staat, der grosses Interesse bekundete an einer direkten Verbindung durch die Alpen nach Mailand.

Wegen der Länge des Simplon-Tunnels drängte sich eine Elektrifizierung auf. So verkehrten durch den Simplon bereits elektrisch betriebene Züge als auf der Gotthardstrecke noch Dampfloks fuhren.

Höhepunkt Orient-Express

Gleich nach der Eröffnung des Simpon-Tunnels 1906 wurde der berühmte Orient-Express auch über die Simplon-Linie geführt. Dies brachte das Wallis einer betuchteren Kundschaft näher.

Nach dem Ersten Weltkrieg stieg die Beliebtheit des Orient-Express an, da dieser von Paris bis Istanbul führte, ohne den Boden der Kriegsverlierer Deutschland und Österreich zu befahren.

Im Mai 1962 verkehrte der Orient-Express zum letzten Mal auf der Simplon-Linie.

NEAT sei Dank

Der Simplon ist heute ein wesentlicher Teil der NEAT, der Neuen Eisenbahn-Alpen Transversalen. Zusammen mit dem Lötschberg-Basistunnel bildet er neben der Gotthard-Strecke den zweiten Schienenstrang durch die Schweizer Alpen.

Dies nützt der Walliser Tourismusverband aus. Er ist daran, spezielle, bahnfreundliche Angebote zu entwickeln. Die Investitionen in die touristische Infrastruktur laufen auf Hochtouren, denn, egal ob von Mailand von Süden oder aus der Deutschschweiz im Norden, das Wallis rückt näher.

Andererseits rückt dank der NEAT der Rest der Schweiz auch näher ans Wallis heran. So ist es für viele Bewohner des Bergkantons attraktiv, sich in der Deutschschweiz nach Arbeit umzusehen. Damit dürfte sich die starke Ausrichtung auf die Romandie, die französische Schweiz, verringern.

Feste Feiern

Die Tage um den 19. Mai werden in und um Brig mit einem rauschenden Fest begangen. Am Samstag, 20. Mai, findet zum Beispiel ein Konzert mit der italienischen Sängerin Gianna Nannini statt.

Weiter stehen Interessierten Ausstellungen offen und ein Kulturzug fährt von Brig nach Domodossola. Zurück geht’s dann mit dem Postauto via Simplonpass.

swissinfo, Etienne Strebel

Die Bauarbeiten des Simplon-Tunnels (1898 – 1906) waren aufwändig und technisch kompliziert.

Im Berg herrschten bis 54 Grad Hitze.

Massive Wassereinbrüche (heiss und kalt) erschwerten die Bauarbeiten zusätzlich.

Der Druck des Berges liess stellenweise sämtliche Stützbalken brechen.

Zum Einsatz kamen die damals neusten technischen Mittel wie eine Stollenbahn mit Pressluftbetrieb und eine Wasser-Hochdruck Bohrmaschine.

Die Tunnelstrecke war vom ersten Tag an elektrifiziert. Einzig der Orient-Express fuhr aus Zeitgründen mit Dampf durch den Simplon.

Mit seinen 19,8 km Länge ist der Simplon-Tunnel heute die Nummer 7 in der Weltrangliste.
Bis in die 1980er-Jahre war der Simplon-Tunnel der weltweit längste.
Seit 1988 nimmt der Seikatunnel in Japan mit 54 km den Rekordplatz ein.
Ab 2015 soll der erste Rang wieder in die Schweiz zurückkehren. Der Gotthard-Basistunnel wird mit 57 km einen neuen Meilenstein setzen.

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