150 Jahre Gefängnis für Milliardenbetrüger Madoff
Der amerikanische Wirtschaftskriminelle Bernard Madoff ist in New York zu 150 Jahren Haft verurteilt worden. Seine betrügerischen Investitionsgeschäfte haben einen Schaden von rund 65 Mrd. Dollar (70 Mrd. Franken) verursacht.
Madoffs Machenschaften schädigten Anleger auf der ganzen Welt, auch in der Schweiz. Madoff wurde zwar die Schuld nachgewiesen, Regierungsbehörden und die Justiz müssen nun entscheiden, wer eine Mitschuld trägt.
Bernard Madoff, ehemaliger Chef der Technologiebörse Nasdaq, hat einige der reichsten Menschen auf dem Planeten mit seinem Schneeballsystem getäuscht, das die Anleger mit dem Geld neuer Anleger bezahlte und nicht mit echten Gewinnen.
Kunden von Schweizer Finanzinstituten oder von ausländischen Fonds, die durch Schweizer Banken gemanagt werden, haben Schätzungen zufolge mehrere Mrd. Dollar verloren, als die Bernard L Madoff Investment Securities Ende letzten Jahres Pleite ging.
Der schweizerische Finanzplatz war bei weitem nicht am schlimmsten vom Skandal betroffen. Aber private Banken wie die Union Bancaire Privée (UBP), Reichmuth, Banque Bénédict Hentsch and Notz, Stucki & Co hatten Kundengelder in das betrügerische System gesteckt.
Rechtliche Schritte
So stehen Direktoren des Genfer Vermögensverwalters Aurelia Finances vor einer Anklage. Auch Optimal Investment Services, ein Hedge-Fonds der in Genf ansässigen spanischen Banco Santander wurde angezeigt. Optimal, UBP und Notz Stucki haben inzwischen angeboten, ihren Kunden einen Teil der Verluste zurückzuerstatten.
Aber auch der Schweizer Bankenriese UBS hat sich die Finger verbrannt, indem er Kunden via Umwege die Investition in zwei in Luxemburg verwaltete Hedge-Fonds ermöglichte, die bei Madoff investierten. Diese Fonds schreiben nun Riesenverluste. Die UBS sagt jedoch, sie habe ihren Kunden nie geraten, bei Madoff Geld anzulegen. Einige der Geschädigten pochen jedoch auf Entschädigung.
Wie der Zürcher Finanzanwalt Daniel Fischer gegenüber swissinfo.ch erklärte, müssen sich Institutionen, aber auch Einzelpersonen wohl einer ganzen Menge von Klagen aus der Schweiz und anderen Ländern stellen.
«Wie konnte das passieren? Wir hatten doch eine Reihe von Signalen und Warnungen, dass mit diesen Madoff-Fonds etwas nicht in Ordnung war», sagte er weiter. «Wenn jemand nicht auf die Folgen achtet, weil er gute Gebühren kassiert, dann ist das schon als Fahrlässigkeit zu bezeichnen. Madoff zog den Leuten das Geld schneller aus der Tasche als diese denken konnten.»
Regulierung verlangt
Fischer ist auf der Suche nach Geschädigten, für die er eine Sammelklage anstrebt. Er hat geht aber davon aus, dass einige Fälle aussergerichtlich geregelt werden können.
Der Fall Madoff nährt aber auch Zweifel an der Effektivität der Regulierungsbehörden. Matthaus von Otter von der Swiss Funds Association, der Branchenorganisation der schweizerischen Fondswirtschaft, ist jedoch der Auffassung, dies wäre ungerecht gegenüber der Mehrheit der Hedge Fonds, die nicht von Madoffs Machenschaften betroffen sind.
«Wir empfinden die EU-Direktiven ganz klar als Protektionismus und als Bedrohung unseres Geschäftsmodells», sagte er gegenüber swissinfo.ch. «In der Schweiz gibt es im regulatorischen Bereich nicht mehr viel zu tun, da hierzulande bereits Richtlinien für kollektives Investieren existieren.
Blauäugige Banken
Die Schweizerische Bankiervereinigung weist darauf hin, dass die meisten Banken nicht vom Madoff-Skandal betroffen seien. Einige, darunter die Credit Suisse, hätten ihre Kunden aufgefordert, Geld aus diesem suspekten System zurückzuziehen.
«Während ein paar Schweizer Banken den Betrügern auf den Leim gingen, rochen die meisten Institute den Braten schon recht früh, weil sie keine rationale Erklärung fanden, wie Herr Madoff solch beeindruckende, konsistente Renditen erzielen konnte», sagte der Sprecher der Bankiervereinigung James Nason.
Matthew Allen, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Englischen: Etienne Strebel)
1960 gründete Bernard Madoff an der Wall Street die Bernard L Madoff Investment Securities. Sein betrügerisches Schneeball-System startete er in den 1990er-Jahren.
Als der Betrug im Dezember 2008 aufflog, hatte das System rund 65 Mrd. Dollar Schaden verursacht. Madoff betrieb den Fonds als exklusiven Club. Er schädigte jüdische Organisationen und eine Reihe Wohlhabender, darunter offenbar auch den Filmregisseur Steven Spielberg.
Der Fonds lief unter strikter Geheimhaltung. Einige Finanzinstitute warnten vor einem möglichen Schneeballsystem. Aber die Regulierungs-Behörden liessen es offenbar zu, dass diese Vorwürfe nicht richtig untersucht wurden. Nun wird überprüft, ob die Warnhinweise gründlich genug geprüft worden sind.
Am 10. Dezember 2008 wurde Madoff in den USA inhaftiert, nachdem er angeblich seinen Söhnen gebeichtet hatte, sein System sei «eine grosse Lüge».
Im März bekannte sich Madoff in 11 Anklagepunkten schuldig, darunter Betrug, Meineid, Geldwäsche. Er sagte, er bedauere dies zutiefst und schäme sich.
Ein Gericht in New York verurteilte den 71-Jährigen am 29. Juni 2009 zu 150 Jahren Gefängnis. Es folgte damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft.
Auch gegen mutmassliche Komplizen wurde Klage erhoben.
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