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2002: Weniger Personal, mehr rote Zahlen

Schweizer Unternehmen ziehen Arbeitsplätze im Ausland vor. Keystone

Schweizer Unternehmen haben 2002 ihren Personalbestand im Inland erstmals seit zwei Jahren wieder verringert, im Ausland hingegen ist er gewachsen.

Zudem stieg der Anteil der Firmen, die 2002 in die roten Zahlen rutschten, stark an.

Schweizer Unternehmen öffnen sich dem Ausland gegenüber personalpolitisch vermehrt auch im Dienstleistungs-Sektor. Offenbar werden Arbeitsplätze vermehrt ins Ausland verlagert.

In der Schweiz selber sind in den Unternehmen im Jahr 2002 rund tausend Arbeitsplätze weggefallen. 2001 war noch ein einheimischer Plus-Saldo von 650 ausgewiesen worden.

Diesem Abbau von 1000 Arbeitsplätzen im Inland steht ein Wachstum von 18’000 Plätzen in Schweizer Unternehmen im Ausland gegenüber. Das entspricht einem Zuwachs von 6000 Stellen gegenüber dem Vorjahreswert.

Dies geht aus der Mitte Woche veröffentlichten Top-2003-Umfrage der jüngsten «Handelszeitung» hervor, die rund 1400 der landesweit grössten Industrie-, Handels- und Serviceunternehmen umfasst.

Investieren in Arbeitsplätze – aber im Ausland

Schweizer Unternehmen rangieren weltweit als Nummer 9, was Investitionen im Ausland betrifft, und gelten daher international als gewichtig. Zu diesem Umstand geselle sich immer mehr ein Trend zum Off-shoring von Arbeitsplätzen, interpretiert die «Handelszeitung» die Beschäftigtenzahlen aus den Umfrage-Ergebnissen («Ausgliederung»).

Ganz früher wurden vor allem industrielle Arbeitsplätze aus der Schweiz in so genannte Billiglohnländer verlagert, mit der Zeit kamen Forschungs- und Entwicklungsjobs dazu (Pharma). Und jetzt sind laut «Handelszeitung» auch die Dienstleistungs-Jobs dran (Software-Entwicklungen, Call- und Contact-Center, IT-Projekte, Web-Entwicklungen etc.).

Die grössten Arbeitgeber im Ausland weisen denn 2002 auch hauptsächlich positive Wachstumsraten bei den Arbeitsplätzen aus: Nestlé (+11% auf 247’799 Angestellte), Novartis (+10.3% auf 62’675) – wenn sie nicht gerade stark mit der Krise zu kämpfen hatten wie ABB oder Zurich Financial Services.

Verlustrekord 2002: Roche

Von 1000 Unternehmen hatten 2001 rund 60 Verluste in ihren Bilanzen ausgewiesen. 2002 waren es schon 80.

Der gewichtigste Verlierer 2002 hiess Roche: Der Pharma-Konzern verlor 4 Mrd. Franken – ein Allzeit-«Höchst» in der Schweizer Unternehmens-Geschichte. ABB und Swiss folgen mit rund einer Milliarde.

Bei den Umsätzen glich sich 2002 die Zahl der Unternehmen mit Rückgängen und jenen mit Wachstum in etwa aus. Die Zahl der Umsatzmilliardäre blieb mit 129 Konzernen gegenüber dem Vorjahr praktisch gleich.

Betriebsgewinn von über einer Milliarde wiesen 2002 sieben Schweizer Konzerne aus (darunter Nestlé, Holcim und Swisscom).

Was die pure Grössen-Rangliste betrifft, dominiert immer noch Nestlé (über 89 Mrd. Franken). Es folgen der Handelskonzern Metro und der Rohstoff-Konzern Glencore, beide mit Sitz in Zug. Sonst dominiert aber Zürich als Firmensitz: Dort halten fast ein Drittel alller Unternehmen der Schweiz ihren Firmensitz.

Durchzogene Stellensituation

Dass die Anzahl inländischer Arbeitsplätze im Berichtsjahr 2002 abnahm, sagt noch nichts über den wirtschaftlichen Zustand der einzelnen Branchen aus. Rund 310 Schweizer Unternehmen (im In- und Ausland) wiesen 2002 weniger Beschäftigte aus.

Weitere rund 250 beliessen die Anzahl der Arbeitsplätze wie im Vorjahr, und etwa 300 Firmen erhöhten sie – wenn auch in bescheidenem Masse von drei bis sieben Prozent.

Im Inland reduzierten 290 Unternehmen die Zahl ihrer Beschäftigten, während 270 sie erhöhten. Im Inland bleiben die kleinen und mittleren Unternehmen der Schweiz (KMU) auch beschäftigungsmässig das Rückgrat der Wirtschaft. Im Ausland sind es eher Grossunternehmen, die neue Arbeitsplätze anbieten.

Mehr Jobs im Detailhandel

Im inländischen Detailhandel, wo eher tiefere Löhne die Regel sind, stockte allein Coop 2002 zumindest buchhalterisch um mehr als 3000 Stellen auf (Übernahme von EPA), gefolgt von der Migros mit 2357. Auch die Sicherheitsbranche stand einer erhöhten Marktnachfrage gegenüber.

Es sei fraglich, so die «Handelszeitung», ob der 2002 noch krisenresistente Detailhandel auch im laufenden Jahr noch zulegen könne, da momentan die Umsätze eher sinken. Die Detailhandels-Riesen Migros und Coop zählen zu den grössten Arbeitgebern der Schweiz (Migros rund 55’000 Angestellte, Coop 36’000. Zum Vergleich: Post 45’000, SBB oder CSG 28’000).

Als Wachstumsmärkte galten 2002 die Energieversorgung, die Medizinaltechnik, der Gütertransport und Generalunternehmungen. Rückläufig entwickelten sich die Branchen Metall- und Stahlhandel, Mineralölhandel und Rohstoff-Welthandel.

swissinfo, Alexander Künzle und Agenturen

Resultate aus der Umfrage der «Top-2003» der «Handelszeitung»:
– 80 von 1000 Firmen wiesen 2002 rote Zahlen aus
– Zahl der Umsatzmilliardäre unter den Firmen: 129 Konzerne (konstant)
– Grössen-Rangliste: Nestlé (über 89 Mrd. Franken), Metro, Glencore
– «Beschäftigungs-Giganten»: Migros (+4,2% resp. 2357 Beschäftigte), Coop (+8,2% resp. 3076 durch EPA-Übernahme)
– Beschäftigungs-Abnahme: Zurich (-27,5% resp. 2462), UBS (-4,1% resp. 1191)

Schweizer Unternehmen
2002: im Inland rund 1000 Arbeitsplätze weniger (-1650 gegenüber Vorjahr)
2002: im Ausland rund 18’000 Arbeitsplätze mehr (+6000 gegenüber Vorjahr)

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