Agrochemiekonzern Syngenta immer wieder in der Kritik
Mit Pflanzenschutzmitteln und gentechnisch verändertem Saatgut können die Ernteerträge gesteigert werden, sagt Syngenta. Gemäss NGOs bringt der Basler Agrochemie-Konzern den Schwellenländern damit mehr Schaden als Nutzen.
Dank der weltweit steigenden Nachfrage nach Pflanzenschutzmitteln und Saatgut konnte Syngenta das Halbjahresergebnis steigern: Der Reingewinn stieg im Vorjahresvergleich um 25% auf 1,5 Milliarden Dollar.
Steigende Rohstoff- und Nahrungsmittelpreise haben laut Konzernchef Mike Mack das Bewusstsein der Menschen für die zentrale Rolle der Landwirtschaft verstärkt.
Um in den nächsten 20 Jahren 50% mehr Nahrungsmittel zu erzeugen, müssten die Ernteerträge gesteigert und die Ertragssteigerungen schneller erzielt werden.
Augenmerk auf Schwellenländern
Dabei will Syngenta sein Augenmerk künftig in allen Geschäftsbereichen vermehrt auf die Schwellenländer legen. «Wir wollen die Vorteile moderner landwirtschaftlicher Technologien in den Ländern verfügbar machen, in denen Produktivitätssteigerungen besonders erforderlich sind», so der Syngenta-Konzernchef.
Anders sehen dies Nichtregierungs-Organisationen wie die Erklärung von Bern. Für sie haben Syngentas Aktivitäten zum Teil verheerende Folgen für die Schwellenländer.
Mit einer Kampagne fordern sie den Produktionsstopp und das Verbot des Herbizids Paraquat, das in Europa und verschiedenen anderen Ländern verboten wurde. Syngenta hielt immer an der Ungefährlichkeit dieses Produkts fest.
Die Erklärung von Bern kritisiert auch die Patentansprüche des Agrochemie-Konzerns. Syngenta versuche, wichtige Eigenschaften von Reis und anderen Nutzpflanzen für sich zu monopolisieren, heisst es.
Kontroverse um Biotreibstoffe
Gemäss François Meienberg, Pressesprecher der Erklärung von Bern, ist Syngenta zudem, indem der Konzern auf gentechnisch veränderten Mais zur Produktion von Biotreibstoffen setzt, an der Nahrungsmittelkrise mitschuldig.
«Mit der Förderung von Biotreibstoffen trägt Syngenta zur Zunahme der Lebensmittelpreise bei, die in den letzten Monaten und Jahren beobachtet werden konnte», sagt er gegenüber swissinfo.
Syngenta habe immer gesagt, gentechnisch veränderte Organismen seien notwendig, da die Fläche für die landwirtschaftliche Produktion beschränkt sei, so Meienberg. Es sei deshalb widersprüchlich, wenn Syngenta dieses Land für die Produktion von Biotreibstoffen verwende, denn dies gefährde die Ernährungssicherheit.
Syngenta kontert solche Vorwürfe mit dem Argument, dass der Konzern durch Innovation und Technologie zur Steigerung der Lebensmittelproduktion beitrage.
Zudem arbeite der Konzern an Biotreibstoffen der zweiten Generation, die auf Pflanzenabfällen basieren, wie Syngenta gegenüber swissinfo ausführte.
Gentech-Moratorium
Syngentas Aktivitäten mit gentechnisch veränderten Organismen treffen in der Schweiz auf Widerstand. 2005 hat das Schweizer Volk in einer Volksabstimmung das Gentech-Moratorium angenommen. Demnach dürfen in der Schweizer Landwirtschaft während fünf Jahren keine Pflanzen angebaut und keine Tiere gehalten werden dürfen, die gentechnisch verändert sind.
Syngenta reagiert auf die gentech-feindliche Stimmung im Land mit Auslagerung: Der Konzern baut die Gentechforschung in den USA aus. Auch in China entsteht ein neues Forschungszentrum.
Gemäss Syngenta sollten die Bauern die besten bestehenden Technologien wählen können – inklusive jener der gentechnisch veränderte Organismen -, die ihnen ermöglicht, die Produktionserträge nachhaltig zu garantieren. Gentechnisch veränderte Organismen seien eine sichere Technologie, die von Bauern seit vielen Jahren erfolgreich angewendet werde.
swissinfo, Matthew Allen
(Übertragung aus dem Englischen: Corinne Buchser)
Der Agrochemie-Konzern Syngenta entstand im Jahr 2000 durch die Fusion von Novartis Agribusiness mit dem Agrogeschäft von AstraZeneca.
Syngenta ist Weltmarktführer bei den Pflanzenschutz-Mitteln. Beim Saatgut belegt der Konzern weltweit den dritten Rang.
Im ersten Halbjahr 2008 kletterte der Reingewinn um ein Viertel auf 1,5 Mrd. Dollar.
Im Pflanzenschutzgeschäft steigerte Syngenta die Verkäufe um 21% auf 5,5 Mrd. Dollar. Beim Saatgut konnte der Konzern um 15% auf 1,7 Mrd. Dollar zulegen.
Der Nettogewinn betrug 2007 insgesamt 1,1 Mrd. Dollar. 2006 waren es noch 634 Mrd. Dollar.
Am 27. November 2005 wurde die von Konsumentenschützern, Umweltverbänden und Bauernorganisationen lancierte Volksinitiative «für Lebensmittel aus gentechnikfreier Landwirtschaft» mit 55,7% Ja-Stimmen gegen den Willen von Bundesrat und Parlament angenommen.
Demnach dürfen die Landwirte in der Schweiz während fünf Jahren keine Pflanzen anbauen oder Tiere halten, die gentechnisch verändert sind.
Die EU beendete 2004 ein sechsjähriges Gentech-Moratorium.
Deutschland und Frankreich kennen indes immer noch nationale Verbote für Produkte, die als unsicher erachtet werden.
Spanien ist das einzige EU-Land, das in grösseren Mengen gentechnisch veränderte Organismen (Gen-Mais) produziert. Ansonsten produziert die EU grösstenteils gentech-frei.
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