Alpentransitbörse ist praxistauglich
Eine Alpentransitbörse wäre gemäss einer Studie des Bundes praktisch umsetzbar. Sie sei ein marktwirtschaftliches Instrument zur Umlagerung des Güterverkehrs.
Voraussetzung ist aber das Einverständnis der Europäischen Union. Der Schweizer Nutzfahrzeugverband ASTAG spricht von einem Rückfall in die Planwirtschaft.
«Ein vorgegebenes Verlagerungsziel könnte zuverlässig, effizient und termingerecht realisiert werden», schreibt das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) in einer Mitteilung.
Die nötigen Infrastrukturen für eine Alpentransitbörse seien grösstenteils vorhanden. Handel und Kontrolle der Durchfahrtsrechte liessen sich mit beschränktem Aufwand aufbauen.
Die Verfasser der Studie rechnen mit Kosten von maximal 60 Mio. Franken für den Aufbau der Börse. Die Betriebskosten werden auf 15 bis 20 Millionen pro Jahr veranschlagt.
Die Einnahmen würden sich auf über 100 Mio. Franken belaufen. Das Geld müsste zweckgebunden verwendet werden, etwa zur Senkung von bestehenden Abgaben, hiess es.
Nicht ohne Gesetzesänderung
Aus rechtlicher Sicht ist gemäss der Studie allerdings eine gesetzliche Verankerung notwendig. Auch das Landverkehrsabkommen mit der Europäischen Union (EU) müsste angepasst werden. Die verfassungsmässige Grundlage dafür sei gegeben.
Im Rahmen der Alpentransitbörse würde die Gesamtzahl der jährlich zugelassenen Fahrten in Form von Alpentransitrechten festgelegt.
Die Einheiten, die es für den Erwerb eines Rechtes braucht, würden versteigert und könnten von den Transporteuren im freien Handel gekauft oder verkauft werden. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis.
Rückfall in Planwirtschaft?
Ein solcher Handel von Kontingenten wäre nach Ansicht des Schweizerischen Nutzfahrzeugverbandes ASTAG verheerend.
Die Börse stelle einen Rückfall in die Planwirtschaft dar und sei «ein völlig realitätsfernes und inakzeptables Instrument», teilte der Verband mit. Sie öffne Spekulanten Tür und Tor. Die Folge wären «massivste Preissteigerungen».
Bundesrat zum Handeln aufgefordert
Erfreut reagiert hingegen die Alpen-Initiative, welche die Idee einer Transitbörse vor fünf Jahren vorgebracht hatte. Sie fordert, der Bundesrat müsse nun endlich handeln.
Wenn die Alpentransiteinheiten unentgeltlich und diskriminierungsfrei als Bonus für die Benützung der Schiene verteilt würden, könne die Alpentransitbörse ohne Änderung des Landverkehrsabkommens eingeführt werden.
Die Alpen-Initiative bestreitet auch, dass für die Alpentransitbörse ein Gesetz nötig ist. Wenn die Studie die Rechtstaatlichkeit so hoch gewichte, müsse sie auch abklären, ob es rechtlich zulässig sei, die Umsetzung eines Verfassungsartikels um fünf, beziehungsweise weitere zehn Jahre hinauszuschieben.
Ganzer Alpenraum betroffen
Um zu vermeiden, dass der Verkehr auf die Nachbarländer ausweicht, muss das Vorgehen im Rahmen der geplanten Börse über den ganzen Alpenraum koordiniert werden, wie das ARE weiter mitteilt. Eine internationale Studie soll Ende 2008 vorliegen.
Um eine übermässige Verteuerung des Lokal- und Kurzstreckenverkehrs zu vermeiden, schlägt die Studie zudem Rabatte vor: Die kleinräumigen und wirtschaftlich stark verflochtenen Gebiete an den Alpenübergängen sollen nicht benachteiligt werden.
Die Schweizer Studie war von den Bundesämtern für Strassen (ASTRA) und für Verkehr (BAV) sowie dem ARE in Auftrag gegeben worden. Der Bundesrat wird im Rahmen der Güterverkehrsvorlage über die weiteren Schritte entscheiden.
swissinfo und Agenturen
Die Schweizerische Verkehrspolitik verfolgt das erklärte Ziel, den Güterverkehr von der Strasse auf die Schiene zu verlagern.
Die Zahl der alpenquerenden Camions muss von heute 1,2 Millionen (2005) bis zum Jahr 2009 auf 650’000 reduziert werden. Dieses Ziel kann aber unmöglich erreicht werden.
Die Landesregierung (Bundesrat) plant für 2008 eine Erhöhung der Leistungsabhängigen Schwerverkehrs-Abgabe (LSVA).
Beim kombinierten oder intermodalen Transport werden diverse Transportmöglichkeiten kombiniert: Lastwagen, Bahn, Schiff, Flugzeug. Die Strasse wird nur zur lokalen Auslieferung benutzt.
In den letzten 20 Jahren hat sich der Güterverkehr in der Schweiz verdoppelt.
1981 wurden 90% der Waren per Bahn transportiert.
Trotz der enormen Anstrengungen zugunsten des Bahngüterverkehrs ist dieser Anteil auf 65% geschrumpft.
Gleichwohl bleibt die Schweiz mit diesem Anteil europäischer Spitzenreiter im Bahngüterverkehr.
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