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Alt Bundesrat Villiger soll Kurer an UBS-Spitze ablösen

swissinfo.ch

UBS-Präsident Peter Kurer soll durch alt Bundesrat Kaspar Villiger ersetzt werden. Die grösste Schweizer Bank will damit nach dem Konzernchef auch den Präsidenten des Verwaltungsrats auswechseln.

Die Ankündigung der Ablösung Kurers folgt knapp eine Woche nach der Auswechslung von Konzernchef Marcel Rohrer durch den früheren Credit-Suisse-CEO Oswald Grübel.

Der bisherige Präsident Peter Kurer stelle sich bei der Generalversammlung am 15. April nicht zur Wiederwahl in den Verwaltungsrat, teilte die UBS am Mittwoch mit.

Kurers Nachfolger soll der frühere Schweizer Finanzminister Kaspar Villiger werden, der neu in das Gremium des weltweit grössten Vermögensverwalters gewählt werden soll.

Ehemaliger Finanzminister

Alt Bundesrat Kaspar Villiger war von 1989 bis 2003 Mitglied der Landesregierung, zuletzt als Vorsteher des Eidg. Finanzdepartements (EFD). Villiger habe während seiner Amtszeit entscheidende Weichenstellungen vorgenommen, um den Finanzplatz Schweiz zu stärken, schreibt die UBS.

Der 68-jährige ehemalige freisinnige Politiker kündigte an, alle übrigen Verwaltungsratsmandate abzugeben. Villiger sitzt unter anderem beim Rückversicherer Swiss Re und beim Nahrungsmittelmulti Nestle im Verwaltungsrat.

«Aussergewöhnliche Zeiten»

«Dies sind aussergewöhnliche Zeiten für die UBS und für die Schweiz», wird Villiger zitiert. Er stelle sich aus Pflichtgefühl gegenüber dem Land und dessen Bevölkerung als UBS-Präsident zur Verfügung.

«Wir müssen auf die aktuellen Herausforderungen reagieren, indem wir auf unsere zentralen Werte vertrauen: Integrität, harte Arbeit und Zuverlässigkeit», erklärte der designierte UBS-Präsident laut der Mitteilung, und weiter: «Ich glaube, dass ich mithelfen kann, diese Werte wieder verstärkt zu betonen.»

Dass sich die UBS auch von Kurer trennt, kommt nicht überraschend. Er war in der Ära Ospel zum Chefjuristen der Bank aufgestiegen und ist auch in der Steueraffäre in den USA stark exponiert, obwohl ihm die Finanzmarktaufsicht kein Mitwissen über die Verfehlungen anlastete. Kurer war schon bei seiner Wahl zum Präsidenten vor einem Jahr als Übergangskandidat gehandelt worden.

Villiger war in den vergangenen Tagen als möglicher Kurer-Nachfolger gehandelt worden, ebenso wie der Schweizer Josef Ackermann, der Chef der Deutschen Bank. Dieser hatte aber schon mehrmals abgewinkt.

«Transformation abschliessen»

Kurer zeigt sich trotz allem mit seinem einjährigen Einsatz als UBS-Präsident zufrieden. Er habe die meisten damit verbundenen Herausforderungen verwirklicht, wird er zitiert. Trotzdem: «Für mich ist es nun an der Zeit, diese Transformation abzuschliessen und mein Amt nach Ablauf eines Jahres zur Verfügung zu stellen.»

Verwaltungsratspräsident Peter Kurer verdiene «viel Anerkennung und Respekt», wird UBS-Vizepräsident und Fiat-Sanierer Sergio Marchionne in der UBS-Mitteilung vom Mittwoch zitiert. Kurer habe mitgeholfen, die Bank wieder auf Kurs zu bringen.

«Mit Bescheidenheit und Mut hat er seine Wahl angenommen, aus Pflichtgefühl und im Dienste der Bank», sagte Marchionne, der früher selber als Kandidat für das
UBS-Präsidium gehandelt worden war, gemäss Mitteilung weiter. Dies, obschon sich der UBS-Vize im vergangenen Jahr wiederholt unschmeichelhaft über Kurer geäussert hatte.

Wechsel am 15. April

Der Wechsel soll am kommenden 15. April an der Generalversammlung der UBS vollzogen werden.

Mit Villiger holt sich die UBS auch eine international gut vernetzte Figur sowie einen ebenso profunden Kenner wie harten Verteidiger des Bankgeheimnisses an die Spitze. Der Luzerner FDP-Magistrat war es, der bei den Verhandlungen mit der EU über die Zinsbesteuerung die Maxime herausgab: «Das Bankgeheimnis ist nicht verhandelbar.»

Dieser Leitsatz ist allerdings seit der Herausgabe von 300 Kundendossiers der UBS an die US-Justiz am vergangenen 18. Februar arg ins Wanken geraten. Im Bundesrat werden auch wegen des Drucks grosser EU-Länder und der Gefahr, auf die Schwarze Liste der OECD zu kommen, zurzeit Konzessionen beim Bankgeheimnisschutz für Steuerhinterzieher erörtert. Erste Weichenstellungen werden am nächsten Freitag erwartet.

Reaktionen

Die Parteipräsidenten der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP), der Christlichdemokratischen Partei (CVP) und der Sozialdemokratischen Partei (SP) erwarten, dass der designierte UBS-Präsident Kaspar Villiger dazu beitragen kann, das Vertrauen in die Grossbank wieder herzustellen.

Villiger sei sehr verantwortungsbewusst und könne sicher mithelfen, in den USA und in der Schweiz die Vertrauenskrise zu überwinden, sagte FDP-Präsident Fulvio Pelli gegenüber Schweizer Radio DRS.

CVP-Präsident Christophe Darbellay bezeichnete die Wahl Villigers als eine gute Lösung. Villiger habe die notwendige Erfahrung, sei sehr gut vernetzt in der Wirtschaft und der Finanzwelt und habe die notwendige Ruhe, diese sehr wichtige Funktion zu übernehmen.

SP-Präsident Christian Levrat begrüsste zwar den Wechsel im UBS-Präsidium, fügte jedoch an, Villiger habe bei der Swissair-Rettung nicht souverän reagiert. Auch habe die Swiss Re in seiner Zeit im Verwaltungsrat eine aggressive Strategie gefahren.

In Sachen Bankgeheimnis erwartet Levrat, dass Villiger nicht in seinem alten Denkmuster verharre.

Der Präsident der Schweizerischen Volkspartei (SVP), Toni Brunner, hat zwar mit einem Wechsel an der UBS-Spitze gerechnet. Er habe sich aber als erstes gefragt: «Hat er Bankenkenntnisse? Und ist er auch wirklich krisentauglich?»

Villiger sei ja eher auf der weichen Linie gewesen bei der Debatte «Schweiz – Zweiter Weltkrieg» und beim Swissair-Grounding.

swissinfo und Agenturen

Kaspar Villiger wurde am 5. Februar 1941 als Sohn einer Fabrikantenfamilie geboren, die Zigarren produzierte.

1989 wurde er in den Bundesrat gewählt. Gleichzeitig stieg er aus dem zusammen mit seinem Bruder Heinrich Villiger geführten Familienunternehmen, der Villiger Söhne, aus.

Villiger stand von 1989–1995 dem Eidg. Militärdepartement und von 1996–2003 dem Eidg. Finanzdepartement vor.

Er war Bundespräsident in den Jahren 1995 und 2002 und Vizepräsident in den Jahren 1994 und 2001.

Der frühere Freisinnige Politiker hat Firmenmandate bei Nestle, Swiss Re, Swiss Life und der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ).

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