Appell zugunsten der Ärmsten Osteuropas
Bundesrat Joseph Deiss hat an der Konferenz der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung für eine Neuausrichtung plädiert.
Gemäss dem Wirtschaftsminister sollen vor allem diejenigen Länder unterstützt werden, in denen die Menschen für Demokratie kämpfen.
Rund 3000 Vertreter der 60 Mitgliedstaaten und nationaler Finanzinstitute beraten seit Sonntag in der serbischen Hauptstadt Belgrad über die künftigen Projekte.
Im Rahmen der zweitägigen Konferenz trifft Deiss auch mit dem serbischen Premierminister Vojislav Kostunica und dem Vize-Premierminister Miroljub Labus zusammen. Im Zentrum dieser Gespräche stünden wirtschaftliche und rechtliche Reformen in Serbien. Solche Reformen erachtet Deiss als Voraussetzung für den Ausbau der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen mit Serbien-Montenegro.
Anpassungen nötig
An der EBRD-Konferenz forderte Bundesrat Joseph Deiss eine Strategieanpassung. Der Volkswirtschaftsminister will in Zukunft vermehrt die allerärmsten Länder unterstützen.
Nach dem EU-Beitritt von acht der 27 Länder, in denen die Bank tätig sei, sei eine Strategieüberprüfung nötig. Deiss vertritt die Schweiz im Gouverneursrat der EBRD.
Überholtes Konzept
Die Bedürfnisse der 27 Einsatzländer unterscheiden sich sehr von denen des Jahres 1991, als die EBRD gegründet wurde, stellte der Bankpräsident Jean Lemierre fest. «Auch die EBRD muss sich verändern, sogar schneller als ihre Einsatzländer», meinte er.
Schwerpunkte der Arbeit der EBRD ist die Armutsbekämpfung in Zentralasien, Südosteuropa und im Kaukasus. «Wir müssen die unumgänglichen Reformen in denjenigen Ländern unterstützen, wo das Investitionsklima sehr schwach ist», sagte Deiss.
Er verwies auch auf die Ereignisse in Usbekistan und unterstrich die «Dringlichkeit des EBRD-Mandats für diese Menschen, die ihre demokratischen Rechte einfordern und nach besseren wirtschaftlichen Lebensumständen verlangen».
Riskantere Projekte
Die im letzten Jahr gestartete Initiative für Länder am Anfang ihrer Transition habe bereits Früchte getragen, sagte der Schweizer Direktor bei der Bank, Laurent Guye. Damit seien wichtige Impulse in den Regionen gegeben worden, die bisher fast vergessen waren.
Dazu kommt die Verschiebung des Arbeitsschwerpunkts in Richtung Osten und Süden, wo die EBRD kleinere und risikoreichere Projekte begonnen hat. Diese Tatsache «verursache Kostenprobleme bei der Vorbereitung der Projekte, aber auch bei den Nachfolgeprojekten», sagte Deiss.
Fast 50% an die Schwächsten
Von den im letzten Jahr investierten 4,1 Mrd. Euro (6,4 Mrd. Fr.) waren 47% für Projekte in Länder reserviert, die in ihren ökonomischen Reformen am wenigsten fortgeschritten waren. 30% der Finanzierungen gingen nach Russland. Insgesamt wurden 129 Projekte unterstützt.
Am jährlichen Treffen nehmen in diesem Jahr etwa 3000 Vertreter der 60 Mitgliedstaaten und nationaler Finanzinstitute teil. Die EBRD unterstützt ehemalige sozialistische Länder in Mittel- und Südosteuropa sowie Zentralasien bei der Entwicklung des Privatsektors und demokratischer Institutionen.
swissinfo und Agenturen
Die Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) wurde 1991 mit dem Ziel gegründet, die ehemaligen Sowjet-Republiken bei der Umstellung auf die Marktwirtschaft zu unterstützen.
2004 betreute die EBRD die Rekordzahl von 129 Projekten.
An der 14. Sitzung der Institution in Belgrad vertritt Bundesrat Joseph Deiss die Schweiz.
Er trifft auch den serbischen Premierminister Vojislav Kostunica, um den Stand der Reformen zu besprechen.
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