Arbeitete Rich mit Russen-Mafia?
Schwerer Verdacht: Der Schweizer Rohstoffhändler soll in die russische Mafia-Geldwasch-Affäre verwickelt sein, die diese Woche in Italien aufflog.
Die Polizeioperation, die in den letzten Tagen einen riesigen Geldwasch-Skandal rund um die russische Mafia offengelegt hat, könnte zum Politskandal auswachsen, der vom in der Schweiz niedergelassenen Marc Rich bis zum ex-US-Präsidenten Bill Clinton in Washington reicht. Dies schreibt die renommierte italienische Tageszeitung «Corriere della Sera» vom letzten Mittwoch.
Die Piste Marc Rich
Milliardär Rich (68), mit belgischem Pass und Niederlassung in der Schweiz, betrieb bis Mitte der neunziger Jahre seinen schwunghaften Rohstoff-Handel vom Steuerparadies Zug in der Zentralschweiz aus. Von dort aus baute er ein Imperium auf.
Anfang dieser Woche legte die italienische Polizei in einem 600-seitigen Rapport die verschlungenen Wege der russischen Geldwasch-Affäre dar. Gegenüber swissinfo bestätigte die italienische Polizei, dass Rich Mitbegründer der Firma Nordex sei.
Gemäss dem Corriere soll dieses Unternehmen mit der russischen Mafia liiert sein. Als «Padrone» ziehe der Boss einer der mächtigsten post-sowjetischen Mafiaclans die Fäden: Gregory Loutchansky.
Nordex als Transferfirma der KP
In der gesamteuropäischen Polizeiaktion wurden auch Spuren in England verfolgt: Englische Investigatoren stellten fest, dass die Firma Nordex von Rich mitbegründet wurde, als das Sowjetimperium zusammenstürzte. Sie diente damals dazu, die Fonds der Kommunistischen Partei ins Ausland zu transferieren, inklusive gestohlenen Vermögenswerten.
Der in der Schweiz niedergelassene Belgier Rich fand hier das ideale Umfeld, um mit weiteren russischen Gesellschaften wie der Trans World Group der Gebrüder Chernoy oder der Alfa Group Kontakte aufzunehmen. Bei letzterer figuriert in der Liste der Hauptförderer der gegenwärtige russische Premier Vladimir Putin.
Glencore distanziert sich
Die italienischen Behörden zeigen auf, dass Rich auch die Glencore International dirigiere. Diese multinationale Holding mit Basis in England und Sitz in der Schweiz sei verbunden mit der Benex. Auch über die Benex flossen anscheinend Gelder in die Vereinigten Staaten.
Lotti Grenacher, Informationsbeauftragte von Glencore, wurde von swissinfo auf diese Zusammenhänge hin befragt: Die Glencore weist eine Verbindung zu Marc Rich von sich.
Grenacher hält fest, dass das Unternehmen «Marc Rich», 1974 gegründet, von Rich 1994 seinen Mitarbeitern verkauft worden ist. «Seither heissen wir Glencore», so Grenacher, «und haben nichts mehr mit Marc Rich zu tun. Deshalb sind wir auch in keiner Weise in diese Geldwasch-Affäre verwickelt.»
Die Glencore unterhalte weder zur Benex noch zur Nordex geschäftliche Beziehungen. «Es liegt sicher nicht an uns, mögliche Beziehungen von Marc Rich zu diesen beiden Firmen zu kommentieren», so Grenacher.
Marc Rich selber wollte auf Anfrage von swissinfo vorläufig zu den von den italienischen Behörden gegen ihn erhobenen Vorwürfen nicht Stellung nehmen. Die italienische Polizei jedoch behauptet zu wissen, dass Rich hinter Benex und Nordex steht.
Firmennetzwerk und Steuerflucht
Die Polizei beschäftigt sich nicht zum ersten Mal mit Marc Rich. Er figurierte bis vor einem Jahr in der Liste der vom FBI gesuchten Personen: Er schuldete dem US-Fiskus 48 Mio. Dollar (75 Mio. Franken).
Eine der Anklagen gegen Rich geht aufs Jahr 1983 zurück, als der damalige Staatsanwalt Rudolph Giuliani (und späterer New Yorker Bürgermeister) gegen ihn einen Suchbefehl ausschrieb. Doch hatte Bushs Vorgänger Bill Clinton in einer seiner letzten Amtshandlungen Rich fiskalisch begnadigt.
Dank Israellobby
Clinton hat sich seither gegenüber den Medien kritisch über seinen eigenen Entscheid geäussert. Doch stand er damals unter einem starken Druck. Die ex-Ehefrau des jüdischstämmigen Rich hatte sich als Freundin von Hillary Clinton ins Zeug gelegt und die Demokratische Partei finanziell unterstützt.
Zudem machten sich auch zahlreiche israelische Supporter für eine Steueramnestie des Rohstoffhändlers stark, wie der heutige Aussenminister Shimon Peres, der damalige Premier Ehud Barak, der ex-Mossad-Chef Shabotai Shavit und sogar der Nobelpreisträger Elie Wiesel.
swissinfo
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch