Arbeitslosigkeit sinkt – Konsumenten misstrauisch
Der Arbeitslosenquote ist zum sechsten Mal in Folge gesunken und betrug im Juli 3,6%. Im Juni hatte sie bei 3,7% und im Mai bei 3,8% gelegen.
Dieser Entwicklung hinkt jedoch die Konsumentenstimmung hinterher: Die Angst vor Arbeitsplatzverlust drückt immer noch auf die Freude am Geld ausgeben.
Insgesamt waren Ende Juli 143’125 Arbeitslose registriert, 978 weniger als im Vormonat. Bei den Stellensuchenden ging die Zahl um 1848 auf 210’740 zurück, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) am Freitag bekannt gab. Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen verringerte sich um 991 auf 8577.
Die Entwicklung deckt sich damit exakt mit den Erwartungen der Experten, die unisono mit 3,6% gerechnet hatten.
Romandie betroffen
Am meisten Arbeitslose gab es im Kanton Genf mit 7%, gefolgt von der Waadt (5,2%) und dem Jura (4,6%). Am anderen Ende der Skala wiesen Uri mit 0,9%, Obwalden und Appenzell Innerhoden (je 1,4%) sowie Nidwalden (1,8%) am wenigsten Erwerbslose auf.
Die Erwerbslosen-Zahlen vom Juli stellen den tiefsten Wert seit seit August 2003 dar. Erst im April war die Arbeitslosenquote erstmals nach einem halben Jahr wieder unter die 4%-Marke gefallen. Im Februar hatte sie mit 4,3% den höchsten Stand seit sechs Jahren erreicht.
Deutlicher Rückgang bei Kurzarbeit
Die Arbeitslosigkeit im Juli sei trotz saisonaler Effekte zurückgegangen, freute sich Jean-Luc Nordmann, Chef der Direktion Arbeit im seco, auf sda-Anfrage. Im Vergleich zum Vorjahr musste wegen der schlechten Konjunktur noch eine Zunahme verbucht werden.
Positiv wertet Nordmann auch den deutlichen Rückgang bei der Kurzarbeit. Im Juni waren noch 2996 Personen davon betroffen, was einem Rückgang von 20,2 Prozent gegenüber dem Vormonat entspricht.
«Noch wichtiger ist der Rückgang von sehr markanten 72,7 Prozent gegenüber dem Juli 2003», betonte Nordmann. Die Zahl der von Kurzarbeit betroffenen Betriebe verringerte sich um 132 auf 317.
Mehr Jugendliche auf Stellensuche
Ein Wehrmutstropfen bleibt im Sommer bei den Jugendlichen: Bei den 15- bis 24-Jährigen nahm die Arbeitslosigkeit im Juli um 1710 Personen zu, was einen Anstieg der Quote um 0,3 auf 4,6% bewirkte. Insgesamt waren 25’528 Jugendliche ohne Arbeit.
«Bemerkbar macht sich hier die grosse Anzahl junger Menschen, die im Juni eine Lehre oder Schule abgeschlossen und nicht unmittelbar eine Stelle gefunden haben», sagte Nordmann. Viele würden sich erst im Juli oder gar im August melden.
Überrascht zeigte sich Nordmann ob der Zunahme aber nicht: «Damit musste leider gerechnet werden. Und der Höhepunkt ist noch nicht erreicht.» Das seco rechnet im August mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit bei den Jugendlichen.
Abgeschwächte Abnahme im 2004
Insgesamt rechnet das seco für 2004 weiterhin mit einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 3,7%. «Wir werden allerdings im September die Situation neu beurteilen», sagte Nordmann. Der Rückgang werde sich abschwächen. Im 2005 wird die Quote gemäss der Prognose auf 2,8% sinken.
Angst drückt auf Konsumentenstimmung
Nicht Schritt halten mit der positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt kann die Stimmung bei den Konsumenten. Der am Donnerstag vom seco publizierte Index der Konsumentenstimmung stieg nur unwesentlich von Minus 13 im letzten April auf Minus 12 im Juli.
Primärer Grund für die Knausrigkeit von Herr und Frau Schweizer sind die Sorgen über die eigene finanzielle Situation, wie die Befragung des seco bei 1100 Haushalten ergab.
Arbeitsplatz im Zentrum
Die Angst vor einem Arbeitsplatzverlust hat zwar erneut leicht abgenommen. Die Unsicherheit ist aber immer noch so gross, dass die Lust auf grosse Anschaffungen wie Möbel oder ein Auto trotz Konjunkturerholung bereits wieder gesunken ist. Zudem wird allgemein mit einer Verteuerung der Produkte in der Schweiz gerechnet.
Falsche Prognosen
Die jüngsten Daten zur Konsumentenstimmung wurden von den Experten mit Enttäuschung aufgenommen. Die UBS hatte mit einem Wert im einstelligen Minusbereich gerechnet, wie Ökonom Thomas Kägi sagte. Doch wegen der Flaute auf dem Arbeitsmarkt hinke auch die Kosumentenstimmung der Wirtschaftserholung hinterher.
Indikatoren wie das Wachstum des Bruttoinlandproduktes (BIP) zeigen zwar gemäss Kägi, dass sich die Konjunktur belebt. Bis der Aufschwung aber auch in einem mittelständischen Betrieb effektiv zu spüren sei, könnte es noch dauern.
UBS-Ökonom Kägi erwartet aber für die zweite Hälfte von 2004 eine Besserung der Konsumentenstimmung. Dann sollten erste positive Impulse den Arbeitsmarkt beleben und für eine bessere Stimmung sorgen.
Europa als Hoffnungsschimmer
Überrascht ist auch Credit-Suisse-Ökonom Claudio Saputelli: «Die Konsumenten haben sich von der Konjunktur-Euphorie der vergangenen Monate nicht anstecken lassen.» Die Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt sei immer noch zu gross. Eine weitere wichtige Rolle spiele zudem die angespannte weltpolitische Lage.
Saputelli rechnet im Gegensatz zu seinem UBS-Kollegen zunächst mit erneut stagnierenden Werten für die Konsumentenstimmung. Erst müsse die Wirtschaftslage in Europa in Schwung kommen, damit auch die Schweiz profitieren könnte.
Konsum als Konjunkturstütze
Die Konsumentenstimmung hat deshalb eine grosse Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz, weil der Privatkonsum 60% des Bruttoinlandprodukts ausmacht.
Richtig gut, mit Werten über null auf der Index-Skala, war die Stimmung bei den Konsumenten zuletzt Mitte 2001.
swissinfo und Agenturen
Die Arbeitslosen-Quote sank im Juli von 3,7% auf 3,6%.
143’125 Menschen waren arbeitslos gemeldet, 978 weniger als im Vormonat.
Die Zahl der Stellensuchenden sank um 1848 auf 210’740.
Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen verringerte sich um 991 auf 8577.
Der Index bei der Konsumentenstimmung verbesserte sich leicht von Minus 13 auf Minus 12.
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