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Auslandschweizer mit Bankkonten in USA im Clinch

Im Schweizerisch-amerikanischen Steuerstreit geht es nicht nur um die Offenlegung der UBS-Konten von 52'000 Amerikanern in der Schweiz. Auch die vielen Auslandschweizer in den USA, die Konten auf Schweizer Banken haben, bekommen die Auswirkungen zu spüren.

Mit allen Mitteln versuchen die US-Steuerbehörden, an Informationen über Bankkonten ihrer Bürger im Ausland heranzukommen. Stark betroffen von diesem Bestreben sind aber nicht nur die Amerikaner selber, sondern auch die vielen Ausländer, die in den USA ihren Wohnsitz, ihre Niederlassung oder ihre Green Card besitzen – darunter auch zahlreiche Schweizer.

Ob selbständig erwerbend oder nicht, darf man davon ausgehen, dass das Gros der US-Auslandschweizer über Konten auf Schweizer Banken verfügt: alte Sparkonten, bestehende Konten für (Hypothekar-)Schulden oder laufende Konten für Geschäftstransaktionen.

Damit geraten sie aber ins Visier der US-Steuerbehörden, ganz unabhängig davon, ob sie nun US-Wertpapiere auf ihrem Schweizer Konto halten oder nicht.

Sarah Mastantuoni, Leiterin des Rechtsdienstes der Auslandschweizer-Organisation (ASO) zeigt das Dilemma der Expats auf.

swissinfo.ch: Laut Medienberichten haben Schweizer Banken aus Furcht vor den US-Steuerbehörden begonnen, US-Bürger aus ihrem Kundenkreis auszuschliessen. Wie gehen die Banken mit den in den USA lebenden Auslandschweizern um?

Sarah Mastantuoni: Wenn ein Schweizer bisher ins Ausland umzog, gab es keinen Grund, weshalb er deshalb seine bestehenden Bankkonten auflösen sollte.

In der Regel hat er ja bereits Ersparnisse gemacht oder Wertschriften angelegt. Und dies lässt sich beim besten Willen nicht anders als über ein Bankkonto zuhause managen.

Somit trifft die neue Steuerpolitik der USA in der Tat nicht nur US-Bürger, sondern auch andere dort Niedergelassene, Ausländer oder eben Auslandschweizer.

Als Folge dieses Drucks sind Schweizer Banken aus Kosten-/Nutzen-Überlegungen an US-Bürgern viel weniger interessiert. Auch Auslandschweizer sind von dieser neuen Logik betroffen, sofern sie in den USA wohnen. Bei der Auslandschweizer-Organisation (ASO) sind Klagen bereits eingegangen.

Und vor allem betrifft es nicht nur diejenigen, die ihr Vermögen nicht deklariert haben, sondern alle.

swissinfo.ch: Um was für Klagen handelt es sich den konkret?

S. M.: Es gibt Auslandschweizer, die sich jetzt echt in der Zwickmühle befinden. Zum Beispiel Leute, die in der Schweiz Immobilien besitzen oder geerbt haben, und damit in der Regel auch Hypothekarschulden.

Und diesen wurde seitens der Schweizer Banken das Konto oder gar der Hypo-Kredit gekündigt.

swissinfo.ch: Was raten Sie diesen Betroffenen?

S. M.: Es bleibt ihnen die Möglichkeit, in den USA ein Bankkonto zu eröffnen. Oder es bei einer anderen Schweizer Bank zu versuchen. Auch Postfinance mit ihrem speziellen Status wäre ein Weg. Viele Alternativen bleiben diesen Leuten aber nicht.

swissinfo.ch: Eine US-Bank wird aber einem Schweizer kaum eine bestehende Hypothek auf einer Schweizer Immobilie übernehmen wollen.

S. M.: Kaum. Natürlich haben wir uns beim Banken-Ombudsman und bei der Schweizerischen Bankiervereinigung erkundigt. Viele Möglichkeiten bleiben nicht, denn die Schweizer Banken sind Privatunternehmer und frei in ihrer Entscheidung, mit wem sie Geschäfte abwickeln wollen und mit wem nicht.

swissinfo.ch: Sind die Auslandschweizer somit die Leidtragenden der Schuldenpolitik der US-Regierung und der Übertreibungen der UBS im US-Geschäft geworden?

S. M.: Was immer auch die Gründe sein mögen, man merkt, dass der internationale Druck auf die Schweiz steigt. Die Opfer sind die Kunden der Banken, und zwar auch die ganz normalen, und nicht nur jene, die potenziell etwas zu verbergen hätten.

swissinfo.ch: Dieser internationale Druck führt zum Thema der Doppelbesteuerungs-Abkommen, die die Schweiz zur Zeit mit vielen Ländern revidiert. Liesse sich dort eine Klausel für Expats einfügen?

S. M.: Das Problem ist nicht die Nationalität, sondern der Wohnsitz. Man ist dem System unterstellt, in dem man lebt. Die Schweizer im Ausland müssen sich an die dortigen Gesetze anpassen. Und die Regelung des Informationsaustauschs ist nicht neu, könnte aber je nach Revision der Doppelbesteuerungs-Abkommen künftig vereinfacht werden.

An einen Sonderstatus für Expats, wie Auslandschweizer, innerhalb von Doppelbesteuerungs-Abkommen glaube ich nicht.

swissinfo.ch: Gäbe es für Auslandschweizer noch die Möglichkeit, ihre Schweizer Bankkonten auf in der Schweiz lebende Familienmitglieder zu überschreiben, bevor die Banken darüber Auskunft geben müssen?

S. M.: Die ASO würde Auslandschweizern so einen Trick nie raten, sondern legt ihnen nahe, sich an die dortigen Gesetze zu halten. Aber das Dilemma bleibt, und eine Lösung steht zur Zeit noch aus.

swissinfo.ch: Man fühlt sich ja an die Urzeiten zurückversetzt, als Auslandschweizer in Italien in den 70er-Jahren vor der Liberalisierung des Kapitalverkehrs ihre Gelder in Form von Banknoten in Aktenköfferchen in Chiasso über die Grenze brachten.

S. M.: Einerseits leben wir heute in einer globalisierten Welt und sind immer mobiler. Und anderseits kommen einem die strengen Auflagen aus Amerika, die im internationalen Zahlungsverkehr bremsend wirken, wirklich wie ein Rückfall in die alten Zeiten vor.

Wir bei der ASO gehen deshalb davon aus, dass diese Probleme nur vorübergehend sind. Wir können uns nicht vorstellen, dass es auch auf lange Frist so weitergeht.

Interview: Alexander Künzle, swissinfo.ch

2008 waren fast 680’000 Schweizer im Ausland ansässig.

Zwei Drittel davon lebten in der EU.

In den USA lebten fast soviel Schweizer wie in Deutschland, nämlich 74’000.

Zählt man alle Auslandschweizer zusammen, könnten sie bevölkerungsmässig den viertgrössten Kanton des Landes bilden, hinter Zürich, Bern und der Waadt.

Drei Viertel aller Auslandschweizer sind Doppelbürger.

Die Auslandschweizer-Organisation (ASO) vertritt die Interessen der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer in der Schweiz.

Sie informiert die Landsleute im Ausland über das Geschehen in der Schweiz und bietet ihnen eine breite Palette von Dienstleistungen an.

Die seit 1916 bestehende Organisation wird von den Behörden als Sprachrohr der Fünften Schweiz anerkannt.

Information und Beratung in Rechts-, Sozialversicherungs- und Ausbildungsfragen gehören ebenso zu den Angeboten wie die «Schweizer Revue» und Aktivitäten für junge Auslandschweizer.

Ob Besteuerung von Holdings in der Schweiz, Zinsbesteuerung von ausländischen Privatvermögen, bilaterale Verträge, kantonale Steuerprivilegien für Unternehmen, Vorwurf der Steueroase:

Meinungsverschiedenheiten zwischen der Schweiz und vielen Industrieländern schwelen schon seit langem.

Das Thema Steuerhinterziehung/betrug dominiert im Zusammenhang mit der Aufweichung des Bankgeheimnisses den Streit vor allem mit den USA und Deutschland (OECD-Standards beim Informationsaustausch in den Doppelbesteuerungs-Abkommen).

Stark Öl ins Feuer gegossen haben das Gebaren des UBS, der grössten Bank der Schweiz und langezeit grössten Bank für Vermögensverwaltung, in den USA, sowie die Verschuldung vieler Regierungen im Zusammenhang mit den staatlichen Massnahmen zur Wirtschaftsankurbelung.

Auch die Rolle des Finanzplatzes Schweiz und der Finanzplätze allgemein sowie das Beibehalten der liberalisierten Kapitalströme und –transaktionen spielen eine Rolle im Steuerstreit.

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