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Banken: Blick nach Osten in der Hoffnung auf Neugeld

Reuters

Schweizer Vermögensverwalter in Singapur hoffen, dass die Region Asia-Pacific der Finanzbranche frische Luft zuführt - eine Branche, die wegen Steuerhinterziehungs-Vorwürfen und Verlusten ziemlich an Schwung verloren hat.

Der Strom von Offshore-Geldern, besonders aus den Vereinigten Staaten, scheint am Versiegen zu sein. Dennoch bleiben die Schweizer Banken gut positioniert, um vom weltweit am schnellsten wachsenden Anlagemarkt in Asien (Asia-Pacific, AP)profitieren zu können.

Der Schweizer Privatbanken-Sektor hatte sein Auge bereits auf diese blühende Region geworfen, bevor die amerikanischen und europäischen Angriffe auf die helvetische Steueroase intensiviert wurden.

Nachdem die UBS in einem Gerichtsstreit gegen die amerikanische Steuerbehörde (Internal Revenue Service IRS) unterlag, begann sich die grösste Schweizer Bank aus dem Offshore-Banking zurückzuziehen. Andere Schweizer Institute haben es der UBS entweder gleichgetan oder reduzierten ihre Aktivitäten in diesem Bereich.

Kürzlich hat nun UBS-CEO Oswald Grübel gegenüber dem Wall Street Journal bemerkt, dass das damit verlorene Geschäft «mit der Zeit wettgemacht werden kann im Bereich der aufstrebenden Märkte, also in Asien und im Mittleren Osten».

Zwar hat die UBS ihren Nimbus als die weltgrösste Vermögensverwalterin eingebüsst. Doch in Asia-Pacific ist sie laut Analysten viel besser positioniert als ihre Konkurrenz.

Calamander Group, ein in Singapur beheimatetes Fund Management, schätzt, dass die UBS etwa hundert der insgesamt 640 Mrd. Dollar an Vermögen hält, die private Banken im asiatischen Raum verwalten.

Als viertgrösste Bank in diesem Geschäft mit etwa 50 Milliarden wird Credit Suisse genannt.

Mit Geld macht man Geld

Und es scheint, als ob sich noch viel mehr Vermögen zum Verwalten abzeichnet – trotz des schweren Schlags durch die jüngste Rezession.

Die Boston Consulting Group glaubt, dass die Region Asia-Pacific in den nächsten fünf Jahren ein jährliches Wachstum von 9,5% an die weitweite Gesamt-Vermögenssumme beisteuern wird. Diese Summe wächst mit 4% jährlich bedeutend langsamer.

Ein Jahresbericht von Merrill Lynch und Capgemini sagt voraus, dass ab dem Jahr 2012 die asiatischen Millionäre mehr Vermögen angehäuft haben werden als ihre europäischen Millionärs-Kollegen.

Asia-Pacific besitzt gegenüber vermögensreichen Konkurrenz-Regionen wie Russland, Mittlerem Osten und Brasilien gewisse Vorteile, sagt Roman Scott, Vorsitzender der Calamander Gruppe.

«Asien verfügt über eine viel breitere demografische Abstützung», so Scott gegenüber swissinfo.ch. «Auch sind die Vermögensquellen breiter gestreut. Das verdiente Geld stammt nicht nur aus Rohstoff-Verkäufen.»

«Hier (in Asien) musste man in den letzten sechs Jahren aktiv sein! Ich gehe davon aus, dass 50 bis 60% des künftigen Wachstums im Wealth Management in dieser Region zu Stande kommt.»

Beobachter gehen davon aus, dass viel vom derzeit in Europa oder in den USA verwalteten Vermögen nach Asien zurückkehrt, da es weitervererbt wird und sich neben den international tätigen Banken auch die regionalen Finanzinstitute profilieren werden.

«Da die USA und Europa bereits in diesem Geschäft etabliert waren, erschien es angebracht, in diesen Ländern auch Konten zu halten. Doch schwächt sich dies ab, weil auch in Asien Selbstverständnis und Vertrauen wachsen», so Kees Stoute. Stoute ist Managing Director der in der Schweiz domizilierten EFG Bank, Asian Operations.

Auch Singapur figuriert auf der grauen OECD-Liste

Die Finanz-Drehscheiben für Asia-Pacific, Singapur und Hongkong, dürften massgeblich von diesem Trend profitieren. Gleichzeitig bemühen sich Bankiers in der Region, Befürchtungen zu zerstreuen, wonach die Region Asien damit auch steuerflüchtiges Kapital anziehe, das aus Steueroasen stammt, die langsam ihre Tore schliessen müssen.

Singapur bemüht sich intensiv, mit anderen Ländern neue (Doppel-)Besteuerungsabkommen auszuhandeln. Der Stadtstaat hofft nun, deshalb bis Ende Jahr von der grauen Liste der OECD gestrichen zu werden.

Hongkong hingegen hat sich etwas zurückhaltender gezeigt und sich weniger vor dem internationalen Kreuzzug gegen Steuersünder gebeugt. Singapurer Banker hoffen (aus Eigeninteresse), dass sich das chinesische Territorium bald eines anderen besinnt.

«Singapur ist der beste Standort, weil Asien das grösste Potenzial aufweist und in Zukunft die schnellsten Wachstumsraten hervorbringt», ist Kees Stoute überzeugt. «Wir sind nicht auf eine Reputation aus, wonach hier Vermögen am besten versteckt werden können.»

Matthew Allen, Singapur, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Englischen: Alexander Künzle)

Die Region Asia-Pacific umfasst China, Indien, Japan, Australien, Singapur, Hongkong und die schnell wachsenden Volkswirtschaften (‹Emerging Economies›) wie Indonesien, Thailand oder Vietnam.

Die Region produziert die am schnellsten wachsenden Wirtschaftsräume der Welt. In der Folge wird es in Asien mehr Millionäre geben als in Europa und Asien.

Laut Merrill Lynch und Capgemini nahm 2007 weltweit die Anzahl Millionäre um 6% auf 10,1 Mio. Personen zu. In Asia-Pacific betrug die Rate 8,7%, was 2,8 Millionen ‹Hoch-Nettowert-Kunden› entspricht (Jargon der Vermögensverwaltung: «high net-worth individuals», HNWIs).

Afrika, der Mittlere Osten und Lateinamerika haben zwar teils sogar grössere Wachstumsraten erreicht, doch starteten diese Regionen von einer tieferen Basis aus. Das Vermögen der Millionäre dieser Regionen entspricht deshalb nur einem Bruchteil der 27,8% am Welt-Nettowert, der auf die asiatischen entfällt.

Das Vermögen der Reichen wuchs 2007 um 9,4% auf 40,7 Billionen Dollar. Allein in Asia-Pazific sahen die Millionäre ihren Reichtum um 12,5% auf 9,5 Bio. Dollar aufblühen.

Die Finanzkrise schlug jedoch 2008 überall hart zu, die Vermögen gingen generell zurück.

Bereits im 19. Jahrhundert liessen sich Schweizer Handelshäuser in Singapur nieder.

1871 gründeten die Auslandschweizer den «Swiss Club Singapore».

Inzwischen sind rund 260 Schweizer Firmen in Singapur vertreten.

Die Schweiz und Singapur unterhalten seit 1967 diplomatische Beziehungen.

Laut der Boston Consulting Group gab es Ende 2008 auf der Welt 9 Mio. Millionäre.

Darauf entfiel der grösste Teil, also fast 4 Millionen, auf die USA.

Es folgte Japan mit etwas mehr als einer Million und China mit 417’155.

Die Schweiz figurierte anzahlsmässig zwar erst auf Position 8, mit 222’027 Millionären.

Was aber die Millionärs-Dichte betrifft, liegt die Schweiz auf Position 2: 6,6% der Bevölkerung kann auf dem Bankkonto einen siebenstelligen Betrag aufweisen.

Rekordhalter bei der Dichte ist Singapur: 8,5% aller Singapurer sind Millionäre, was weltweit der höchsten Pro-Kopf-Dichte entspricht.

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