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Bankenkrise: Bundesrat nimmt Heft in die Hand

Reuters

Der Bundesrat will ohne Verzug eine Strategie entwickeln, um die Interessen der Schweiz in der Bankenkrise zu wahren. Er setzt zu diesen Zweck einen Dreierausschuss der Landesregierung und eine Task Force mit Experten ein.

Dem von Bundespräsident Hans-Rudolf Merz präsidierten Ausschuss gehören auch Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf und Aussenministerin Micheline Calmy-Rey an.

Als der Finanzminister am Mittwoch vor den Medien seine Schaffung bekanntgab, hatte die Gruppe kurz zuvor bereits ein erstes Mal getagt.

Laut Merz wird der Ausschuss in einer Arbeitsgruppe Experten zusammenführen, namentlich solche des internationalen Rechts, des Steuerwesens und des Bankenwesens, darunter auch amerikanische.

«Sie können das eine Task Force nennen», sagte Merz an der Pressekonferenz in Anspielung auf die Forderungen mehrerer Parteien der letzten Tage.

Klarer Führungswille

Der Bundesrat wolle «klaren Führungswillen» zeigen, betonte Merz. Sein Ziel sei es, «innert Tagen» eine Strategie zur Lösung der Probleme zu definieren, die über den Rechtsstreit zwischen der Schweizer Grossbank UBS und den USA hinaus das Bankgeheimnis, die Zukunft des ganzen Finanzplatzes und das Verhältnis der Schweiz zur Europäischen Union (EU) beträfen.

Teil der Lösungssuche sei auch das bevorstehende Treffen von Widmer-Schlumpf mit dem amerikanischen Justizminister, sagte Merz. Er selber reise Mitte März «selbstverständlich» nach London zur Konferenz des IWF-Komitees mit 24 Finanzministern, wo das Treffen der im April ohne die Schweiz tagenden G-20 vorbereitet werde.

Zu den US-Behörden gab es nach Auskunft von Merz bisher keine direkten Regierungskontakte. Zunächst müsse analysiert werden, wie die US-Steuerbehörde im zivilrechtlichen Verfahren gegen die UBS weiter vorgehe. Im übrigen stehe in dieser Angelegenheit nicht der Bund im Fokus, sondern die Bank.

Das Bankgeheimnis gilt

Zum Bankgeheimnis liess sich Merz nicht aus der Reserve locken. Der Bundesrat halte an dem fest, was dem Zinsbesteuerungs-Abkommen mit der EU zugrunde liege.

Er sei bereit, über die Zinsbesteuerung zu diskutieren, wenn die EU sich einig werde und an die Schweiz herantrete. «Alle Finanzintermediäre müssen aber wissen, dass das Bankgeheimnis gilt».

Er verstehe die heftigen Reaktionen der Öffentlichkeit auf die jüngste Entwicklung im Fall UBS/USA, sagte Merz. Den Vorwurf der Untätigkeit liess er aber nicht auf sich sitzen. Der Bundesrat sei gar nicht befugt gewesen, in diese Rechtsbereiche einzugreifen, hielt er fest.

Auch sein Schweigen seit der Medienkonferenz vom letzten Donnerstag rechtfertigte der Finanzminister. Auf diese fünf Tage komme es nicht an. Der Bundesrat habe nun einmal einen wöchentlichen Sitzungsrhythmus. «Ich bin nicht in einem Komödienstadel, sondern in einer Landesregierung.»

Lob von Banken und Wirtschaft

Der vorgeschlagene Ausschuss mit der Unterstützung von Experten habe die richtige Struktur, sagte Thomas Sutter, Sprecher der Schweizerischen Bankiervereinigung. Wichtig sei, dass die Banken sowie die Bankiervereinigung in die Diskussionen einbezogen würden.

Auch für die Vereinigung der Schweizerischen Privatbankiers (VSPB) ist das Gremium gut aufgestellt. «Es geht um komplexe und auch technische Fragestellungen», sagte VSPB-Geschäftsführer Michel Dérobert.

Beantworten könne man diese nur auf dem gleichen Niveau. Darum begrüsse er, dass der Ausschuss aus Exekutiv-Mitgliedern und Spezialisten bestehe. Eine «Verpolitisierung» wäre nicht konstruktiv.

Die Privatbanken hoffen weiter, dass sich der Ausschuss nicht auf Gespräche «zwischen Zürich und Bern» beschränkt, sondern auch Genf stark einbezogen wird. «Genf ist ein wichtiger Standort und muss entsprechend vertreten werden», so Dérobert weiter.

Auch von Seiten der Wirtschaft sind die ersten Reaktionen zum Entscheid des Bundesrates positiv, auch wenn noch kein konkreter Zeitplan vorliegt.

Urs Rellstab, Sprecher des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse, erachtet die Einsetzung eines Ausschusses als «der Situation angemessen». Dies sei «ein absolut notwendiger Schritt».

swissinfo und Agenturen

Der dreiköpfige Bundesrats-Ausschuss, den die Landesregierung in der UBS-Affäre einsetzt, kommt bei den Grünen und der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) gut an.

Die Schweizerische Volkspartei (SVP) akzeptiert den Ausschuss. Der Entscheid komme aber reichlich spät.

Sauer stösst er der Sozialdemokratischen Partei (SP) und der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) auf. CVP-Präsident Christophe Darbellay will den Entscheid bekämpfen.

Schon immer gehörte ein Maximum an Diskretion zu den Merkmalen des Bankenplatzes Schweiz. Doch erst 1934 wurde das Bankgeheimnis gesetzlich verankert.

Der Artikel 47 des Bankengesetzes legt die Strafen fest, welche bei der Verletzung des Bankgeheimnisses auferlegt werden (bis zu 3 Jahre Gefängnis oder bis 250’000 Franken Busse).

Die Festschreibung des Bankgeheimnisses erfolgte nach zwei Jahrzehnten starker Expansion des Schweizer Finanzplatzes.

Die Schweiz war nach dem Ersten Weltkrieg eines der Länder mit der weltweit stärksten Währung, einem tiefen Steueransatz und einem sehr stabilen politischen System.

Diese Faktoren führten zusammen mit dem Bankgeheimnis dazu, dass die Schweiz zu einem beliebten Fluchtort für internationales Kapital wurde.

Der damalige katholisch-konservative Finanzminister Jean-Marie Musy gehörte zu den «Erfindern» des Bankgeheimnisses.

Schon 1920 erklärte er, dass die Schweiz nicht die Rolle eines Polizisten gegenüber Fluchtkapital aus anderen Ländern, insbesondere gegenüber Deutschland, spielen müsse.

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