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Bankgeheimnis-Staaten offerieren «Dialog»

Keystone

Auf ihrem Minigipfel offerierten die Bankgeheimnisländer Österreich, Luxemburg und Schweiz einen Dialog über den Kampf gegen Steuerdelikte. So wollen sie verhindern, dass sie auf eine schwarze Liste gelangen.

Das Wetter war gestern feucht und neblig in Luxemburg. Wenig Klarheit brachte auch das Treffen des luxemburgischen Budgetministers Luc Frieden mit Finanzminister Hans-Rudolf Merz und seinem österreichischen Amtskollegen Josef Pröll auf Schloss Senningen bei Luxemburg zum Bankgeheimnis.

An der Medienkonferenz von Sonntagabend wurde vor allem betont, dass das Bankgeheimnis verteidigt werden soll. «Die drei Staaten halten am Bankgeheimnis im Sinne eines Schutzes der Privatsphäre unserer Bürger und jener Europas fest», betonte Gastgeber Frieden. Die eigentliche Botschaft war jedoch eine andere: Die drei Bankgeheimnisländer sind bereit, einen Dialog darüber zu führen, wie Steuerdelikte besser bekämpft werden können.

Vieles bleibt offen

Zu welchen Reformen die Bankgeheimnisländer bereits sind, liessen die drei Finanzminister jedoch absichtlich offen. «Die Schweizer Regierung hat am 6. März beschlossen, dass sie am Bankgeheimnis festhalten will, aber auch, dass sie die Zusammenarbeit bei Steuerdelikten verbessern will», sagte Bundespräsident Merz. Darüber wolle man einen Dialog mit den grossen Staaten führen, die das Bankgeheimnis heftig kritisieren.

Als Gegenleistung für die Dialogbereitschaft erwarte man, dass die eigenen Länder nicht auf eine schwarze Liste der Steuerparadiese gesetzt werden. Dies könnten zum Beispiel die G-20-Staaten auf ihrem Gipfel in London am 2. April tun. «Es ist nicht akzeptabel, über uns zu reden, ohne mit uns zu reden», betonte Frieden.

Rechtshilfe auch bei Steuerhinterziehung?

Ein mögliches Entgegenkommen an die G-20-Staaten wäre, dass die Bankgeheimnisländer das einschlägige Musterabkommen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) akzeptieren.

Dieses sieht vor, dass nicht nur bei Steuerbetrug, sondern auch bei Steuerhinterziehung Rechts- und Amtshilfe geleistet wird. Bei begründetem Verdacht auf Steuerhinterziehung könnten also zum Beispiel deutsche Steuerfahnder sich bei Schweizer Behörden erkundigen, ob ein deutscher Bürger ein Bankkonto in der Schweiz besitzt.

Kein automatischer Informationsaustausch

«Der Informationsaustausch auf Anfrage wäre eine Möglichkeit, aber es gibt viele andere», sagte Merz dazu bloss. Konkret habe man darüber nicht diskutiert – allerdings führten die drei Finanzminister ihre Sitzung nach der Medienkonferenz hinter wieder verschlossenen Türen weiter.

Klar wurde lediglich, was die drei Staaten nicht wollen: «Unser Ziel ist, einen automatischen Austausch von Informationen zu vermeiden, denn dies wäre das Ende des Bankgeheimnisses», betonte Merz.

Die meisten EU-Staaten tauschen untereinander schon heute automatisch Daten über Bankkunden aus. Die EU-Bankgeheimnisländer und auch die Schweiz erheben statt dessen eine Quellensteuer auf Zinserträgen – für die EU-Mehrheit gilt die Quellensteuer aber als Auslaufmodell. Sie fordern einen Übergang zum automatischen Informationsaustausch.

swissinfo, Simon Thönen, Schloss Senningen

In der Diskussion um das Bankgeheimnis erhält die Schweiz Schützenhilfe eines EU-Exponenten.

Karel Schwarzenberg, Ministerratspräsident der EU, verurteilte die teils sehr scharfe Kritik Deutschlands, Frankreichs und anderer EU-Länder am Bankgeheimnis schweizerischer Ausprägung.

«Sicher entgehen diesem oder jenem Steuersäckel ein paar Millionen Euro», sagte der Tscheche gegenüber der NZZ am Sonntag.

«Die Unabhängigkeit des Landes und die Tradition der selbstständigen, neutralen Schweiz sind aber höher zu schätzen», sagte Schwarzenberg weiter.

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