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Basel: SBB als Motor der Stadtentwicklung

Schnittlösung: Das Dach der neuen Passerelle faltet sich über die alten Perronhallen. swissinfo.ch

Mit einer gedeckten Passerelle über die Geleise verbinden die SBB in Basel die Stadt und das Gundeldinger-Quartier sichtbar miteinander.

Aus dem Bahnhof ist ein Einkaufszentrum und aus dem Bahnhofareal dank stufenweiser Planung ein neuer Stadtteil entstanden.

Heute liest es sich wie eine Prophezeiung: «Basel – eine Stadt im Werden?», so titelten die Architekten Herzog & de Meuron vor 14 Jahren eine Studie zum städtebaulichen Entwicklungspotential der «Trinationalen Agglomeration Basel».

In der Zwischenzeit ist Basel eine andere Stadt geworden. Motor der städtebaulichen Interventionen sind auch die SBB. Das alte Bahnhofareal hat sich in ein Dienstleistungs-Zentrum verwandelt. Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen, und Basel gilt in Fachkreisen längst als Architektur-Hauptstadt der Schweiz.

Fünf Gebäude von Herzog & de Meuron

Der Strukturwandel der Bahntechnik bescherte den SBB zahlreiche ungenutzte Gebäude und damit Brachland. Hier entstanden in den vergangenen Jahren mehrere neue, architektonisch herausragende Gross-Überbauungen: Das Jacob Burkhardt Haus und das Peter Merian Haus von Hans Zwimpfer im Osten des Hauptbahnhofs und das Elsässertor im Westen.

Das Elsässertor mit seiner kunstvoll spiegelnden Glasfassade erinnert mit den Farben der Tricolore daran, dass hier bahntechnisch Frankreich beginnt. Es ist bereits das vierte Herzog & de Meuron-Gebäude auf dem Bahnhofareal.

Das Unternehmen konzipierte das Lokomotivdepot Auf dem Wolf (1988-1996), das Güterstellwerk 4 (92-95) und das Zentralstellwerk (94-97). Auch für die künftige Gross-Überbauung SüdPark haben H & de M den Architekturwettbewerb gewonnen.

Zwei Stadtteile sind näher zusammengerückt

Der Bahnhof-Umbau geht zurück in die 1980er-Jahre. Damals hatte das Parlament den Masterplan «Euroville» verabschiedet. «Rund um den Bahnhof haben sich Unternehmen niedergelassen. Auch das Quartier Gundeldingen, hinter den Geleisen, profitiert von den wirtschaftlichen Impulsen», bilanziert SBB-Projektleiter Karl Holenstein im Gespräch mit swissinfo.

Zentrales Element des umgebauten Bahnhofs ist ein «Brückenschlag» über die Geleise, die neue Passerelle. Das optisch markante «Stadttor» verbindet den 1993 umgebauten, verkehrsbefreiten Centralbahnplatz mit dem Gundeldinger-Quartier.

Karl Holenstein: «Das siegreiche Wettbewerbs-Projekt war zugleich das frechste, denn es hielt sich nicht genau an die Vorgaben.» So reicht die Passerelle auf der Gundeldingerseite nun weiter als ursprünglich geplant. Ein mehrgeschossiger Geschäftsbau ist gleichzeitig Brückenkopf, Gegenstück zum alten Bahnhofsgebäude auf dem Centralbahnplatz und Bahnhofseingang für das Quartier.

Gelungener Schnitt zwischen Alt und Neu

Auf der anderen Seite gelangen die Passanten durch die alte, 1907 erstellte Schalterhalle auf die Passerelle. Die Halle wurde von späteren Einbauten befreit und restauriert. Die grossen Wandbilder (in den 1920er-Jahren warben sie als Plakate für den Tourismus) mit beschaulichen Schweizer Landschaften blieben erhalten.

Rolltreppen führen auf die Passerelle über den Geleisen. Der Übergang zwischen Alt- und Neubau ist klar sichtbar. «Bahnhofsbauten sind von jeher von Schnittlösungen geprägt. Und auch hier ist es der Schnitt zwischen Alt und Neu, welcher die Raumsequenz, die Lichtführung und damit die räumliche Qualität bestimmt», argumentiert Architekt Felix Wettstein.

Referenz an Sevilla

Das Dach faltet sich über die alten Perronhallen und setzt sich in einem gebirgszugsartigen Verlauf fort bis zum Abschluss durch den mehrgeschossigen Brückenkopf.

Der Innenraum erinnert an eine Markthalle. Die räumlich nicht dominierenden kommerziellen Einrichtungen lassen auch punkto Angebot eine Flughafenambiance enstehen. Zu kaufen gibt es weder Fisch noch Gemüse, jedoch Kravatten, Bücher und andere Mitbringsel.

Licht und freier Raum dominieren. Die Dachverkleidung ist aus Holz. Der Fussboden aus norwegischem Quarzit ist eine Referenz an den Bahnhof Santa Justa in Sevilla.

Santa Justa und die Passerelle in Basel tragen die Handschrift von Antonio Cruz Villalón und Antonio Ortiz García. Zusammen mit Sandra Giraudi und Felix Wettstein (Lugano) gingen die Spanier 1996 siegreich aus dem Wettbewerb hervor.

swissinfo, Andreas Keiser, Basel

Die bisherigen Investitionen für den Masterplan-Umbau des Basler Bahnhof-Areals betragen 1,5 Mrd. Franken.

Die Passerelle von Cruz y Ortiz, Giraudi & Wettstein ist 31 Meter breit und 185 Meter lang.

Sie wurde im September 2003 offiziell eröffnet.

Basel ist eine «RailCity» der SBB, also eine Mischung aus Bahnhof und Einkaufszentrum.

Die Schweizerischen Bundesbahnen, SBB, werden am 20. August 2005 für ihr Engagement im Bereich Baukultur mit dem Wakker-Preis des Schweizer Heimatschutzes ausgezeichnet.

Der Schweizer Heimatschutz feiert 2005 sein 100-jähriges Jubiläum.

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