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Basler Schuluniform besteht Probezeit nicht

Zu wenig klassisch für eine gute Schuluniform, meinen die Basler Jugendlichen. Keystone

"Anziehen, was wir wollen" ist den Basler Schülerinnen und Schülern wichtiger als vom Druck befreit zu sein, teure Markenartikel tragen zu müssen.

Das Schuluniform-Experiment im Basler Leonhard-Schulhaus wird nicht verlängert. Im Sommer möchte der Rektor einen ähnlichen Versuch mit jüngeren Jahrgängen starten.

Ab Ende März können die Schülerinnen und Schüler zweier Klassen der Basler Weiterbildungsschule ihre Schuluniformen im Schrank lassen. Der halbjährige Versuch mit Schuluniformen in zwei Testklassen ist beendet, die 14- bis 15-jährigen Jugendlichen dürfen wieder anziehen, was sie wollen.

Die Jugendlichen waren an der Auswahl der Kleidungsstücke für ihre Uniform beteiligt: Lindengrüne Jacken, beige Pullover und T-Shirts mit farbigen Querstreifen – eine komplette, aus 14 Teilen bestehende Garderobe.

Trotzdem haben sie keine Lust mehr, diese Kleidung zu tragen. «Sie akzeptieren die Kleider nicht als Schuluniform», sagt Christian Griss, der Rektor der Basler Weiterbildungsschule.

Britische Schuluniformen?

Bei mehr Akzeptanz wäre der Versuch bis zu den Sommerferien verlängert worden, sagt auch Alexander Gross vom Institut für Psychologie der Universität Basel, welches das Projekt wissenschaftlich begleitet.

Die Verantwortlichen möchten mit einer jüngeren Gruppe noch einmal einsteigen. Diesmal aber mit einer einfacheren Garderobe. Denn offensichtlich befürworteten viele Jugendliche eine einheitliche Garderobe, angelehnt an die klassischen britischen Schuluniformen.

In der NZZ am Sonntag äussert Rektor Griss Zweifel an der Ernsthaftigkeit solcher Vorstellungen: «Im Blazer sehe ich diese Jugendlichen nicht herumrennen.»

Die Verantwortlichen warten jedoch auch auf die Resultate der externen Evaluation der projektbegleitenden Psychologen, bevor sie mit einem neuen Projekt beginnen.

Für Alexander Gross beweist die Fachliteratur: «Je eher Schülerinnen und Schüler beginnen, eine Schuluniform zu tragen, desto eher werden sie diese akzeptieren.»

Gross ist überzeugt, dass die Jugendlichen mit einer Uniform oder mit demselben Pullover zeigen möchten, dass sie einer Gruppe angehören. «Damit sind sie auch für die anderen identifizierbar.»

Keine Schuluniform-Tradition

Auch in der Schweiz, wo Schuluniformen höchstens in Privatschulen getragen werden, stellt Gross doch eine gewisse Akzeptanz fest, wie ihm Reaktionen aus Basel, aber auch aus der übrigen Schweiz zeigen.

In letzter Zeit gab es zwar in einigen kantonalen Parlamenten Vorstösse in Sachen Schuluniform. Keiner war jedoch von Erfolg gekrönt.

Als Ablehnungsgründe wurde ins Feld geführt, dass Schuluniformen nicht zur schweizerischen Kultur gehörten oder sie die Entwicklung eines Kindes behindern könnten.

Bessere Leistungen dank Schuluniformen?

Ein beliebtes Argument zur Einführung von Schuluniformen ist immer wieder, dass sie helfen würden, Schulleistungen zu verbessern. Dazu kann Gross keine genauen Aussagen machen: «Wir können dies für diese Pilotgruppe nicht bestätigen, dazu war der Beobachtungszeitraum zu klein.»

Die Wissenschaft wisse aber von anderen Projekten, dass die Leistung ansteige. «Es braucht aber mindestens ein oder zwei Jahre, bis sich Erfolge einstellen.»

Budget-Erwägungen

Eine weitere Idee zur Einführung von Schuluniformen war, den Druck von Kindern und Eltern wegzunehmen, teure Markenartikel tragen zu «müssen».

Die Schuluniform im Basler Pilotprojekt kostete rund 730 Franken. Die Eltern der Kinder mussten sich mit 100 Franken beteiligen. Der Rest wurde von der Schule und von Sponsoren aufgebracht.

Mitbeteiligt war auch die Budget- und Schuldenberatung Basel. Man schätzt, dass die Uniform mindestens 30% günstiger zu stehen kommt, als wenn man die Kleidungsstücke einzeln kaufen würde.

swissinfo, Etienne Strebel

Normalerweise tragen Schülerinnen und Schüler in der Schweiz keine Uniform.

Nur ein paar Privatschulen mit hauptsächlich ausländischen Schülern weichen von diesem Prinzip ab.

Schuluniformen dominieren in England, Irland und Zypern

In den USA finden sich Schuluniformen an Privatschulen, nicht an staatlichen.

Ausserhalb von Europa trägt man Schuluniformen in Australien, Neuseeland, Südafrika, Japan und in vielen ehemaligen britischen Kolonien.

Bei Immer mehr Jugendlichen nimmt der teure Statuskonsum bei Kleidern, Mobiltelefonen oder Laptops zu.

Experten schätzen, dass Kindern und Jugendlichen in der Schweiz jährlich mindestens 600 Mio. Franken an Taschengeld zur Verfügung stehen.

Die durchschnittliche Schuldenlast eines 13-Jährigen beträgt rund 500 Franken. Die Spanne reicht von 5 bis zu mehreren Tausend Franken.

Laut einer Befragung von 1000 Jugendlichen waren 760 bereit, sich zu verschulden, wenn ihnen das Geld zum Barzahlen fehlte.

In Finnland gehört der Umgang mit Geld von der 7. bis 9. Klasse zum Stundenplan.

(Quelle: Bildung Schweiz)

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