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Bauern rufen zum Widerstand gegen WTO auf

November 2005: Bauern demonstrieren vor dem Bundeshaus gegen Reformen. Keystone

Mit Blick auf das am Donnerstag beginnende Treffen der WTO-Minister haben Bauernverbände aus der Schweiz und andern Ländern klare und transparente Handelsregeln gefordert.

In Genf argumentierten Bauernvertreter, Zugeständnisse an die grossen Agrarexporteure gingen auf Kosten der Bauernfamilien.

«Die Entwicklungen der WTO laufen in eine gefährliche Richtung, bei der einzig den grossen Agrarexporteuren Gehör geschenkt wird», kritisierte Jacques Bourgeois, Direktor des Schweizerischen Bauernverbandes (SBV).

Auch die Bauern wollten einen Abschluss der WTO-Verhandlungen, sagte SBV-Präsident Hansjörg Walter. Allerdings seien klare und transparente Handelsregeln nötig, welche die einheimische Produktion von Nahrungsmitteln nicht verunmöglichten.

Jedes Land habe ein Anrecht auf Ernährungs-Souveränität, heisst es dazu in einer von den Bauernverbänden gemeinsam verabschiedeten Erklärung.

Laut Walter braucht es dazu Rahmenbedingungen, die den Bauernfamilien ein ausreichendes Einkommen gewähren. In ihrer Deklaration weisen die Bauernverbände darauf hin, dass der Warenaustausch auf dem Weltmarkt weniger als 10% der Agrarproduktion betreffe.

USA müssen Kompromisse eingehen

Der Vorschlag des neuen WTO-Agrarvorsitzenden Crawford Falconer auf der Basis des Vorschlags der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländern G20, der unter anderem einen Abbau der Zölle von bis zu 75% vorsieht, sei für die europäische Landwirtschaft völlig inakzeptabel, sagte Rudolf Schwarzböck, Präsident des europäischen Bauernverbands COPA.

Die Bauernverbände Europas, zusammen mit jenen der Nicht-EU-Staaten Schweiz, Norwegen und Island, aber auch von Indien, Indonesien, Japan, Korea und vieler afrikanischer sowie einiger lateinamerikanischer Länder fürchten im Falle solcher Zugeständnisse um die Existenz ihrer Bauern.

«Wir sind bereit, unsere Grenzen weiter zu öffnen und armen Entwicklungsländern Zugang zu unseren Märkten zu gewähren», sagte COPA-Präsident Schwarzböck. Er wolle aber ein faires Ergebnis, das der europäischen Landwirtschaft eine Zukunft ermögliche.

Zudem forderte er ein Entgegenkommen der USA. Die EU habe bereits grosse Zugeständnisse gemacht, während die USA bisher nicht bereit gewesen seien, in gleicher Weise Flexibilität zu zeigen.

Hohe Subventionen benachteiligen arme Staaten

Nach mehreren erfolglosen Versuchen gehen die Verhandlungen über eine Liberalisierung des Welthandels am Donnerstag in eine neue Runde. Rund 50 Minister der 150 Mitgliedstaaten der WTO haben sich in Genf angemeldet, darunter auch der Schweizer Volkswirtschaftsminister Joseph Deiss.

Hauptstreitpunkt sind nach wie vor die hohen Subventionen, welche die Europäische Union und die USA ihren Landwirten für Produktion und Export ihrer Erzeugnisse zahlen. Dadurch sehen sich die Entwicklungsländer massiv benachteiligt.

Von ihnen verlangen die Industriestaaten jedoch, dass sie ihre Märkte für Waren und Dienstleistungen wie etwa Versicherungen öffnen. Die nach der Hauptstadt des Scheichtums Katar Doha benannte Verhandlungsrunde soll Ende dieses Jahres abgeschlossen sein.

Die Zeit drängt

Den Ministern liegen mehrere Texte vor, die jedoch bei weitem nicht ausdiskutiert sind. Allerdings stehen sie auch unter Erfolgsdruck, da etwa die USA in wenigen Wochen wegen der anstehenden Wahlen nicht mehr voll handlungsfähig sein werden.

Ein Scheitern der Doha-Runde hätte etwa zur Folge, dass viele zwischenstaatliche Vereinbarungen eine weltumfassende und für alle verbindliche Regelung verhindern würden.

«Wir haben eine Gelegenheit, wie sie sich nur einmal pro Generation bietet, um die Unausgewogenheiten im internationalen Handel zu korrigieren», sagte WTO-Generaldirektor Pascal Lamy.

swissinfo und Agenturen

In den letzten 15 Jahren sind in der Schweiz 30’000 Bauernhöfe verschwunden.
Der Bund geht davon aus, dass die Zahl der Betriebe jährlich um 2,5% abnehmen wird.
Heute leben 120’000 Personen von der Landwirtschaft.
In den 1960er-Jahren waren es noch 420’000 gewesen.

Die 149 Mitglieder der Welthandels-Organisation (WTO) verhandeln seit 2001 über eine Liberalisierung des Welthandels.

Die Schweiz nimmt beim Abbau von Agrarsubventionen eine defensive Position ein und eine offensive Position bei den Importzöllen.

Die WTO wünscht von der Schweiz einen Abbau der Landwirtschafts-Subventionen und der Schutzzölle für landwirtschaftliche Produkte.

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