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Beim Christbaumhändler

Hans-Peter Luder in seiner Weihnachtsbaum-Plantage. swissinfo.ch

Weihnachtsbäume haben zur Zeit ihren grossen Auftritt. Dass sie Teil des Weihnachtsgeschäftes sind, verdrängen wir gerne.

Ein Besuch bei einem Landwirt und «Baumproduzenten» zeigt, dass Christbäume das ganze Jahr über gehegt und gepflegt werden müssen.

Draussen pfeift die eiskalte Bise über die Felder. Drinnen in der Küche ist es warm. Eine moderne Holzschnitzelheizung wärmt die Räume im Bauernhaus der Familie Luder im bernischen Bütikofen.

Hans-Peter Luder ist ein moderner Bauer. Einer, der die Herausforderungen der heutigen Zeit annimmt. Zwar wohnen die Luders in einem Bauernhaus, in einer Umgebung, welche Gotthelf nicht schöner hätte schildern können.

Doch zu Gotthelfs Zeiten gab es keine Welthandelsorganisation WTO, welche wie es der Präsident des Schweizerischen Bauernverbandes, Hansjörg Walter sagt, «die ungehemmte Liberalisierung in der Landwirtschaft vorantreibt».

Die Schweizer Bauern müssten sich, so der Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft, Manfred Bötsch, «fit trimmen für die WTO-Herausforderungen».

Etwas weniger diplomatisch ausgedrückt: Der Schweizer Bauer muss ein innovativer Unternehmer werden. Preisgarantien werden fallen, Subventionen sinken.

Stiere statt Kühe

Peter Luder hat die Herausforderung angenommen und seinen Betrieb auf Stiermast umgestellt. Heute zählt die Mast 350 Munis. Gewächsbau und Holzwirtschaft runden die Palette ab.

Er begann mit einem Partner zusammen zu arbeiten. Heute betreiben sie nicht nur die Tiermast gemeinsam, auch die meisten Maschinen sind in gemeinsamem Besitz. Ein Tabubruch in der Schweizer Landwirtschaft, wo der Einzelkämpfer herrscht.

Falsche Meinung?

Vor rund 20 Jahren begann Hans-Peter Luder damit, das Geschäft mit den Weihnachtsbäumen aufzuziehen. Belächelt von seiner Umgebung nahm er die Herausforderungen der heutigen Zeit an.

«Die Leute meinen immer noch, ein Christbaum dürfe fast nichts kosten», sagt Luder gegenüber swissinfo. «Für Blumen sind sie schnell bereit, 50 Franken zu bezahlen, aber beim Tannenbaum wird dieser Preis oft als unverschämt empfunden.»

Das hat damit zu tun, dass immer noch die Meinung vorherrscht, ein Tannenbaum wachse ja im Wald und könne als überzählige Tanne abgeholzt werden. Das koste ja nicht viel.

Die Wirklichkeit sieht ganz anders aus: Weihnachtsbäume wachsen in Plantagen und müssen gehegt und gepflegt werden. Das hat etwa Dänemark schon lange erkannt. So kommt es, dass in der waldreichen Schweiz bis heute die Dänen den Weihnachtsbaum-Markt beherrschen.

Haupteinnahme-Quelle

«Die Leute wollen Nordmann-Tannen, und die wachsen bei uns nicht im Wald», sagt Hans-Peter Luder. Bei ihm wachsen sie unweit des Hauses in einer eigens dafür angelegten Plantage. Gleich wie die Rottannen, die Weisstannen und die Blaufichten.

Einzig die Weihnachtsbäume mit dem FSC-Zertifikat – es bescheinigt, dass das Holz nachhaltig, umwelt- und sozialgerecht produziert wird – befinden sich im Wald. Allerdings auch in einer Art Plantage.

Bei Luders wachsen zur Zeit rund 60’000 Tannenbäume. Rund 10% werden und wurden in diesem Jahr geschlagen, um als Christbäume weihnächtliche Stimmung zu verbreiten. Die Hälfte des bäuerlichen Einkommens der Familie Luder stammt vom Anbau und Verkauf der Christbäume.

Jahrelange Pflege

Die künftigen Christbäume beginnen ihr Leben in der Baumschule, wo sie drei Jahre herangezogen werden. Dann holt sie Hans-Peter Luder und pflanzt sie in seinen Kulturen ein. «80% der jungen Tannen wachsen an, davon werden 80% Weihnachtsbäume», sagt er.

Rottannen stehen 4 bis 6 Jahre im Wald oder in der Plantage. Nordmann-Tannen wachsen zwischen 5 und 10 Jahre lang. Während all dieser Zeit brauchen die Bäume ganzjährige Pflege.

So muss der Untergrund gemäht werden, sonst wächst das Gras in die Äste und bleibt drin. Ein solcher Baum ist nicht mehr zu verkaufen.

Der Boden wird gedüngt, Unkraut entfernt. Wichtig sind die so genannten Korrekturschnitte, die «Schönheitsoperation» am Baum. Wie ein Winzer seine Reben, pflegt Hanspeter Luder seine Tannenbäume. Hagel ist – wie bei den Reben – der grosse Feind der Weihnachtsbäume.

Verkauf auch ab Hof

«Würde ich die Bäume einfach ihrem Schicksal überlassen, würden sie den Qualitätsanforderungen des Marktes nicht genügen», unterstreicht Luder.

Er liefert seine Christbäume an Grossverteiler, Grossgärtnereien und verkauft sie selber vor Ort. Dazu lädt er vom 16. bis 18. Dezember zum grossen Weihnachtsbaum-Markt auf dem Hof der Familie ein.

Neben Christbäumen gibt es vom verzierten Lebkuchen bis zum Honig, von modischen Hüten für Gross und Klein, über Fleisch bis hin zu Schnaps vieles zu kaufen. Ein richtiger Weihnachtsmarkt.

«Hoffentlich sehen die Leute dann, warum ein Christbaum auch seinen Preis hat», sagt Hans-Peter Luder.

Nach Weihnachten bieten die Luders einen speziellen Service: Der gekaufte Baum kann zurückgegeben werden und wird zu Brennmaterial.

Wann er vergangene Weihnacht den allerletzten Baum verkauft habe, frage ich Hans-Peter Luder? Antwort: «Am 27. Dezember.»

«Es stimmt», lacht er. Ein Ehepaar kam aus Australien zurück und wollte doch noch richtig Weihnachten feiern.»

swissinfo, Urs Maurer, Bütikofen

An Weihnachten werden in der Schweiz rund 1 Mio. Christbäume verkauft.
70% der Bäume stammen aus dem Ausland.
Hans-Peter Luder ist Mitglied der IG Suisse Christbaum.
In der IG sind die Schweizer Christbaum-Produzenten zusammengeschlossen.
Die IG will den Anteil einheimischer Christbäume auf 60 bis 70% steigern.

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