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Benedikt Weibel, ein ganzes Leben für die Bahn

Benedikt Weibel: Nur noch bis Ende Jahr das Zugpferd der SBB. Keystone

In seinen 14 Jahren als SBB-Chef führte Benedikt Weibel den einstigen Staatsbetrieb in die teilweise Freiheit - eine Biographie.

Gleichzeitig wurde unter seiner Ägide das Angebot stark ausgebaut. Als grosser Flecken im Reinheft bleibt der Blackout vom 22. Juni 2005.

Am 15. Oktober 1946 in Thun im Kanton Bern geboren, wuchs Weibel in Solothurn auf, wo er die Matura absolvierte. Danach studierte er Betriebswirtschaft an der Universität Bern. Von 1971 bis 1978 war er vorübergehend Assistent am betriebswirtschaftlichen Institut der Universität Bern.

Seine ganze weitere Laufbahn stand im Zeichen der SBB: 1978 wurde Weibel Sekretär des damaligen Präsidenten der SBB-Generaldirektion, Roger Desponds. Mit der Ernennung zum SBB-Generalsekretär im Jahr 1983 begann sein Aufstieg.

1986 wurde der Sozialdemokrat Direktor des Marketings Personenverkehr, 1990 Leiter des Departements Verkehr. 1993 schliesslich ernannte ihn der Bundesrat zum Präsidenten der Generaldirektion und damit zum Chef der SBB. Seit der Umwandlung der SBB in eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft im Jahr 1999 führte er das Unternehmen als Vorsitzender der Geschäftsleitung.

Leistungsaufträge umgesetzt

Weibel war als SBB-Boss massgeblich an der Umwandlung der SBB in eine AG beteiligt. Unter dem Sportler wurde der einstige Staatsbetrieb «marktfit» getrimmt und Weibel übernahm es, die neu eingeführten Leistungsaufträge für die SBB umzusetzen.

Gleichzeitig stieg auch der Kostendruck, auf den die SBB mit Stellenkürzungen und Auslagerungen reagierte. Bei den Gewerkschaften und seiner eigenen Partei machte sich Weibel damit alles andere als beliebt – zuletzt, als Stellenkürzungen bei SBB Cargo angekündigt wurden.

Als problematisches Relikt aus der Zeit des Staatsbetriebs erwies sich in dieser Zeit die SBB-Pensionskasse. Ohne Schwankungsreserve vom Bund ausgegliedert, konnte diese bis heute nicht endgültig saniert werden.

Bahn 2000, ein Quantensprung

Unter Weibel erweiterten die SBB ihr Angebot zudem deutlich: Internet-Ticketing wurde eingeführt und die Zugfahrten immer mehr ausgebaut. Ein Quantensprung bildete die Einführung von Bahn 2000 am 12. Dezember 2004. Der grösste Fahrplanwechsel in der Geschichte der SBB verlief reibungslos.

Doch im Jahr darauf häuften sich auf dem bis ins letzte ausgelasteten Bahnnetz Pannen und Verspätungen. Bis jener Abend des 22. Juni 2005 kam, an dem nach einer Strompanne 2000 Züge still standen und rund 200’000 Reisende blockiert waren.

Bis sich der Bahnverkehr wieder normalisiert hatte, dauerte es Tage. Der Schaden für die SBB belief sich auf 5 Mio. Fr. – den Imageverlust nicht eingerechnet.

Es sei ihm «unendlich peinlich», sagte Benedikt Weibel nach dem Blackout. Das Reinheft des SBB-Chefs hatte einen dicken Flecken bekommen. Ein interner Bericht sowie eine Untersuchung eines deutschen Consulting-Unternehmens kritisierten danach übereinstimmend das mangelnde Risiko-Management der SBB.

Vater dreier Kinder

Neben seiner Tätigkeit als SBB-Chef präsidierte Weibel seit dem 1. Februar 2003 auch die europäische Union Internationale des Chemins de Fer. Seit dem 1. Januar 2003 war er zudem Mitglied des Verwaltungsrats der französischen Nationalbahnen SNCF.

Weibel ist verheiratet und Vater dreier Kinder. Er wohnt in der Nähe von Bern und zählt neben Musik und Lesen insbesondere Sport, so Bergsteigen, Velofahren, Joggen und Nordic Walking zu seinen Hobbies.

swissinfo und Agenturen

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