Berna Biotech vor Übernahme durch Crucell
Der traditionsreiche Schweizer Impfstoffproduzent Berna Biotech steht vor der Übernahme durch die junge niederländische Biotech-Firma Crucell.
Die Berna-Führung befürwortet den Deal. Das Unternehmen wäre ein möglicher Hersteller eines Impfstoffs gegen Vogelgrippe.
Berna Biotech gehört zu jenen Schweizer Unternehmen, die aufgrund ihres spezifischen Know-hows schon länger als Übernahme-Kandidaten gehandelt worden sind. Jetzt ist klar, wohin die Reise des Schweizer Impfstoffproduzenten gehen soll: In die Niederlande.
Die Biotech-Firma Crucell aus Leiden will zwei Drittel der Berna-Aktien übernehmen. Vorgesehen ist ein Aktientausch im Transaktionswert von 591 Mio. Franken, wie beide Unternehmungen am Donnerstag bekannt gaben.
Die Berna-Führung empfiehlt den Aktionären, die Offerte des Unternehmens aus Leiden anzunehmen. Ob dies auch tatsächlich der Fall sein wird, zeigt sich dann Ende Januar des nächsten Jahres.
Das niederländische Unternehmen will mit Berna der weltweit führende unabhängige Anbieter auf dem Impfstoffmarkt werden und verspricht sich entscheidende Wettbewerbsvorteile. Die Transaktion soll im Februar 2006 abgeschlossen werden.
Möglicher Hersteller von Vogelgrippe-Impfung
Der Übernahme-Versuch erfolgt auch vor dem Hintergrund, dass Berna ein möglicher Hersteller des Impfstoffs gegen die Vogelgrippe ist. Die Schweizer Regierung will bis Ende Jahr entscheiden, welche Firma den Auftrag zur Herstellung von 100’000 Impf-Dosierungen erhalten soll.
Darüber war zwischen Berna und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) ein Streit entbrannt. Berna wollte mit Unterstützung von Bundesgeldern eine Impfstoff-Produktionsanlage bauen, was die Behörden ablehnten. Ob sich Berna danach noch an der «ordentlichen» Ausschreibung beteiligt hat, ist nicht bekannt. Zur Zeit schreibt Berna Biotech rote Zahlen.
Knapp 30% über Kurs
Crucell offeriert 0,447 eigene Aktien je Berna-Aktie, wie die Firmen gemeinsam mitteilten. Crucell-Konzernchef Ronald Brus sagte an einer Telefonkonferenz, es bestehe kein unmittelbarer Kapitalbedarf zur Finanzierung der Transaktion.
Crucell werde 17 Mio. eigene Aktien ausgeben. Die beiden Gesellschaften verfügten Mitte Jahr über liquide Mittel von insgesamt 200 Mio. Euro oder gut 300 Mio. Franken.
Das vom Verwaltungsrat der Berna Biotech unterstützte Angebot entspricht gemäss dem Schlusskurs der Crucell-Aktie vom Mittwoch einem Preis von 15,72 Franken pro Berna-Aktie. Die Preisofferte entspricht einem Aufschlag von 27,3% auf dem Berna-Schlusskurs vom Mittwoch.
Über die Folgen für die rund 700 Berna-Mitarbeitenden wurden keine Angaben gemacht. Wie Brus betonte, geht es aber nicht in erster Linie um Kostensenkungen. Das Hauptmotiv sei die Sicherung künftigen Wachstums.
Börse erfreut
Analysten begrüssten das Angebot. Für beide Firmen steige die finanzielle Flexibilität, und das Produktportfolio werde erweitert, hiess es bei Lombard Odier Darier Hensch. Berna komme in gute Hände, der Deal sei das Beste für die Berna-Aktionäre, hiess es bei der Bank Julius Bär.
Die Schweizer Börse applaudierte. Der Berna-Kurs schoss gegenüber dem Vorabend um 15% auf 14,20 Franken hinauf. In Amsterdam sackte der Crucell-Kurs dagegen um 11,4% auf 20,10 Euro ab.
swissinfo und Agenturen
Berna Biotech ist aus dem 1898 gegründeten Schweizerischen Serum- und Impfinstitut hervorgegangen.
Seit 2001 ist Berna an der Schweizer Börse SWX.
2004 hatte das Unternehmen die Entwicklung eines Impfstoffs gegen Sars gestoppt.
Crucell ist aus der 1993 gegründeten IntroGene hervorgegangen.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch