Bundesrätliche Massnahmen gegen Lohnexzesse
Der Bundesrat will gegen Lohnexzesse vorgehen. Banken, die Staatshilfe beanspruchen, sollen künftig stärker reguliert werden und Boni als Gewinnverteilung besteuert werden. Diese Massnahmen kündigte der Bundesrat am Mittwoch an.
Der Bundesrat hat das Finanzdepartement (EFD) beauftragt, bis im Herbst eine Gesetzesvorlage zu diesen beiden Punkten auszuarbeiten. Die Salärsysteme von Finanzunternehmen, die Staatshilfe beanspruchen, sollen für die gesamte Dauer der beanspruchten Unterstützung reguliert werden.
Boni über 2 Mio. Franken bei Banken sowie Versicherungen sollen künftig nicht mehr als Personalaufwand, sondern als Gewinnverteilung betrachtet werden. Damit muss das Unternehmen diese Boni als Unternehmensgewinn versteuern.
Besteuerung von Mitarbeiteroptionen
Eine dritte Massnahme soll bereits im Mai den Parlaments-Kommissionen unterbreitet werden. Dabei geht es um die Besteuerung von Mitarbeiteroptionen.
Nichts hält der Bundesrat von einer speziellen Besteuerung des Finanzsektors. Zum heutigen Zeitpunkt sei die Einführung einer Finanzsektorsteuer nicht angezeigt, schreibt er in einem Communiqué. Eine solche Steuer solle nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn sie international koordiniert eingeführt würde.
Die Schweizer Regierung begründet ihre Ablehnung auch damit, dass eine Steuerlösung zur Vorfinanzierung von möglichen künftigen Staatseingriffen in den Bankensektor einer impliziten Staatsgarantie gleichkomme. Damit würden die Banken weiter animiert, höhere Risiken einzugehen.
Mehr Eigenmittel
Für Stabilität der Finanzmärkte will der Bundesrat mit verschärften Anforderungen an die Eigenmittel und die Liquidität sorgen. Er stützt sich dabei auf die Empfehlungen seiner Expertenkommission. Der Gesetzestext, den diese vergangene Woche vorgelegt hat, soll die Grundlage bilden.
Der Bundesrat wünscht, dass die Expertenkommission den Schlussbericht früher vorlegt, und zwar bis zum 31. August. Danach will der Bundesrat dem Parlament umgehend gesetzgeberische Vorschläge unterbreiten. Ziel sei die Verabschiedung einer Botschaft noch im Jahr 2010, schreibt die Regieurng.
«Zeichen für Marktversagen»
Die Saläre in zweistelliger Millionenhöhe zugunsten von wenigen Bankmanagern seien übertrieben, sagte Hans-Rudolf Merz am Mittwoch.
Solche Entschädigungen deuteten letztendlich auf ein Marktversagen hin. Wenn dann eine Bank gar Verluste schreibe und dennoch Boni auszahle, sei dies unverständlich.
Merz machte indes deutlich, dass der Bundesrat nicht zu stark regulieren wolle. Die Herausforderung bestehe darin, zwischen diesen Feststellungen und den Prinzipien eines liberalen Staates ein Gleichgewicht zu finden. Die Regelungen müssten ausserdem mit der Verfassung vereinbar sein. Sie dürften dem Unternehmens-Standort Schweiz nicht übermässige Fesseln anlegen.
Aussenministerin Micheline Calmy-Rey zeigte sich erfreut über die Entscheide des Bundesrats. Die Ereignisse im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise hätten gezeigt, dass Handlungsbedarf bestehe. Der Bundesrat sei «fest entschlossen zu handeln».
In Boni-Fragen seien die bisherigen Regeln ungenügend. Es sei nicht akzeptabel, dass eine kleine Schicht von Menschen mit exzessiven Löhnen den sozialen Zusammenhalt gefährde, sagte sie vor den Medien in Bern.
FDP gegen Versteuerung von Boni
Die FDP bewertet drei der vier bundesrätlichen Massnahmen, um die Lohnexzesse bei Banken zu bremsen, positiv. Einzig die Versteuerung von Boni als Gewinn lehnt sie ab, weil sie nicht praxistauglich sei.
Der Bundesrat habe sich diesbezüglich «unter populistischem Druck insbesondere der SP zu einem unausgereiften Schnellschuss hinreissen lassen».
Die Versteuerung von Boni ab einer gewissen Höhe sei einfach zu umgehen, indem Schweizer Firmen ihre Manager im Ausland anstellten oder vermehrt mit Optionen entlöhnten, so die FDP.
Für SP Massnahmen ungenügend
Für SP-Präsident Christian Levrat gehen die vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen nicht weit genug. Die langwierige Vernehmlassung verzögere einen Entscheid unnötig, sagte er gegenüber der Nachrichtenagentur SDA.
Die SP fordere seit zwei Jahren schärfere Bestimmungen für systemrelevante Banken hinsichtlich Eigenmittel und Liquidität sowie handfeste Massnahmen gegen Lohn- und Boni-Exzesse.
«Wenn heute keine solchen Auflagen beschlossen wurden, zweifle ich ernsthaft am Willen, sie jemals zu beschliessen», sagte Levrat.
Dem UBS-Staatsvertrag mit den USA will die SP aufgrund der angekündigten Massnahmen jedenfalls nicht zustimmen. Dazu müsste der Vorschlag des Bundesrats nachgebessert werden, sagte der SP-Präsident.
Der Vertrag kommt in der Sommersession ins Parlament. Sowohl SP wie auch SVP lehnen das Abkommen ab, weshalb es im Nationalrat zu scheitern droht. Die SP macht eine Boni-Steuer und die gesetzliche Grundlage für eine Eigenmittel-Erhöhung zur Bedingung für ihre Zustimmung.
swissinfo.ch und Agenturen
Die UBS soll die Kosten von rund 40 Mio. Franken tragen, die das Amtshilfeverfahren mit den USA verursachen. Wie vor zwei Wochen angekündigt, will der Bundesrat dafür die gesetzliche Grundlage schaffen. Er hat dazu am Mittwoch dem Parlament die Botschaft zugeleitet.
Weil die gesetzlichen Grundlagen bislang fehlen, wollte der Bundesrat der Grossbank ursrprünglich nur eine Million Franken in Rechnung stellen – ein Bruchteil der Kosten, die der Eidgenossenschaft wegen der Steueraffäre in den USA entstanden sind.
Nun legt der Bundesrat dem Parlament einen Bundesbeschluss vor. Dieser ist nur auf die UBS und jene Amtshilfegesuche anwendbar, welche die USA im Zusammenhang mit Kunden der UBS einreichte.
Die Kosten für die Behandlung der US-Amtshilfegesuche in rund 4450 Fällen werden zurzeit auf rund 40 Millionen Franken geschätzt. Die besonderen Umstände, die wegen des Verhaltens der UBS in den USA zu diesen Amtshilfegesuchen geführt hätten, würden es rechtfertigen, die Kosten der UBS aufzubürden, argumentiert der Bundesrat.
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