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Bundesrat will den Gürtel enger schnallen

Finanzminister Hans-Rudolf Merz erläutert die Sparziele des Bundesrates. Keystone

In den kommenden drei Jahren will die Schweizer Regierung die Ausgaben weiter senken, die Zahl der Bundesstellen reduzieren und neue Einnahmen finden.

Diese Absichten hat die Regierung in ihrem neusten Entlastungs-Programm bekräftigt.

Das Bundesbudget soll im Jahr 2005 – im Vergleich zum Finanzplan – um 800 Mio. Franken vermindert werden. Das von 2006 gar um 1 Milliarde und 2007 sollen es 1,4 Mrd. Franken weniger sein.

An seiner Klausursitzung vom Donnerstag und Freitag in Rheinfelden AG hat der Bundesrat die Weichen für den Haushalt gestellt.

Laut Finanzminister Hans-Rudolf Merz will die Regierung alles daran setzen, den Räten einen schuldenbremse-konformen Voranschlag 2005 vorzulegen und die strukturellen Defizite bis 2007 beseitigen.

Raucher zur Kasse

Nach dem vom Parlament vorgegebenen Abbaupfad lässt die Schuldenbremse nächstes Jahr noch ein strukturelles Defizit von 2 Milliarden zu.

Bei einem Wirtschaftswachstum von real 1,8 Prozent erwartet der Bundesrat gleichzeitig einen kleinen konjunkturellen Überschuss. Das Ziel ist demnach ein Defizit in der Finanzrechnung von 1,8 Mrd. Franken.

Bis dahin verbleibt ein «Bereinigungsbedarf» von 1,1 Mrd. Franken. Neben strengen Vorgaben für die Departemente hat der Bundesrat unter anderem beschlossen, die Tabaksteuer bereits dieses Jahr um 50 Rappen pro Paket zu erhöhen, was 80 Mio. Franken einbringt.

Geprüft wird auch eine Erhöhung der Alkoholsteuer um 6 Franken pro Liter, die allerdings erst ab 2006 jährlich 55 Mio. Franken mehr einbrächte.

Rund 250 Mio. Franken will der Bund im Funktionsbereich einsparen, das heisst bei den Personal- und Sachausgaben.

Zur Diskussion steht eine einmalige Einsatzprämie anstelle des Teuerungsausgleichs. Die Funktionsausgaben werden zudem mit Kreditsperren belegt. Dazu kommen Kürzungen von insgesamt 600 Mio. Franken bei den Transferausgaben. Definitiv entscheiden will der Bundesrat am 30. Juni.

Neues Entlastungsprogramm

2006 darf das strukturelle Defizit noch 1 Mrd. Franken betragen, 2007 muss es verschwunden sein.

Dank den konjunkturellen Überschüssen, die ein BIP-Wachstum von 2,3 bzw. 1,8% mit sich bringen soll, erwartet der Bundesrat 2006 ein Defizit von 600 bis 700 Mio. Franken, im Jahr 2007 aber einen Einnahmenüberschuss von 300 bis 400 Mio. Franken.

Auch in den Finanzplanjahren klafft indessen noch eine erhebliche Lücke. Der Bundesrat will sie mit einer mehrteiligen Strategie schliessen. Der nächste Schritt ist dabei das zweite Entlastungsprogramm, das so genannte EP 04, das die Rechnung 2006 um 1 Mrd. Franken und 2007 um 1,4 Mrd. Franken verbessern soll.

Über den Inhalt dieses Pakets, das offenbar nur wenige Gesetzesänderungen erfordert, war vom Bundesrat nichts Konkretes zu erfahren.

Lediglich den Zeitplan gab der Finanzminister bekannt. Nach den Sommerferien werden die Kantone und die Sozialpartner konsultiert. Die Botschaft soll den Räten vor der Wintersession zugeleitet werden.

Nochmals 1000 Stellen weniger?

Auf das EP 04 abgestimmt wird eine systematische Aufgabenverzichtsplanung (AVP). Laut Merz geht es vorab darum, den Verwaltungsapparat zu straffen und die Prioritäten bei der Aufgabenerfüllung zu überprüfen.

Allein im so genannten Funktionsbereich will der Bundesrat damit bis 2008 knapp 200 Mio. Franken einsparen.

Beim Personal führt die AVP zu Einsparungen von 80 bis 120 Mio. Franken, was ungefähr 1000 Stellen entspricht. Bereits mit dem Entlastungsprogramm 2003 werden etwa 800 der derzeit rund 34’000 Stellen abgebaut. Zusätzlich kommen im Verteidigungsdepartement deren 2500 dazu.

Der Bundesrat will den Stellenabbau sozialverträglich und möglichst ohne Entlassungen vollziehen. Deshalb soll jede zweite vakante Stelle bundesintern besetzt werden.

Hoffen auf das Parlament

Mit zur Strategie des Bundesrates gehören längerfristig auch tiefgreifende Systemreformen. Finanzminister Hans-Rudolf Merz nannte den Sozialbereich, die Hochschulen, die Bahnen und die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen.

Fürs erste hofft der Finanzminister vor allem, dass ihm nicht das Parlament einen Strich durch die Rechnung macht.

Sollte dieses bei der Verteilung der Goldreserven und der Nationalbankgewinne tatsächlich den Bund übergehen, müssten weitere Einnahmenausfälle von rund 1 Mrd. Franken kompensiert werden.

Ein drittes Sparpaket wäre dann laut Merz kaum zu vermeiden.

Die bürgerlichen Bundesrats-Parteien befürworten die Sparvorschläge des Bundesrats grundsätzlich. Die SVP lehnt aber Steuererhöhungen ab, während FDP und CVP lineare Kürzungen kritisieren. Die SP wirft dem Bundesrat Einseitigkeit vor.

economiesuisse zufrieden

Der Wirtschaftsdachverband économiesuisse begrüsst die Sparabsichten des Bundesrates. Nach Ansicht von économiesuisse besteht bis 2007 jedoch ein grösserer Korrekturbedarf, als dies der Bundesrat annimmt. Dieser liege etwa bei 3 bis 3,5 Mrd. Franken, sagte Pascal Gentinetta, Mitglied der Direktion von économiesuisse.

Beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) heisst es, das Sparprogramm beinhalte noch zahlreiche Unbekannte. Klar sei indes schon jetzt, dass die Finanzpolitik des Bundes nicht kohärent sei, so SGB-Sekretär Serge Gaillard.

Die Regierung beschliesse unnötige Ausgaben wie etwa für Panzer und Militärflugzeuge und schaffe es gleichzeitig nicht, die Finanzprobleme in den Griff zu kriegen.

swissinfo und Agenturen

Die Schuldenbremse lässt 2004 noch ein strukturelles Defizit von 2 Mrd. Franken zu.

Der Bundesrat rechnet für 2005 mit einem Defizit von 1,8 Mrd. Franken.

2006 erwartet die Regierung ein Defizit von 600 bis 700 Mio. Franken, im Jahr 2007 aber einen Einnahmen-Überschuss von 300 bis 400 Mio. Franken.

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