Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

China attraktiv für Schweizer Unternehmen

Sonnenaufgang in Shanghai, China Keystone

Während die Schweizer Wirtschaft seit Jahren um Dynamik kämpft, platzt die Volksrepublik China wirtschaftlich aus allen Nähten.

Das Knüpfen engerer wirtschaftlicher Beziehungen steht denn auch im Zentrum des Besuchs von Bundespräsident Pascal Couchepin im Reich der Mitte.

2003 wächst die Wirtschaft im Reich der Mitte um 7,5%. Viele Schweizer Unternehmen suchen deshalb in China neue Märkte und Perspektiven. Bei seinem fünftägigen Besuch in China wird Couchepin von einer Delegation der «Grossen» der Schweizer Wirtschaft begleitet.

Bereits sind mehr als 600 Schweizer Firmen in China präsent. Nach Angaben der Schweizer Botschaft in Bejing gibt es 121 Beteiligungs-Gesellschaften (Equity Joint Ventrues), 28 Vertrags-Gesellschaften (Contractual Joint Ventrues), 200 Firmenvertretungen Representative Offices), 130 selbständige Unternehmen (Wholly Foreign Owned Enterprises), 10 Holdings (Holding Companies) und 91 andere Mischformen von Unternehmen.

Auf der Suche nach Marktchancen

Vor zehn Jahren hatten Schweizer Firmen in China rund 4000 Personen beschäftigt, heute sind es mehr als 40’000 Menschen. Der Nahrungsmittelmulti Nestlé zählt allein 10’000 Mitarbeiter in 21 Fabriken und erzielt einen Jahresumsatz von mehr als 1 Mrd. Franken. Der stark in der Schweiz verwurzelte Technologiekonzern ABB hat 6500 Mitarbeiter in 17 Gesellschaften.

Schindler hatte die Marktchancen von China bereits 1980 erkannt. Der Liftbauer ist nach wechselhaftem Geschäftsgang heute mit 5 Gesellschaften vertreten und beschäftigt 2000 Personen.

Weitere Firmen wie Sulzer, Saurer, Geberit, Georg Fischer, Ems-Chemie, Bühler, Novartis, Roche, Clariant, Ciba, UBS, CS, Winterthur Versicherungen, Zurich Financial Services, Swiss Life und Swiss Re sind in China präsent.

Riesiger Binnenmarkt

Wie ist das Engagement der Schweizer Wirtschaft in China zu gewichten? Was hat das Land ausser tiefen Löhnen und einem unerschöpflichen Reservoir an Arbeitskräften der Hochpreisinsel Schweiz zu bieten?

Während die Wachstumsperspektiven auf dem chinesischen Binnenmarkt unerschöpflich scheinen, ist die Lage im bilateralen Handel noch ausbaufähig.

Der ostasiatische Riese erweist sich im Bereich der Aussenwirtschaft als Bonsai, die meisten Kräfte sind im Binnenmarkt gebunden. China ist zwar 230 Mal so gross wie die Schweiz, der Aussenhandel des Landes war im Jahre 2002 mit 620 Mrd. Dollar aber nur drei Mal grösser als die Aussenwirtschaft der Schweiz (190 Mrd. Dollar).

Grösse ist nicht alles

Schweizer Unternehmen, die den Schritt nach Fernost gewagt haben, setzen vor allem auf den Produktions-Standort China und erst in zweiter Linie auf den Aspekt des bilateralen Handels. Präsenz vor Ort scheint alles zu sein. Handelsvertretungen sind für die Chinesen längerfristig kaum attraktiv.

Die bilateralen Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und China wachsen noch nicht in den Himmel. Nur 0,2% der chinesischen Exporte gehen in die Schweiz, und die Importe betragen 0,7% des Gesamtvolumens, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) meldet.

Immerhin ist China nach Japan in Asien der zweitwichtigste Handelspartner der Schweiz; im weltweiten Vergleich nimmt China im schweizerischen Aussenhandel die Position 12 ein.

Krisenresistente Wirtschaft

Das Reich der Mitte steht erst am Anfang des Wirtschaftsbooms. Chinas Wirtschaft hat sich in den vergangenen Jahren als krisenresistent gezeigt. So hatte China 1997 den ostasiatischen Börsencrash fast unbeschadet überstanden.

Auch die Mitgliedschaft bei der Welthandels-Organisation WTO (seit November 2001) hat das internationale Ansehen von China als Wirtschaftspartner gefördert. Schliesslich hat China die Sars-Krise ohne namhafte Einbrüche gemeistert.

Stabilität zieht Investoren an

Diese Stabilität des Reichs der Mitte beeinflusst das Investitionsverhalten der ausländischen Geldgeber. Im vergangenen Jahr flossen aus dem Ausland erstmals mehr Mittel nach China als in die USA.

Schweizer Unternehmen waren im Jahr 2002 an den Totalinvestitionen von 72 Mrd. Franken mit 270 Mio. Franken beteiligt. Im Gesamten wird das Schweizer Finanzengagement in China mit rund 2 Mrd. Franken beziffert.

China hat allerdings den Schweizer Firmen nicht nur Erfolgsgeschichten beschert. Das fremde Wertesystem des Landes, der nach wie uneingeschränkte Führungsanspruch der kommunistischen Partei, die Korruption sowie die mangelnde Rechtssicherheit und die fehlende Transparenz im Bereichs geistigen Eigentums machen Investitionen in China nach wie vor risikoreich.

Von Rückschlägen lernen

Der in der Textil- und Autoindustrie tätige Industriekonzern Rieter aus Winterthur setzte bereits 1990 auf China, scheiterte jedoch 1998 wegen Unstimmigkeiten mit den lokalen Partnern. Nach einem Neuanfang produziert Rieter heute in Changzhou erfolgreich Textilmaschinen für den lokalen Markt und exportiert nach Bangladesh und Indien. Im Auto-Bereich baut Rieter zusammen mit einem japanischen Partner ein Werk auf, um von den extrem hohen Wachstumsraten der chinesischen Autoindustrie zu profitieren.

Auch die Schweizer Versicherungsbranche und die Banken haben in China nicht nur positive Erfahrungen gemacht. Die Winterthurer Versicherung sicherte sich 1996 in China eine Teillizenz. Viel mehr als eine Beteiligung bei einem chinesischen Versicherer ist daraus bisher nicht geworden. Swiss Life zog sich im vergangenen Jahr aus China zurück.

Der Schweizer Tourismus hofft auf China

Auch der Schweizer Tourismus hofft, sich eine Scheibe vom Wirtschaftsboom in China abzuschneiden.

Schon am ersten Tag seines fünftägigen Besuchs konnte Bundespräsident Pascal Couchepin in dem Zusammenhang einen Erfolg verbuchen. Schon 1998 hatte die Schweiz den Tourismus fördernden Approved Destination Status (ADS) beantragt. Jetzt billigte China der Schweiz diesen Status zu, vom dem sich die Schweizer Tourismusindustrie einiges erhofft.

Ob die Schweiz mit einer ADS-Lizenz dereinst zum bevorzugten Reiseland der Chinesen wird, bleibt dahingestellt. Im vergangenen Jahr hatte die Schweiz 120’000 Logiernächte von Chinesen verzeichnet.

Das touristische Potenzial von China schläft noch. Von den 1,3 Mrd. Chinesen und Chinesinnen sollen im letzten Jahr weniger als 10 Mio. ins Ausland gereist sein, wie Experten berichten. Doch schon heute ist klar: Nur jene Länder werden vom wachsenden Tourismusstrom aus China in Zukunft profitieren können, die von China den ADS-Status erhalten.

swissinfo, Erwin Dettling

Bundespräsident Pascal Couchepin besucht vom 20. bis 24. November mit einer namhaften Wirtschafts-Delegation China.

Gleich zum Auftakt des Besuchs konnte die Schweizer Delegation einen Erfolg verbuchen: China billigte der Schweiz den seit langem ersehnten Approved Destination Status (ADS) zu, womit Chinesen das Reisen in die Schweiz erleichtert wird.

Handel Schweiz-China

1990
Export: 415 Mio. Fr.
Import: 419 Mio. Fr.

2002
Export: 2047 Mio. Fr.
Import: 2207 Mio. Fr.


Aussenhandel China 2002

Export 325,7 Mrd. USD
USA: 21, 5%
Hong Kong: 18%
Japan: 14,9%
EU: 14.8%
Deutschland: 3,5%
Schweiz:0,2%

Import 295,2 Mrd. USD
Japan: 18,1%
Taiwan:12,9%
USA: 9,2%
EU: 13,1%
Deutschland: 5,6%
Schweiz: 0,7%

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft