China-Mission mit wenig konkreten Ergebnissen
Wirtschaftsministerin Doris Leuthard kommt ohne viel Handfestes aus China zurück. Immerhin konnte die Tür für ein angestrebtes Freihandelsabkommen geöffnet werden.
Beim heiklen Thema Raubkopien beschränkte sich der Fortschritt auf eine Absichtserklärung. Trotzdem gab sich Leuthard zuversichtlich: China habe erkannt, dass der Schutz geistigen Eigentums auch in seinem Interesse sei.
«Es war ein Start mit einem Highlight», sagte Leuthard am Freitag in Guangzhou im Süden des Landes. Sie spielte auf das Treffen mit dem chinesischen Handelsminister Bo Xilai in Peking vom vergangenen Sonntag an.
Leuthard hatte Bo dabei ein Zugeständnis für ein mögliches Freihandelsabkommen entlockt: Beide Länder vereinbarten, Machbarkeitsstudien in Auftrag zu geben. Einziger Schönheitsfehler: die Studien werden vorerst getrennt durchgeführt.
Erst am Anfang
«Wir müssen nun den Druck aufrechterhalten», sagte Leuthard. Entscheidend sei, ob Bo die Einladung ans Weltwirtschaftsforum (WEF) nach Davos annehme.
Begünstigt hat das chinesische Entgegenkommen, dass die Schweiz China als Marktwirtschaft anerkannte. Diese Karte hat Leuthard im richtigen Moment gespielt.
Bisher haben in Europa nur Island und Norwegen dem Reich der Mitte den Status einer Marktwirtschaft zugesprochen, während die EU noch zögert. Auch Norwegen ist in Sachen Freihandelsabkommen auf der Stufe Machbarkeitsstudie, mit Island gab es bereits eine erste Verhandlungsrunde.
Ins Hintertreffen gerieten – wohl um die Option Freihandelsabkommen nicht zu gefährden – die hohen Steuern auf Luxusuhren und die teils massiven Importzölle auf Industriegütern. Leuthard sprach das Thema zwar an, erzielte aber kein konkretes Resultat.
Zwischen Zuversicht und Realismus
Einen Schritt weiter ist die Schweiz indes beim Schutz des geistigen Eigentums, wo beide Länder eine Absichtserklärung unterzeichneten. Ob dadurch das grassierende Kopieren von Produkten, Maschinen und technischen Verfahren wirksam eingedämmt werden kann, bleibt offen.
Leuthard und economiesuisse-Präsident Gerold Bührer gaben sich jedoch zuversichtlich. China habe erkannt, dass es auch in seinem Interesse sei, geistige Leistungen zu schützen.
Hürden gibt es derweil nach wie vor für die Pharmaindustrie, welche sich über langwierige Zulassungsverfahren beklagt. Noch nicht eben ist das Terrain auch für die Banken, auch wenn in den letzten Jahren erhebliche Liberalisierungsschritte gemacht wurden.
Umwelt und Menschenrechte
Einen tiefen Eindruck hinterliessen bei Leuthard die gravierenden Umweltprobleme. Hier sei China gefordert. Für die Schweiz ergebe sich die Chance, «mit intelligenten Lösungen aufzufahren». Dies will sie gemeinsam mit der Wirtschaft forcieren.
Ein Spannungsfeld sei zudem die Kluft zwischen Arm und Reich und der Umstand, dass die Regierung hart gegen Demonstrationen vorgehe. Leuthard verwies dabei auf den Menschenrechtsdialog, den die Schweiz und China seit 1991 führen.
Die Bundesrätin nahm das Wort Menschenrechte bei den Treffen jedoch nicht in den Mund. Bei einem Gespräch mit Vizepremier Hui Liangyu sprach sie sich lediglich für eine Verbesserung der «Bedingungen für die Menschen» aus. Hier hätte man sich eine mutigere Haltung gewünscht.
Am Samstag reist die Doris Leuthard weiter nach Vietnam.
swissinfo und Matthias Kägi (sda), in Peking
China ist eines der Schwerpunktländer des Schweizer Aussenhandels.
Die Maschinenindustrie steuerte 2005 fast die Hälfte aller Schweizer Exporte nach China bei, 10% die chemische und 10% die Uhrenindustrie.
2002 eröffnete die Schweiz in Peking, Schanghai und Guangzhou so genannte Business Hubs, um die Aktivitäten und Investitionen von Schweizer Unternehmen in China zu fördern.
Beim Besuch einer von der Schweiz mitfinanzierten Fabrik in Chengdu wurde die Wirtschaftsministerin durch den Umstand überrascht, dass einige Arbeiter sehr jung zu sein schienen.
Sie habe mit einem der Jungen gesprochen, sagte Leuthard. Er habe ihr erklärt, 17 Jahre alt zu sein und ein Praktikum zu machen. «Ich hatte aber den Eindruck, dass er jünger ist», so Leuthard.
Man müsse mit voreiligen Schlüssen vorsichtig sein. Trotzdem wolle sie der Sache nachgehen, sagte Leuthard. Es sei im Interesse der Schweiz, dass dort keine Kinderarbeit herrsche.
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