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Christa Joss: Das Ruder in der Hand

Christa Joss, neue Geschäftsführerin der Alternativen Bank Schweiz (Bild: ABS) abs.ch

Die neue Geschäftsführerin der Alternativen Bank Schweiz (ABS) heisst Christa Joss. Auch ihre VR-Präsidentin ist eine Frau.

Damit ist die ABS die erste Schweizer Bank, welche mit Christa Joss und Claudia Nielsen die beiden höchsten Positionen mit Frauen besetzt hat.

«Ich bin kein Karrieremensch», sagt Christa Joss, die neue Geschäftsführerin der Alternativen Bank Schweiz (ABS). Trotzdem steht sie heute als eine von wenigen Frauen an der Spitze einer Bank.

Als Kajak-Lehrerin und Raftguide ist sie es gewohnt, das Ruder fest in die Hand zu nehmen. Bei der Arbeit wirkt sie so gut gelaunt und unbekümmert, als handle es sich um ein Freizeitvergnügen.

«Mich interessiert nicht die Position, sondern die Herausforderung», meint Joss. So leicht ihr die Arbeit von der Hand geht, so hartnäckig kann sie sein.

Dazu sagt ihr ehemaliger Chef bei der Migrosbank, Hans Osterwald: «Was sie sich in den Kopf gesetzt hat, das zieht sie durch» – und meint es durchaus positiv.

Vom KV bis zum Master of Business

«Durchgezogen» hat die 43-jährige Christa Joss schon Einiges: Nach der kaufmännischen Lehre (KV) und verschiedenen Bankfach- und Führungsausbildungen absolvierte sie die Swiss Banking School und schloss in St. Gallen mit dem Master of Business ab.

Bei der Migrosbank leitete sie zuerst den Kreditbereich einer Niederlassung, zuletzt war sie Leiterin Business Engineering in Zürich und Mitglied der Direktion. Dazwischen absolvierte sie die Matura, begann ein Medizinstudium und brach es wieder ab, «weil ich schon zu viel Eigenverantwortung gewöhnt war.»

Raftguide, Schweisserin und Designerin

Neben alldem fand Christa Joss Zeit für andere Kraftakte: Neben dem Rafting und Kajakfahren betätigte sie sich als Hobby-Schweisserin. Auch designte sie Rucksäcke für das Unternehmen ihres Lebenspartners, eines Bergführers.

Mit Christa Joss an der Spitze der Geschäftsleitung und Verwaltungsrats-Präsidentin Claudia Nielsen ist die ABS fest in Frauenhand.

Dies ist laut eigenen Angaben einzigartig in der Schweiz, wie auch Umfragen bei den Bankverbänden ergaben. Als Bankerin sei sie oft die einzige Frau auf weiter Flur gewesen, konstatiert Christa Joss.

Sie habe aber nicht hart kämpfen müssen: «Glücklicherweise standen meine Vorgesetzten Frauen positiv gegenüber und stellten mich wegen meiner Ausbildung, Erfahrung und Leistung an.»

Joss strahlt Selbstvertrauen, aber nicht Überheblichkeit aus: «Ich habe meinen Stil immer behalten.» Ihre Art zu führen bezeichnet sie insofern als weiblich, als dass «weiche» Faktoren wie Sozialverhalten und Motivation für sie ebenso wichtig seien wie messbare Leistung.

Sie scheue sich aber nicht vor harten Entscheiden, «wenn es nicht anders geht». Und fügt an: «Auch Männer können so führen – aber sie haben häufig Angst, als ‹Softie› abqualifiziert zu werden.»

Ethische Werte wichtig

«Prestige ist mir egal», sagt Christa Joss unverblümt. Der Wechsel zu einer kleineren Bank bedeute für sie kein beruflicher Abstieg: «Es ist es mir wert, weniger zu verdienen und dafür andere Werte hochzuhalten», und verweist auf die nachhaltige Ausrichtung der ABS.

Diese habe sie schon seit ihren Anfängen beobachtet: So wurde die ABS vom Reiseausrüstungs-Unternehmen Transa mitbegründet, in dessen Verwaltungsrat Christa Joss heute sitzt. Dass sie die ABS eines Tages selbst führen werde, hätte sie nicht gedacht, wäre sie doch beinahe aus dem Bankengeschäft ausgestiegen.

Umso mehr freut sie sich auf die Aufgabe: «Das Potenzial der ABS ist eine Herausforderung», sagt Christa Joss. Sie sehe für diese Bank mehr Möglichkeiten, als sie gegenwärtig wahrnehme.

Damit die ABS ihre Chancen nutzen könne, brauche es mitunter Veränderungen. So werde man etwa über den Ausbau des Beratungsgeschäftes nachdenken.

swissinfo, Dominique Schärer, InfoSüd

Die ABS-Kundschaft kann ihr Geld mit klar bestimmter und kontrollierbarer Zweckverwendung anlegen (Möglichkeit für ethische Geldanlagen).

In ihrem Geschäftsbericht veröffentlicht die ABS eine Liste aller Kreditnehmenden.

Seit 2004 gewährt sie für nachhaltiges Bauen eine neuartige Hypothek mit speziellen Zinsvergünstigungen.

Sie macht auch bei der neuen Mikrokredit-Anlageplattform «responsAbility» mit.

Die ABS wurde 1990 gegründet und hat eine Bilanzsumme von 650 Mio. Franken.
Mit Hauptsitz in Olten, beschäftigt sie rund 50 Angestellte und hat Filialen in Lausanne, Genf und Zürich sowie demnächst im Tessin.
Die ABS setzt ethische Grundsätze an die Stelle von Profitmaximierung:
Sie fördert ökologische Vorhaben (alternative Energien, Verkehr, ökologische Produktion und Landwirtschaft, nachhaltiges Bauen), Frauenprojekte, soziale Einrichtungen sowie Friedens- und Entwicklungsprojekte.

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