Credit Suisse auf dem Weg zur Vorkrisenzeit
Die Credit Suisse (CS) erzielte 2009 einen Reingewinn von 6,7 Mrd. Franken. Dies entspricht dem drittbesten Ergebnis in ihrer Firmengeschichte. Und trotzdem verfehlte sie die Einschätzung der Analysten.
Im Vorjahr dagegen hatte die Credit Suisse Group, gebeutelt durch die Finanzkrise, einen Verlust von 8,2 Milliarden eingefahren, primär wegen dem Minus im Investmentbanking.
Die CS-Aktien kletterten am Donnerstag zunächst um fast 3% auf 47,65 Fr. Zuletzt lag der Kurs ein Prozent höher auf 46,54 Fr. Die Bank hat mit ihrem Ergebnis die Analystenschätzungen zwar verfehlt, sich aber positiv über die weiteren Aussichten geäussert und eine Dividendenerhöhung von 0,10 auf 2 Fr. vorgeschlagen. Dies mache die Aktie attraktiv, so Analysten.
Im Berichtsjahr 2009 hat das CS-Investmentbanking – im Gegensatz zu ihrer Konkurrentin UBS – in allen vier Quartalen Gewinne geschrieben.
Insgesamt spülten die Investmentbanking-Aktivitäten, welche die CS im Zuge der Finanzkrise neu ausgerichtet hat und nun mit weniger Risiko behaftet sind, im vergangenen Jahr 6,8 Mrd. Franken in die Konzernkasse.
Weiterhin neue Kundengelder
Im Geschäftsfeld Vermögensverwaltung (Private Banking), in welchem auch das Schweizer Geschäft eingebunden ist, ist der Vorsteuergewinn der Credit Suisse dagegen gesunken. Er ging von 4,2 Mrd. Franken im 2008 auf 3,7 Mrd. Franken zurück. Im Gegensatz zur Konkurrentin UBS fliessen der CS in diesem Bereich auch weiterhin neue Kundengelder zu.
Der Nettoneugeldzufluss belief sich letztes Jahr für die Division Private Banking auf 41,6 Mrd. Franken. In der ganzen Gruppe betrug der Zufluss 44,2 Millarden. Zum Vergleich: Bei der UBS haben die Kunden total 147 Milliarden abgezogen.
Total verwaltete die Credit Suisse Group Ende 2009 Vermögen in der Höhe von 1,23 Billionen Franken, 11,1% mehr als ein Jahr zuvor.
Busse in den USA ist spürbar
Dass der Reingewinn des Schlussquartals 2009 mit 793 Mio. Franken unter den Ergebnissen der Vorquartale zu liegen kam, ist einerseits auf die allgemein schwächere Marktsituation im Investmentbanking zurückzuführen.
Andererseits hat die CS den US-Behörden auch eine Busse von 445 Mio. Franken zahlen müssen, weil sie Sanktionen der USA gegen den Iran und andere Länder verletzt hat.
Optimistischer Dougan
Laut CS-Konzernchef Brady Dougan hat sich die Situation im 2010 bereits wieder gebessert. «Unsere Auftragslage und die Netto-Neugelder sind so gut wie noch nie seit der Finanzkrise», wird Dougan in einer Medienmitteilung der Grossbank zitiert.
Freuen dürfen sich auch die Aktionäre über das Ergebnis: Der Verwaltungsrat schlägt der Generalversammlung eine Dividende von 2 Franken pro Aktie vor. 2008 betrug diese 10 Rappen.
Boni tiefer als 2007
Obwohl die CS mit dem Ergebnis 2009 wieder an jene von vor der Finanzkrise anknüpft, zahlt die Grossbank nach eigenen Angaben weniger Boni aus.
Im Vergleich zu 2007, als die CS einen Reingewinn von fast 7,8 Mrd. Franken erzielte, fallen die Boni für 2009 um 21% tiefer aus. Durchschnittlich erhält jeder der 47’600 CS-Mitarbeiter demnach eine Bonuszahlung von 144’000 Franken.
40% dieser variablen Vergütungen würden aufgeschoben, und ihre spätere Auszahlung hänge von der Leistung über mehrere Jahre ab, wie die CS mitteilte. Die Geschäftsleitung erhielt sogar ihre gesamten Bonuszahlungen in dieser Form.
swissinfo.ch und Agenturen
Obwohl Marktbeobachter den Ausblick für Credit Suisse als ermutigend bezeichnen, sprechen die Kommentatoren der Privatbank Wegelin von einem «durchzogenen Zahlenkranz».
Erklärungsbedarf sehen sie insbesondere bei dem unter den Erwartungen ausgefallenen Reingewinn.
Auch für die Zürcher Kantonalbank (ZKB) blieb die Bank hinter den Prognosen zurück.
Für die negative Überraschung sei das Investment Banking verantwortlich, schrieb ZKB-Bankenexperte Andreas Venditti in seinem Kommentar.
Besonders in ihrer Paradedisziplin, dem Anleihenhandel, weise die CS einen klar stärkeren Rückgang aus als ihre Konkurrenten im Durchschnitt.
Es stelle sich deshalb die Frage, ob dies lediglich eine saisonale Abschwächung sei.
Am 5. Juli 1856 gründete der Politiker, Wirtschaftsführer und Pionier Alfred Escher die Schweizerische Kreditanstalt.
Der ursprüngliche Zweck der neuen Bank bestand darin, den Ausbau des Eisenbahnnetzes (z.B. die Nordostbahn) und die Industrialisierung in der Schweiz zu finanzieren.
Die Credit Suisse ist heute in mehr als 50 Ländern tätig und beschäftigt über 47’000 Mitarbeitende aus ungefähr 100 verschiedenen Nationen.
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