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Dämpfer für Schweizer Wirtschaft

Abgeschwächtes Wirtschaftswachstum in Sicht. swissinfo.ch

Die Schweizer Wirtschaft muss nach den jüngsten Prognosen des Bundes dieses Jahr mit einer Abschwächung des Wachstums rechnen.

Laut dem Staatssekretariat für Wirtschaft wird das Bruttoinland-Produkt bloss um 1,5% wachsen, statt den erwarteten 2,0 Prozent.

Wie zum Jahresbeginn angekündigt, nahm die Expertengruppe Konjunkturprognosen im Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) ihre Wachstumsprognose am Freitag zum zweiten Mal in Folge zurück.

Das reale Bruttoinlandprodukt (BIP) wird sich demnach 2005 noch um 1,5% erhöhen, verglichen mit 1,8% im letzten Jahr. Im Oktober hatten die Ökonomen des Bundes noch ein Wachstum von 2,0% vorausgesagt, im letzten August sogar 2,3%.

Abschwächung der EU-Konjunktur und Dollarschwäche

Seco-Chefökonom Aymo Brunetti begründete die spürbar reduzierte Prognose vor allem mit der deutlichen Abschwächung der EU-Konjunktur in den vergangenen drei Monaten. Zudem wirke sich die Dollarschwäche nun doch stärker aus.

Als dritten Grund für die gedämpften Aussichten nennen die Bundesökonomen die ungünstige Lage auf dem Arbeitsmarkt. Hier musste das seco in den vergangenen sechs Monaten am deutlichsten über die Bücher.

Im August letzten Jahres sagten die Konjunkturexperten des Bundes noch einen Rückgang der Arbeitslosenquote auf 2,8% für 2005 voraus. Im Oktober wurde die Prognose dann auf 3,4% erhöht. Nun rechnet das seco mit 3,7%, was nur noch einer minimen Verbesserung im Vergleich zu den 3,9% für 2004 gleichkommt.

Serge Gaillard, Ökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), rechnet für 2005 ebenfalls mit einer Arbeitslosenquote von 3,7%. Um zur Vollbeschäftigung zurückzukehren, brauche es während drei, vier Jahren ein Wirtschaftswachstum von 2,5 bis 3%.

Andere zuversichtlicher

Für das laufende Jahr rechne er aber weiterhin nur mit 1,8%, sagte Gaillard. Die meisten Banken und Verbände prognostizieren (noch) ein BIP-Wachstum von 1,6 bis 2,0%.

Allerdings deutet auch das am Freitag veröffentlichte jüngste KOF-Konjunkturbarometer auf eine Abkühlung. Im ersten Semester 2005 sei mit weniger Wachstum als im Vorjahr zu rechnen. Das Barometer sank auf den Stand von 0,42 nach 0,50 und 0,58 in den beiden Vormonaten.

Keine dauerhafte Abkoppelung des Arbeitsmarktes

Einmal mehr stellt sich damit die Frage, ob der Aufschwung nicht ganz am Arbeitsmarkt vorbeigeht. «Wir haben uns diese Frage laufend gestellt und die Situation sehr genau angeschaut», sagte Brunetti. Nach wie vor deute aber nichts darauf hin, dass sich der Arbeitsmarkt dauerhaft von der Konjunktur abkoppele.

Die gestiegene Arbeitsproduktivität habe im bisherigen Aufschwung eine starke Rolle für die ausgebliebene Reaktion auf dem Arbeitsmarkt gespielt. Zudem zeigten die Kontakte mit den Unternehmern, dass vielerorts dem Aufschwung noch nicht ganz getraut werde. Deshalb werde mit der Einstellung neuer Arbeitskräfte gezögert. Kehrt das Vertrauen zurück, kann sich die Situation laut Brunetti aber entsprechend rasch ändern.

Keine Rezession

Der Chefökonom im Eidg. Volkswirtschafts-Departement (EVD) erinnerte zudem daran, dass sich die Schweiz keineswegs in einer Rezession befinde, was manchmal etwas in Vergessenheit gerate.

Im Jahresverlauf sollte sich die Situation verbessern, und 2006 könne wieder mit einem Wachstum von 1,8% gerechnet werden. Das ist zwar über dem Trend der letzten 20 Jahre, für eine Aufschwungphase nach der Flaute zwischen 2001 bis 2003 allerdings eher bescheiden, wie das seco schreibt.

Teuerung keine Gefahr

Keine Gefahren drohen im Urteil der Bundesexperten von der Teuerung: Sie nahmen die Inflationsprognose für 2005 von 1,3 auf 0,9% zurück. Angesichts der mässigen Konjunktur und stagnierender Ölpreise werde die Teuerung tief bleiben.

Und bei den Zinsen gehen sie nur von einer leichten Erhöhung des rekordtiefen Niveaus aus. Ohne die Politik der Nationalbank beeinflussen zu wollen, verwies Brunetti auf die bisher geübte Zurückhaltung der Zentralbanken.

Exporte bleiben wichtig

Die Exporte werden laut seco eine wesentliche Konjunkturstütze der Schweizer Wirtschaft bleiben.

Der private Konsum werde vorerst durch die Angst vor Arbeitslosigkeit gedämpft, dürfte jedoch weiterhin wachsen können.

swissinfo und Agenturen

seco-Prognosen 2005:

Wachstums-Prognose 2005 Bruttoinlandprodukt (BIP): 1,5%

Reales Wachstum (BIP) 2004: 1,8%

Arbeitslosenquote-Prognose 2005: 3,7%

Reale Arbeitslosenquote 2004: 3,9%

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) nimmt seine Wachstumsprognose um einen halben Punkt zurück und korrigiert die Arbeitslosenquote nach oben.

Die vom seco vorgenommene Reduktion der Wachstumsprognose um 0,5%-Punkte würde das Bundesbudget um 360 bis 520 Mio. Franken verschlechtern. Das Defizit des Bundes, das nach dem Parlamentsbeschluss 1,798 Mrd. Franken betrug, würde sich auf deutlich über 2 Mrd. Franken erhöhen.

Im Eidg. Finanzdepartement (EFD) wurde am Freitag daran erinnert, dass der Voranschlag auf Grund der Prognosen zum Zeitpunkt der Verabschiedung erstellt und danach nicht mehr geändert wird. Neue Prognosen flössen aber in die Finanzplanung ein.

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