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Das KVG wird revidiert

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Der Ständerat hat die zweite Revision des Krankenversicherungs-Gesetzes (KVG) angepackt. Umstritten waren die so genannte Spitalfinanzierung, die Höhe der Prämien und die freie Arztwahl. Die Debatte über den heiklen Punkt, die Aufhebung des Vertragszwanges mit allen Ärzten, wird verschoben.

Sieben Jahre alt ist das Kranken-Versicherungs-Gesetz. Und kaum ein Gesetz ist so umstritten wie das KVG. Drei Ziele verfolgte es, eines hat es erreicht: Die Lücken im so genannten Leistungskatalog sind (weitgehend) geschlossen.

Nicht ganz erreicht wurde das Ziel, die Solidarität zu stärken: Kantone sollten sich zusammen mit den Krankenkassen an den Kosten stationärer Behandlungen beteiligen. Das «Wie» ist jedoch umstritten, der Geldfluss der Kantone sinkt kontinuierlich. Die soziale Abfederung des KVG wird dadurch geschwächt.

Eine Kosteneindämmung, das dritte Ziel, wurde nicht erreicht. 1999 betrug die Kostensteigerung in der obligatorischen Krankenpflege-Versicherung immer noch über 4%.

Die strittigen Punkte…

Die Vorschläge der vorberatenden Kommission für die zweite Revision sind nicht minder umstritten als das KVG. Bei der Spitalfinanzierung sollen sich Kantone und Krankenversicherer sämtliche Investitions- und Betriebskosten hälftig teilen. So auch die Behandlungskosten der Leistungen, die im so genannten Leistungs-Katalog der obligatorischen Kranken-Versicherung aufgeführt sind. Im Klartext: Die Kantone sollen sich auch an den Kosten der Privat- und Halbprivat-Versicherten beteiligen. Die Kantone rechnen dabei mit Mehrkosten von mindestens 1 Milliarde Franken.

Umstritten ist auch der Vorschlag den Vertragszwang aufzuheben. Im ambulanten Bereich sollen Krankenkassen nicht mehr mit jedem Arzt einen Vertrag abschliessen müssen. Die Arztwahl würde damit eingeschränkt. Laut dem St. Galler Gesundheits-Ökonom Willy Oggier könnten damit Überkapazitäten abgebaut werden – bis zu 30%.

Weniger umstritten ist die 8%-Klausel. Die maximale Prämienbelastung soll 8% des Haushaltseinkommens nicht überschreiten. Die Bundesmittel für die Prämienverbilligung sollen um rund 300 Mio. Franken erhöht werden – auf 2,4 Milliarden. Diese Klausel gilt als indirekter Gegenvorschlag zur so genannten Gesundheits-Initiative der Sozialdemokraten, die die Kopfprämien abschaffen will.

…die Gründe für den Streit

Weil die Kantone sich an den Behandlungskosten der Privat- und Halbprivat-Versicherten beteiligen sollen, seien diese die grossen Gewinner, kritisiert beispielsweise die Zürcher Gesundheitsdirektorin Verena Diener die Revision.

Gesundheitsministerin Ruth Dreifuss, wehrt sich hingegen gegen die Aufhebung des Vertragszwangs. Dieser sei ein «Hammerschlag auf ein komplexes Uhrwerk», wird die Gesundheitsministerin in der Berner Zeitung zitiert. Es sei ein Systemwechsel, der das Obligatorium der Krankenversicherung in Frage stelle.

Der Ständerat trifft erste Entscheide und vertagt

Die Prämienlast auf 8% des Haushaltseinkommens zu plafonieren, fand am Dienstag in der Kleinen Kammer, dem Ständerat, Rückhalt.

Mittelfristig will die Kleine Kammer die Spitalfinanzierung zu einer so genannt «monistischen» Finanzierung überführen. Die Krankenkassen sollen dann alleine für die Spitalkosten aufkommen, die Kantone müssten Prämienverbilligungen auszahlen.

Einige Mitglieder des Ständerates als Vertreter der Kantone wehrten sich gegen diese Mittelfristigkeit hin zum «monistischen» System. Sie wollten dieses System sofort einführen, denn die geplante hälftige Spitalfinanzierung kostet die Kantone rund 1 Milliarde Franken.

Die Detailberatungen finden am Donnerstag statt.

Rebecca Vermot

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