Davos: Deiss fordert zum Dialog auf
Der Schweizer Bundespräsident Joseph Deiss hat am Mittwochabend das 34. Weltwirtschaftsforum in Davos offiziell eröffnet.
Er rief die über 2100 Teilnehmenden am Forum auf, gemeinsam mehr zu tun, um Konflikte beizulegen und zu verhindern.
«Die Vertreter der Wirtschaft sollten einen Beitrag für den sozialen Frieden leisten und ihren Anteil an ethischer Verantwortung tragen», sagte Deiss. Die Themen Sicherheit und Wohlstand würden alle betreffen.
Bundesrat Deiss forderte Bürgerinnen und Bürger aller Nationen dazu auf, Demokratie, Dialog und Partnerschaft zu fördern. «Sicherheit und Wohlstand, zwei Werte, die einander gegenseitig bedingen, die aber längst nicht für alle Realität sind.»
Zahlreiche Länder seien zerrissen von Wirren und Krieg. Doch auch Armut treffe immer mehr Menschen, «Sogar in der Schweiz hat die Not der Bevölkerung zugenommen», sagte der Bundespräsident.
WTO-Verhandlungen beleben
Deiss kündigte zugleich einen neuen Anlauf an, um die festgefahrenen Welthandels-Gespräche wieder in Gang zu bringen. Er sei zuversichtlich, dass die so genannte Doha-Runde positiv abgeschlossen werden könne.
«Aus diesem Grund habe ich den WTO-Generaldirektor und die in Davos anwesenden Handelsminister zu einer Standortbestimmung eingeladen», sagte Deiss.
Liberalisierung könne sich nicht in einem rechtlichen Vakuum vollziehen. Deshalb engagiere sich die Schweiz in der Verhandlungsrunde von Doha. «Alle Mitgliedsstaaten sollen gleiche Chancen haben, ihre Forderungen einzubringen», sagte Deiss.
Gespräche über Sicherheit
Rund 20 Handelsminister und Staatschefs sollen an den Gesprächen am fünftägigen Davos-Forum teil nehmen. Handelsfragen, die Konflikte im Nahen Osten und Sicherheit gelten als Schwerpunktthemen am diesjährigen WEF-Gipfel.
«Hier in Davos, umgeben von mehreren Tausend Soldaten und Polizisten, steht es uns wohl an, über Sicherheit und Wohlstand zu sprechen», sagte Deiss.
«Ein einziger terroristischer Akt kann alles in Frage stellen», sagte er.
Clinton-Rede
Einer der Ehrengäste am diesjährigen WEF ist der ehemalige US-Präsident Bill Clinton. In einer zeitweise emotionalen Rede beklagte Clinton das Fehlen systematischer Ansätze zur Lösung der Weltprobleme.
Die besten Ideen und Initiativen seien nutzlos, wenn das System fehle, diese umzusetzen – und zwar weltweit, sagte Clinton. Der Austausch guter Ideen am WEF genüge nicht. Es gehe darum, die Lage für Milliarden Menschen zu verbessern.
Viele Arme und Menschen aus der Mittelklasse fühlten sich wegen der Globalisierung fremd in der modernen Welt. Clinton mahnte die WEF-Teilnehmenden, sie sollten «den Sinn des Lebens verteidigen, nicht nur das Geld.»
Optimistischer Kielholz
Einige hochrangige Wirtschaftsführer und nicht weniger als fünf der sieben Bundesräte vertreten die Schweiz in Davos.
Walter Kielholz, Credit Suisse-Chef, sagte gegenüber swissinfo, dass er Davos als Möglichkeit betrachte, seine Perspektive zu erweitern. Vor allem ist Davos nicht einfach «ein Haufen reicher Leute», sagte der Banker.
«Es ist im Gegenteil eine Gruppe von sehr interessanten Menschen; darunter gibt es natürlich viele Wohlhabende, aber sie alle haben etwas Interessantes zu sagen.»
Laut Kielholz ist der diesjährige Gipfel der erste seit drei oder vier Jahren, wo wieder etwas Optimismus herrscht.
«Ich erlebte die WEF-Tagungen der späten Neunziger Jahre – sie waren vom einem hysterischen Klima geprägt. Verrückt.»
«Dann gab es extrem niederdrückende Konferenzen wie der New York-Gipfel nach dem 11. September 2001.»
«Aber nun spüre ich, dass der richtige Sturm vielleicht vorbei ist und wir langsam aufatmen können.
swissinfo, Jacob Greber in Davos und Agenturen
(Übertragung aus dem Englischen: Monika Lüthi)
Die frühere UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson, hat am Mittwoch in Davos eine Gegenveranstaltung zum WEF eröffnet. Dabei betonte sie die Verantwortung der Unternehmen für das Gemeinwohl.
Robinson erwähnte die Bedeutung der UNO-Menschenrechts-Normen für transnationale Unternehmen. Sie erinnerte daran, dass es eine grundsätzliche Verantwortung im Zusammenleben der Menschen gebe, denen sich auch die Wirtschaft nicht entziehen dürfe.
Veranstaltet wird das «Public Eye»-Treffen zum fünften Mal von der entwicklungs-politischen Organisation «Erklärung von Bern» und von Pro Natura. Sie verstehen sich als globalisierungs-kritischer Kontrapunkt zum WEF.
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