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Der Ausverkauf des Schweizer Kreuzes

Schweizerkreuz - Hoheitsmarke und Handelsmarke. swissinfo.ch

Das Schweizer Kreuz ist Hoheitszeichen und Handelsmarke. Hunderte von Produkten werden mit dem einprägsamen Logo verkauft.

Eigentlich wäre die kommerzielle Verwendung des Schweizer Kreuzes als Inbegriff der Swissness verboten.

Swissness: Der Begriff geht bei PR-Agenturen genauso um wie auf Hochschulen, welche das Thema zum akademischen Gesprächsstoff machen. Was ist Swissness?

Swissness steht für Qualität, Heidi, Tradition, Präzision, spektakuläre Landschaften, Kreativität, Bauernschläue, alpine Sinnlichkeit und vieles mehr. Swissness zielt auf eine heile, kompakte Welt und gleichzeitig auf Spitzenleistung, auf langlebige Produkte sowie auf Weltläufigkeit.

Kurz: Mit Swissness verbinden sich vielleicht die nobelsten Eigenschaften der Schweiz.

Wenn Swissness alles sagt und nichts

Wer die Swissness im Handel und Wandel oder beim Banking auf den Punkt bringen will, versieht sein Produkt mit einem Schweizer Kreuz und verkauft es in alle Welt. Das ist zwar aufgrund eines Gesetzes aus dem Jahre 1931 verboten. Doch kaum jemand ahnt Verstösse. Artikel 2 des «Bundesgesetzes zum Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen» ist rigoros und untersagt, das Schweizerkreuz zu geschäftlichen Zwecken auf Verpackungen oder Erzeugnissen anzubringen, die zum Vertrieb als Ware bestimmt sind.

Trotzdem prangt das weisse Kreuz auf rotem Grund auf kommerziell gehandelten Sackmessern, auf Damenunterschwäsche, Käse, Gebäck und Schokolade, auf Computer-Mäusen, Kosmetik, Broschüren für Anlagefonds, auf Uhren, Skis und Möbel, auf Feldflaschen und anderen Produkten, die in der Schweiz oder im Ausland hergestellt und vertrieben werden. Dem kommerziellen Nutzaspekt des vierarmigen Symbols scheinen keine Grenzen gesetzt.

Strenges Gesetz – large Interpretation

Das Gesetz überlässt die Beurteilung und die Verfolgung von Verstössen gegen die kommerzielle Verwendung des Schweizerkreuzes den Kantonen. Und dort steht im Geist des Föderalismus die Handels- und Gewerbefreiheit hoch im Kurs; scheinbar höher als das Gesetz, das 75 Jahre nach seiner Inkraftsetzung veraltet ist und neu interpretiert werden muss.

Die Kantone pflegen zugunsten der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) eine grosszügige Praxis für den Umgang mit dem Schweizerkreuz. Und auf Bundesebene kann das Institut für geistiges Eigentum als Teil des Justiz- und Polizeidepartementes (EJPD) Fehlbare zwar ermahnen, wenn das Schweizerkreuz sittenwidrig oder zum Zweck der Täuschung im Ausland verwendet wird, mehr nicht.

Labelkrieg: Mit der Armbrust gegen das Schweizer Kreuz

Die Praxis zum kommerziellen Nutzen mit dem Schweizer Kreuz passt vor allem den Mitgliedern von Swiss Label nicht. Diese 1989 gegründete Institution propagiert die Armbrust (in Anlehnung an Friedrich von Schillers Drama Willhelm Tell) als eingetragene Schweizer Handelsmarke.

Nationalrat Bruno Zuppiger, Präsident von Swiss Label, lancierte letztes Jahr eine parlamentarische Interpellation zum Thema «kommerzieller Gebrauch des Schweizerkreuzes»: «Der Bundesrat liess in seiner Antwort durchblicken, dass die Frage zur Zeit nicht oben auf der parlamentarischen Agenda steht», erklärt Zuppiger gegenüber swissinfo. Die Schweizer Regierung bestätigte immerhin, dass es sich beim Missbrauch des Schweizer Kreuzes um ein Offizialdelikt handle.

Ungleichlange Spiesse

Weiter ist dem Präsidenten von Swiss Label ein Dorn im Auge, dass «jene Schweizer Marktteilnehmer, die sich ans Gesetz halten, gegenüber Konkurrenten aus dem Ausland benachteiligt werden. Diese können ohne Sanktionen das Schweizer Kreuz als Handelsmarke nutzen», meint Zuppiger.

Nicht weniger brisant ist die Verwendung des Schweizer Kreuzes bei der Nahrungsmittelproduktion. Hat ein Produkt 50% Wertschöpfung in der Schweiz erfahren, darf es aufgrund der geltenden Ursprungsregelung als Schweizer Produkt deklariert und verkauft werden. «Auch hier sind für Missbräuche Tür und Tor offen», erklärt Bruno Zuppiger. Um Schweizer Produkte besser zu schützen, hat Agro Marketing Schweiz (AMS) ein Herkunfts-Label eingeführt.

1,7 Sekunden für ein Schweizer Kreuz

Swiss-Label hat mit ihrer geschützten Armbrust einen schweren Stand gegen das weltbekannte Schweizerkreuz. Jeden Tag müssen Konsumenten in den Medien und auf der Strasse tausende von Werbebotschaften über sich ergehen lassen.

PR-Fachleute haben ermittelt, dass die durchschnittliche Betrachtungsdauer einer Anzeige 1,7 Sekunden dauert. Das ist wenig Zeit. Aber 56% der Konsumenten erkennen offenbar in der Werbung, dass mit dem Kreuz die Querverbindung zu einem Schweizer Produkt hergestellt werden soll.

swissinfo, Erwin Dettling, Zürich

Swiss Label, die Gesellschaft zur Promotion von Schweizer Produkten und Dienstleistungen, ist ein Verein nach Artikel 60ff des Schweizerischen Zivilgesetzbuches.

Swiss Label befasst sich im weitesten Sinne mit der Marken- und Labelpflege. Ihr Markenzeichen ist die Armbrust.

Gemäss einer Umfrage von Isopublic vom Oktober 2001 wird die Armbrust von 80 Prozent der Befragten als Marke für beste Qualität gewertet.

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