Der faire Handel und seine Auswirkungen
Fair Trade trägt zum sozialen Ausgleich bei. Dies belegt eine Studie, die Swisspeace im Auftrag des SECO, des Staatssekretariats für Wirtschaft, in Bolivien durchgeführt hat.
Die Studie bei Kaffeebauern kam zudem zum Schluss, dass auch jene Produzenten vom fairen Handel profitieren, die nicht direkt beteiligt sind.
Gegenstand der Untersuchung waren einerseits zwei Fair-Trade-Kooperativen mit insgesamt 500 Produzenten. Andererseits wurden zwei Privatunternehmen mit 1500 Produzenten unter die Lupe genommen, die nach konventionellen Methoden im bolivianischen Tiefland arbeiten.
Als wichtigster Unterschied zwischen den beiden Gruppen erwies sich, dass die Fair-Trade-Produzenten neben fixen Mindestlöhnen auch Prämien für Gemeinschaftsprojekte erhalten. Meist waren es Frauen, die über deren Verwendung entschieden und sie investierten, dies vor allem in Gesundheit und Bildung.
Die begünstigten Familien waren dadurch gesünder als jene der konventionellen Produzenten, und sie verfügten über ein breites Wissen etwa betreffend biologischen Kaffeeanbaus. Dieses nutzten sie auch für den Anbau von Früchten und Gemüse, was ihre Lebenssituation insgesamt verbesserte.
Grundstein zur Armutsreduktion
«Im geschützten Rahmen der Kooperative baut der faire Handel die Kapazitäten der Produzenten schrittweise auf. Das legt den Grundstein für eine nachhaltige Verminderung der Armut,» erklärt dazu Sandra Imhof, Sozialwissenschafterin bei Swisspeace und Co-Autorin der Studie.
Dadurch verkleinere sich auch das Konfliktpotenzial. In Bolivien seien die sozialen Gegensätze zwischen Indios und Weissen gross, das hätten die Unruhen im vergangenen Jahr einmal mehr gezeigt. Die Kaffeeproduzenten gehören fast ausschliesslich zur benachteiligten Bevölkerungsgruppe der Indios und leben meist in bitterer Armut.
Konkurrenz hebt den Preis
Doch nicht nur jene Produzenten, die direkt in den fairen Handel eingebunden sind, profitieren davon: Seit dem Eintritt von Fair-Trade-Abnehmern in den lokalen Markt stiegen in der untersuchten Region die Absatzpreise generell stärker als auf dem Weltmarkt. Dies ist offenbar ein Resultat der Konkurrenz zwischen den Einkäufern, die Mindestpreise garantieren, und konventionellen Einkäufern, die dadurch unter Zugzwang gerieten.
«Fair Trade kann also auch das Einkommen jener Produzenten verbessern, die nicht direkt am fairen Handel beteiligt sind», bilanziert Co-Autor Andrew Lee, Ökonom am Europa-Institut der Universität Basel.
Missbräuche aufgedeckt
Neben viel Positivem brachte die 2006 durchgeführte Untersuchung auch Missstände zum Vorschein: So zeigte sich, dass in Fair-Trade-Kooperativen die Erntehelfer genauso schlecht bezahlt werden wie bei konventionellen Produzenten.
Das Problem sei erkannt, erklärt dazu Martin Rohner, Geschäftsleiter der Stiftung Max Havelaar, die zu den Abnehmern der untersuchten Kooperativen zählt: Bei der Zertifizierung von Betrieben soll dieser Aspekt künftig mit einbezogen werden.
Schweiz weltweit führend
Durch die Resultate der Untersuchung sieht sich das SECO insgesamt darin bestärkt, den fairen Handel im Rahmen seiner wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit zu fördern.
«Er zahlt sich für die Produzenten aus und wirkt auf das ganze Umfeld armutsreduzierend», betont Hans-Peter Egler, Leiter Handelsförderung mit Entwicklungsländern beim SECO.
Ziel sei es, die Position lokaler Produzenten zu stärken, damit sie den Preisschwankungen auf dem Weltmarkt nicht schutzlos ausgeliefert seien. Aus diesem Grund wirkte das Staatssekretariat für Wirtschaft auch beim Aufbau von Max Havelaar vor 15 Jahren mit.
Die in Basel ansässige Stiftung hat massgeblich dazu beigetragen, dass die Schweiz beim Konsum von Fair-Trade-Produkten heute weltweit führend ist.
swissinfo und Katharina Schindler, InfoSüd
Bolivien hat 9,1 Mio. Einwohner, über die Hälfte sind Indigene.
Das Prokopfeinkommen beträgt 2720 US Dollar.
1990-2004 lebten 42,2% der Bolivianer mit weniger als 2 Dollar pro Tag.
65% der Bevölkerung sind arm, davon 40% extrem arm.
Bolivien produziert jährlich 7,5 Mio. Tonnen Kaffee, 6 Mio. Tonnen werden exportiert.
38% des exportierten Kaffees wird gemäss Fair-Trade-Regeln produziert.
Ziel des fairen Handels ist es, den Produzenten in Entwicklungsländern durch Preisgarantien und Prämien einen Weg aus der Armut zu öffnen.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) unterstützt diesen Ansatz zur Handelsförderung im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungs-Zusammenarbeit.
Die Stiftung Max Havelaar erteilt ein Gütesiegel für Produkte aus benachteiligten Regionen des Südens, die fair gehandelt sowie gemäss sozialen Standards und umweltschonend produziert werden.
Das Max Havelaar-Label gibt es für Bananen, Ananas, Mango, Avocado, Orangensaft, Kaffee, Tee, Kakao/Schokolade, Honig, Zucker, Reis, Blumen und Pflanzen sowie Textilien.
Der Marktanteil von fair gehandeltem Kaffee in der Schweiz beträgt 4%, während weltweit gerade mal 0,01% des Kaffeeumsatzes nach Fair-Trade-Kriterien produziert wird.
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