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Der schwere Gang desMoritz Suter

Moritz Suter zum letzten Mal im Rampenlicht. Keystone

An der Crossair-Generalversammlung in Basel demissionierte am Donnerstag der alte Verwaltungsrat mit Präsident Moritz Suter. Ein Abgang mit Emotionen.

Basel, St. Jakobshalle – Ort der ausserordentlichen Generalversammlung der Crossair. “Eine Kinderei ist das, was da abgeht. Es ist unbegreiflich, dass die den Suter nicht mehr wollen. Der Mann ist doch kompetent”, entsetzt sich vor Versammlungs-Beginn ein Crossair-Kleinaktionär aus Muttenz. Und seine Frau doppelt nach: “Moritz Suter hat die Crossair zu dem gemacht, was sie heute ist.”

Die Person des Crossair-Gründers Moritz Suter steht vor Versammlungs-Beginn ganz im Zentrum des Interesses. Der Grund: “Mister Crossair” ist nicht im Vorschlag für den neuen 11-köpfigen Verwaltungsrat vorgesehen, den der Steuerungs-Ausschusses unter Rainer E. Gut vorgelegt hat. Wird der gewählte Suter nun freiwillig zurücktreten?

Solidarität mit Suter

4490 Aktionäre haben sich zur GV angemeldet. Viele Aktionäre und auch zahlreiche Helfer tragen ein rot blinkendes Herz auf der Brust. “Dieses Herz schlägt für Moritz Suter”, erklärt eine Crossair-Angestellte, die während der GV als Einweiserin aushilft. Und was geschieht mit dem Herz, wenn Suter abdankt? “Darüber habe ich noch nicht nachgedacht.”

Punkt 14.00 Uhr betritt Moritz Suter von Journalisten umringt den Saal. Standing Ovation. Der Saal wird verdunkelt – in den Reihen blinken zu Hunderten rote Herzen. Schweigeminute für die Opfer des jüngsten Crossair-Absturzes.

Der Kajakfahrer im Wildbach

“Es ist mein Ziel, dass diese ausserordentliche Generalversammlung in Würde, Harmonie und Anstand abläuft”, beginnt Moritz Suter. Die Emotionen stehen ihm ins Gesicht geschrieben. “Ich werde diese Generalversammlung so steuern wie ein Kajakfahrer sein Boot durch einen Wildbach.”

Von Beginn an ist jedermann im Saal klar: Suter setzt an, einen Schlussstrich zu ziehen. Suter beschwört seinen einstigen Traum, aus dem dann die Crossair entstanden sei. “Die Crossair aufzubauen war alles andere als einfach. Ich musste kämpfen. Es gab viele mächtige Gegner.” Und dann tönt Suter erstmals an, dass er zurücktreten werde: “Kämpfen zu können, ist eine meiner Stärken. Aber jede Stärke birgt auch eine Schwäche. Es fällt mir schwer, heute Abschied nehmen zu müssen.”

Die Empörung steht dem Redner ins Gesicht geschrieben, als er schildert, dass mit ihm in den letzten Tagen und Wochen nur noch mittels Presse-Communiqués und über die Medien kommuniziert worden sei. “Die Art und Weise, wie der erfolgreiche Crossair-Verwaltungsrat ausgebootet wurde, befremdet. Mehr noch: sie ist unnötig verletzend und masslos ungerecht.” Applaus im Saal.

Und dann der alles entscheidende Satz: Um der Sache willen und dem Frieden zuliebe, habe der Crossair-Verwaltungsrat entschieden, “in corpore zu demissionieren”. Standing Ovation für den abtretenden “Mister Crossair”.

Die Wut der Aktionäre

Nach Moritz Suters Abschiedsrede beginnt die eigentliche Generalversammlung. Immer wieder ergreifen Aktionäre das Wort, die ihrer Empörung Ausdruck verleihen. Beliebtes Ziel der verbalen Attacken ist der Präsident des Steuerungs-Ausschusses Rainer E. Gut. “Herr Gut, Sie sind nicht so gut!” ruft etwa eine Rednerin in den Saal und verlangt, dass Moritz Suter Verwaltungsrats-Präsident bleibt. Ein anderer Redner: “Herr Gut, Herr Suter ist nicht nur gut, er ist mehr als gut!”

Die Voten der Aktionäre waren im Grunde genommen Appelle an Peter Forstmoser, Mitglied des Steuerungs-Ausschusses. Forstmoser hat für die GV von der UBS und der CSG, die zusammen über 70% der Crossair-Aktien halten, die Stimmvollmacht erhalten. Forstmoser hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er im Sinn des Steuerungs-Ausschusses stimmen wird; für einen neuen Verwaltungsrat ohne Moritz Suter also.

Alles Engagement und vergossene Herzblut der Aktionäre bleibt wirkungslos. Nach Stunden von Wortmeldungen – längst ist es Nacht geworden – kommt es zur Abstimmung: Der neue Verwaltungsrat setzt sich so zusammen, wie dies der Steuerungs-Auschuss will. Neben dem ehemaligen Chef der niederländischen Fluggesellschaft KLM Pieter Bouw, der für das Präsidium vorgesehen ist, werden folgende Leute gewählt: Jacques Aigrain, Philip Geier, André Kudelski, Urs Rohner, Peter Siegenthaler, Peter Wagner, Kevin Benson, Riccardo Gullotti, Michael Pieper (bisherig) und Claudio Generali (bisherig).

Mit Ausnahme der Bisherigen Michael Pieper und Claudio Generali wurden alle neuen Verwaltungsräte gegen die Mehrheit der in Basel anwesenden Aktionäre gewählt. Es waren die durch Peter Forstmoser vertretenen Grossbanken, welche die Neuen ins Amt hoben.

Felix Münger, Basel

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