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Deregulierung im Ausland

Ohne Strom nicht vorstellbar: Geniesserland Kalifornien [argenthotel.com] The lights are back after a series of blackouts in California (www.argenthotel.com)

Rund um die Schweiz herum öffnen sich die Strommärkte. Als schlechtes Beispiel dafür wird oft die kalifornische Energiekrise erwähnt.

Auch die EU liberalisiert eher stockend. Lateinamerika hingegen gilt als Vorreiter – mit positiven Erfahrungen.

Die Bilder blieben haften. Kalifornien ohne Licht. Stundenlange Stromausfälle liessen das Musterland der Deregulierung im Winter 2000 in einem düsteren Licht erscheinen.

Überangebot und Engpässe

Der kalifornische Elektrizitätsmarkt wurde 1994 liberalisiert. Strom gab es mehr als notwendig, und man rechnete mit einer Reduktion der Preise.

Trotz staatlich verordneten Fixpreisen erhöhte sich der Stromverbrauch im Geniesserstaat. Dies führte zu dramatischen Versorgungsengpässen.

Die Liberalisierer werteten diese Erfahrung aber nicht als Rückschlag. Das Problem in Kalifornien sei die amateurhafte Abwicklung der Deregulierung gewesen, und nicht die Deregulierung selber, hiess es.

Tiefere Preise einerseits

Geordneter geht die Liberalisierung in den EU-Staaten vor sich. In Deutschland sei die Öffnung auf einem vielversprechenden Weg, sagen Experten.

Die Elektrizitätswirtschaft habe durch die Deregulierung zu rationellerem Arbeiten gefunden. Dies wiederum habe den gewünschten Effekt erreicht: Die Preise sind für Industrie und Privathaushalte seit Beginn der Liberalisierung gesunken.

Doch nur gerade 3,7% aller deutschen Haushalte haben bis jetzt den Anbieter gewechselt.

Auch in Österreich spart ein Hausalt pro Jahr im Schnitt rund 110 Franken ein. Doch die Kunden bleiben angesichts der vielen verschiedenen Angebote verunsichert.

Für britische Konsumentinnen und Konsumenten hat sich die Öffnung des Strommarktes ab 1990 gelohnt. Heute bezahlen sie weniger für ihren Strom.

Die Kombination von Öffnung und Wettbewerb unter Aufsicht scheint aufzugehen. Die Tarife sind wesentlich langsamer gestiegen als die Inflationsrate.

Wie in der Schweiz vorgesehen, wurde auch in Grossbritannien der Markt schrittweise geöffnet.

Höhere Preise andererseits

Anders das Bild in Skandinavien: Norwegische Haushalte mussten nach einer anfänglichen Senkung der Preise bis zu sechs Mal mehr für ihren Strom bezahlen, als vor der Deregulierung.

In Schweden wurde der Strom «schmutziger», weil er billig aus polnischen Kohlekraftwerken importiert wird.

Anbieter vernachlässigten ihre Überlandleitungen und bauten Reparaturpersonal ab. Die Folge waren im Winter oft tagelange Stromunterbrüche.

Musterkind Lateinamerika

Für einmal gilt das krisengeschüttelte Lateinamerika als Vorreiter. Seit knapp 10 Jahren sind seine Märkte geöffnet, die Bilanz ist positiv.

In den Ländern, welche ihre Märkte früh deregulierten, fliesst der Strom heute in genügender Menge, und die Preise sind gesunken.

Vor der Liberalisierung wurden mehrere Länder Lateinamerikas von massiven Stromkrisen und Versorgungs-Engpässen durchgeschüttelt.

Christian Raaflaub

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