Die Bahn der Zukunft ist startbereit
Über 200 Experten haben in Lausanne am Kongress über elektromagnetische Hochgeschwindigkeits-Bahnen teilgenommen.
In der Schweiz steht das Projekt Swissmetro auf dem Abstellgleis, anderswo wird intensiv an der Entwicklung von Magnet-Schwebebahnen gearbeitet.
«Schneller, sicherer und effizienter, leiser, günstiger und energiesparend» – Für die in Lausanne versammelten Experten gibt es keine Zweifel. Ihrer Meinung nach bieten die auf elektromagnetischen Feldern schwebenden Bahnen (Maglev, Magnetically Levitated Systems) gegenüber herkömmlichen Zügen, Autos und Flugzeugen enorme Vorteile. Die Bahnen können Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 500 km/h erreichen.
Die Technologie, die seit 1960 erprobt wird, könnte das Verkehrswesen in den nächsten 20 bis 30 Jahren revolutionieren. Dabei ist die magnetische Schwebebahn praktisch schon heute Realität. In China soll in den nächsten Monaten eine erste kommerzielle Maglev-Linie – zwischen dem Zentrum von Shanghai und dem Flughafen – den Betrieb aufnehmen.
Vor einigen Tagen haben an der ETH in Lausanne – der Geburtsstätte des helvetischen Projekts Swissmetro – über 200 Fachleute aus der ganzen Welt die Entwicklungschancen der elektromagnetischen Schwebebahnen diskutiert.
Eine Herausforderung für die Zivilluftfahrt
Bereits im Jahr 1920 kam der deutsche Hermann Kemper auf den Gedanken, dass sich elektromagnetisch aufgehängte Systeme fast schwebend fortbewegen können. Die Vorteile gegenüber traditionellen Zügen liegen auf der Hand: Keine Reibung, höhere Geschwindigkeit, weniger Geräusche, geringere Abnutzung und geringerer Energieverbrauch.
Diese Vorteile kommen besonders bei Geschwindigkeiten von mehr als 300 km/h zur Geltung. Dann erreichen nämlich auch die Prototypen der neuesten Hochgeschwindigkeits-Schienenzüge – wie TGV, ICE und Shinkansen – ihre technischen Grenzen. Besonders bei Kreuzungen, in Kurven oder in Tunnels.
Doch die elektromagnetischen Schwebebahnen sehen sich vor allem als künftige Konkurrenten für die Zivilluftfahrt: Bei Geschwindigkeiten zwischen 300 und 500 km/h können sie Flugzeugen die Stirn bieten, insbesondere bei Entfernungen unter 800 Kilometern.
Überfüllte Strasse und Flughäfen, ein ineffizientes Schienennetz, die Zunahme der Mobilität mit ihren Auswirkungen auf die Umwelt: All dies gibt den Maglev-Visionären Auftrieb.
Deutsche und Japaner sind voraus
Bereits bei den Hochgeschwindigkeits-Zügen spielte Japan mit der Realisierung einer ersten Strecke in den 60er Jahren (Shinkansen) eine Vorreiterrolle. Und so wundert es nicht, dass Japan auch bei den Magnet-Schwebebahnen voraus ist. Mit einem Spitzengeschwindigkeit von 552 km/h konnten die Japaner 1999 auf einer Teststrecke einen neuen Bahn-Weltrekord aufstellen.
Der Direktor der Japanischen Eisenbahnen, Akio Seki, hat in Lausanne angekündigt, dass 2005 eine Magnetschwebebahn fertig gestellt sein wird, welche Besucher an die Weltausstellung in Aichi bringt. Einige Jahre später sollen Tokio und Osaka mit einer solchen Bahn verbunden werden.
Für einmal sind jedoch die Chinesen den Japanern voraus. Gemäss dem chinesischen Vertreter aus Peking, Yan Luguang, wird die erste kommerzielle Magnet-Schwebebahn-Linie im Jahr 2003 in Shanghai eingeweiht. Dieser Meilenstein der Bahngeschichte wurde auf Grund deutscher Technologie möglich.
Deutschland ist bei der Erprobung von Magnet-Schwebebahnen weltweit führend. Auf der Transrapid-Teststrecke im Emsland sind schon mehr als 200’000 Personen transportiert worden. Die deutschen Behörden wollen 2,3 Mrd. Euro pro Jahr für den Bau von zwei neuen Strecken bereit stellen (Düsseldorf-Dortmund, München-Zentrum – München-Flughafen).
Swissmetro im Dornröschenschlaf
Während auch andere Länder wie die USA oder Niederland in die neue Technologie investieren, bewegt sich in der Schweiz fast nichts. Dabei gibt es nach wie vor das Projekt Swissmetro, das in Lausanne erneut vorgestellt wurde und einige Vorteile gegenüber anderen Maglev-Technologien aufweist.
«Trotz der technologischen Innovation werden die deutschen und japanischen Magnet-Schwebebahnen auf die gleichen Schwierigkeiten stossen wie der traditionelle Zugsverkehr», behauptet Michele Mossi, Geschäftsführer von Swissmetro. «Man denke nur an die Umweltverträglichkeit, den Lärm, die Durchfahrt durch bewohnte Zonen und die Rekurse bei der Linienführung.»
Das Schweizer Projekt Swissmetro will durch eine unterirdische Linienführung all diese Probleme vermeiden. Bei Geschwindigkeiten von 500 km/h in luftleeren Tunnels würde auch die Energiebilanz besonders positiv ausfallen.
Gemäss den Promotoren würden die Baukosten für einen Kilometer Tunnel Swissmetro leicht unter den Kosten für einen traditionellen Bahnkilometer liegen und sogar erheblich unter einem Neat-Kilometer. Trotz positiver Noten in zwei Machbarkeitsstudien hat Swissmetro aber nur 2 Mio. Franken an Zuwendungen vom Bund erhalten. 100 Millionen wären notwendig, um das Projekt weiter zu führen.
Wie bei den anderen Maglev-Projekten – darunter in Deutschland und Japan – bräuchte Swissmetro 20 bis 30 Jahre, um die vielen technischen und finanziellen Fragen zu lösen. Doch ohne Zuschüsse läuft vorerst gar nichts, auch wenn die Bahn der Zukunft schon auf dem Abfahrtsgleis bereit steht.
Armando Mombelli
(Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob)
1934: Hermann Kemper präsentiert erstmals die Idee einer Magnet-Schwebebahn
1970: Die Technik Maglev (Magnetically Levitated Systems) wird erstmals in Deutschland und Japan ausprobiert
1988: Der Transrapid 06 erreicht 412 km/h
1999: Der JR Maglev erreicht 552 km/h
In verschiedenen Ländern gibt es bereits Magnetbahnen.
China: Shanghai Zentrum-Flughafen, 30 km in 8 Minuten
Deutschland: Düsseldorf-Dortmund, 78 km in 34 Minuten
Deutschland: München Zentrum-Flughafen, 37 km in 10 Minuten
Niederlande: Amsterdam Schiphol-Groningen, 186 km in 58 Minuten
USA: Washington-Baltimor, 60 km in 20 Minuten
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