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Die Globalisierung macht vor Afrika halt

Nicolas Imboden, Geschäftsführer von IDEAS. Keystone

Gemäss Nicolas Imboden ist die Aufmerksamkeit, die Afrika am G-8-Gipfel zuteil wird, gerechtfertigt. Es handelt sich um den letzten brachliegenden Weltmarkt.

In einem Gespräch vor den Anschlägen in London sagte der ehemalige Bundes-Delegierte für Handelsverträge, dass die Schweizer Zusammenarbeit mit Afrika Früchte trage.

Am Freitag werden sich die Vertreter der meistindustrialisierten Länder der Erde (G-8) mit den Staatschefs von Südafrika, Nigeria, Äthiopien, Tansania, Ghana, Senegal und Algerien treffen.

Hauptthemen werden der Schuldenerlass für die ärmsten Länder Afrikas und die Verdoppelung der Entwicklungshilfe für die Länder des Kontinents sein.

Im Gespräch mit swissinfo sagt Nicolas Imboden, der ehemalige Schweizer Delegierte für Handelsverträge beim Bund und heutige Geschäftsführer von IDEAS (International Trade, Development, Economic Governance Advisory Services), der 1999 in die Privatwirtschaft wechselte, er begrüsse es, dass Afrika «ein Kontinent, den ich gut kenne» diese Aufmerksamkeit zuteil werde.

swissinfo: Was kann Afrika von diesem Gipfel in Schottland erwarten?

Nicolas Imboden: Viele Leute versprechen etwas, ohne den Worten Taten folgen zu lassen. Die Tatsache, dass Tony Blair das Problem der Armut in Afrika in die Agenda aufgenommen hat, ist an und für sich wichtig.

Zudem wurde die Entschuldung von 18 Ländern – die meisten aus Afrika – bereits von den Finanzministern der G-8 beschlossen. Damit kann angenommen werden, dass dies auch umgesetzt wird.

Auf der andern Seite ist die Verdoppelung der Entwicklungshilfe noch nicht beschlossene Sache. Gründe sind die Haushaltdefizite der Geberländer und die Frage, ob diese Hilfe in der Vergangenheit überhaupt wirksam war.

swissinfo: Wie erklären Sie sich dieses plötzliche Interesse für Afrika?

N.I.: Da ist einmal die Erkenntnis, dass der Weg Afrikas in die falsche Richtung weist. In Rahmen der Globalisierung ist es nicht akzeptabel, dass sich praktisch ein ganzer Kontinent nicht weiter entwickelt.

Auf der andern Seite ist Afrika der letzte brachliegende Markt der Welt, der zudem über beträchtliche Ressourcen, angefangen mit Erdöl, verfügt.

Und schliesslich liegt Afrika vor der Haustüre Europas. Geht die Katastrophe hier weiter, wird die Folge eine immer stärkere Einwanderung nach Europa sein.

swissinfo: Um den Kontinent aus seiner misslichen Lage zu befreien, sind da höhere Entwicklungsgelder notwendig oder sollten endlich die Regeln des freien Welthandels auch für die afrikanischen Länder gelten?

N.I.: Beides ist notwendig. Um in der globalisierten Weltwirtschaft zu überleben, muss man zu den Weltmärkten Zugang haben. Die Afrikaner fordern seit einiger Zeit, dass die bei der WTO festgelegten Regeln so ausgelegt werden, dass sie ihren Interessen entgegenkommen.

Nur, das genügt nicht. Wenigstens so lange nicht, als die fraglichen Länder über keine ausreichende Produktionskapazität und Infrastruktur verfügen. Dazu brauchen sie finanzielle Hilfe. Kurzfristig ist deshalb die Hilfe des Norden notwendig. Afrika hat die Möglichkeiten nicht, das aus eigener Kraft zu schaffen.

Das heisst konkret: Hilfe ohne Handel wird zum Misserfolg. Wie sollen die afrikanischen Länder Baumwolle verkaufen, wenn diese von der subventionierten Baumwolle des Nordens konkurrenziert wird?

swissinfo: Wenn von Afrika gesprochen wird, wird immer vom verlorenen Kontinent gesprochen. Gibt es auch eine andere Seite von Afrika?

N.I.: Man darf sich keine Illusionen machen. Die Probleme der Menschen in Afrika sind enorm. Aber es gibt einige Hoffnungsschimmer. Im vergangenen Jahr verzeichnete Afrika ein Wirtschafts-Wachstum von 5%. Die höchste Rate seit zehn Jahren.

Ausserdem sind mittlerweile zwei Drittel der afrikanischen Regierungen demokratisch gewählt. Ein Fortschritt gegenüber der Vergangenheit. Dann wurden einige Bürgerkriege beendet: in Angola, Mosambik, Sierra Leone und auch in Liberia.

Aber es sind auch Konflikte wieder aufgeflammt, in der Côte d’Ivoire zum Beispiel. Immerhin nicht mehr so zerstörerisch, wie in der Vergangenheit. Selbst die Côte d’Ivoire hatte im vergangenen Jahr ein Wachstum von 5%.

Schlussendlich sind etliche Länder mit Ländern Asiens vergleichbar. Etwa Mosambik, das in den letzen Jahren Wachstumsraten von um die 10% verzeichnete.

Und, nach einer langen Phase des totalen Stillstandes, ist Nigeria dabei, die Korruption zu bekämpfen und die Wirtschaft zu modernisieren. Vergessen dürfen wir vor allem Südafrika nicht, dass zum Stabilitäts- und Wachstumspol für eine ganze Region wird.

swissinfo: Die Schweiz hilft afrikanischen Ländern, ohne dass diese im Gegenzug Schweizer Produkte kaufen müssen. Ist das beispielhaft für Afrika?

N.I.: Die Schweiz hat Vorteile in Afrika: Sie war keine Kolonialmacht. Das verstärkt die Glaubwürdigkeit des Landes auf dem Kontinent. Sie ist auch keine Grossmacht, die ihr Auftreten auf die jeweilige Regierung abstimmen muss. Die Schweiz kann deshalb eine echte Partnerschaft mit den afrikanischen Ländern pflegen.

Ausserdem konnte sich die etwas geizige Schweiz nicht in Grossprojekte stürzen, die nicht selten im Gegensatz zur afrikanischen Wirklichkeit stehen. Mehrere führende afrikanische Politiker haben mir gesagt, die Schweiz stosse zwar nicht zahlreiche Projekte an, diejenigen aber, die begonnen würden, zeitigten dafür gute Erfolge.

Interview swissinfo: Frédéric Burnand in Genf
(Übertragung aus dem Französischen: Urs Maurer)

Der G-8-Gifpel findet vom 7. bis 9. Juli in Gleneagles in Schottland statt.

Teilnehmer sind die Staatschefs aus Grossbritannien, Frankreich, USA, Japan, Deutschland, Italien, Kanada und Russland.

Auf der Tagesordnung steht die Entschuldung der 18 ärmsten Länder, darunter 14 aus Afrika, und die Klimaerwärmung.

Das Treffen wird durch die Anschläge von London stark beeinflusst.

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