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Die Gratwanderung der Nationalbank

Die Nationalbank in Bern. Reuters

Die Schweizer Presse reagiert auf die Massnahmen des Währungshüters, den Franken zu schwächen, mit ähnlichen Einschätzungen, aber geteilten Meinungen bezüglich Effektivität. Das Dilemma Frankenstärke - Inflationsgefahr bleibe bestehen.

«Deklamatorisch», «Placebo-mässig», «schwach ausgefallen» sei das Signal, das die Schweizerische Nationalbank (SNB) Mitte Woche ausgesandt habe, stufen Tages-Anzeiger und Neue Zürcher Zeitung die Senkung des Leitzinses (Drei-Monats-Libors) und die Erhöhung der Liquidität ein.

Von einem «starken Signal an die Finanzmärkte» schreibt hingegen 20 Minuten. Vom «späten Eingriff» spricht Der Bund. Und die Westschweizer Tageszeitung Le Temps bezieht sich auf «die ungewohnt gravierende Ausdrucksweise der SNB».

Der Blick schliesslich weiss, dass SNB-Präsident Philipp Hildebrand, der zum 200-Jahr-Jubiläum der Jungfrau-Erstbesteigung aufs Jungfraujoch hätte mitgehen sollen, «die Tour sausen liess».

Undankbare Rolle des SNB-Präsidenten

Hildebrand habe bisher vor allem Schelte erhalten, so kommentiert der Blick, zuerst für die grossen Verluste während der Interventionen im Vorjahr, und dann, weil trotz Interventionen der Run auf den Franken anhielt. Doch jetzt hätten seine Zinssenkungen «überrascht».

Es sei nicht «viel Lärm um nichts, sondern ein Signal, das wirkt», so der Blick. Die Notenbanker hätten bereits auch weitere Aktionen in Aussicht gestellt.

Die NZZ spricht in ihrem Kommentar vor allem das Dilemma der Nationalbank an: Der Höhenflug des Frankens sei nicht zu beenden, ohne Inflationsgefahren heraufzubeschwören. Wie die meisten anderen Medien sieht auch die NZZ die Ursache der Frankenstärke in der globalen Schuldenkrise und den damit verbundenen Insolvenz- und Währungsrisiken. Ohne eine Lösung dieses Problems mache es für Anleger noch lange Sinn, «ihr Geld im Frankenmarkt zu parkieren».

Das Signal, dass die SNB gewählt habe, sei «begreiflicherweise etwas schwach ausgefallen». Im schlechtesten Fall werde sich am Verhalten der Banken nicht viel ändern, während der inländische Immobilien- und Baumarkt sich weiter überhitze.

Die NZZ hält eine Anbindung des Frankens an den Euro zwar für «vorübergehend technisch machbar», aber nur unter «Aufgabe der bisher an Inflationszielen ausgerichteten» und eigenständigen Geldpolitik. Die SNB werde wohl bald «eindeutigere Signale aussenden müssen».

Wahlkampf auch auf Kosten der Geldpolitik

Im Tages-Anzeiger wird die Rezeptur der SNB mit dem Verhalten eines Hausarztes verglichen, der gegenüber seinem chronisch kranken Patienten «wenigstens ein Placebo verschreiben» will, um nicht tatenlos zusehen zu müssen.

Der Euro-/Frankenkurs werde schliesslich nicht in der Schweiz gemacht, und «letztlich auch nicht von Spekulanten, sondern von der Realwirtschaft». Der Tagi spricht auch den Umstand an, dass SNB-Präsident Hildebrand «zum Lieblingsgegner der Schweizerischen Volkspartei aufgerückt» sei: Jede in guter interventionistischer Absicht verlorene Milliarde «erhöht die Temperatur beim Wutbürger und bringt der SVP im Herbst zusätzliche Stimmen».

Auch im Bund wird auf die Gefahr einer «massiven Inflationswelle in eineinhalb bis zwei Jahren» hingewiesen. Die Nationalbank befinde sich auf einer «gefährlichen Gratwanderung»: Tue sie zu wenig, verlagern die Firmen Arbeitsplätze aus. Tue sie zu viel, müsse sie später die Zinsen umso stärker erhöhen, was die Konjunktur abbremse.

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Schweizerische Nationalbank

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Schweizerische Nationalbank (SNB) führt als unabhängige Zentralbank die Geld- und Währungspolitik der Schweiz. Ziel ihrer Politik ist Preisstabilität, die laut ihren Angaben eine wesentliche Voraussetzung für Wachstum und Wohlstand ist. Die SNB stützt ihre geldpolitischen Entscheidungen auf eine mittelfristige Inflationsprognose ab. Der Referenz-Zinssatz ist der Dreimonats-Libor (London Interbank Offered Rate). Die Nationalbank verfügt über…

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«Verzweiflungstat»

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schätzt die Massnahmen der SNB als «Verzweiflungstat» ein: «Die Eidgenossen wissen, dass der Franken in erster Linie als Fluchtwährung gefragt ist. Wer aber aus Gründen der Sicherheit in den Franken flieht, fragt nicht nach der Verzinsung.»

Aber auch die FAZ schätzt die Situation gleich ein wie die Schweizer Medien. Die SNB möge mit ihrer Massnahme vielleicht «ein paar Spekulanten in die Flucht schlagen», aber längerfristig hänge der Aussenwert des Frankens nicht von der Lage in der Schweiz ab.

Der Franken hat seit Mitte Februar gegenüber dem Euro um 21% und gegenüber dem Dollar um 28% zugelegt.

Allein seit Anfang Juli beträgt der Wertzuwachs gegenüber diesen beiden Währungen etwa 13,5 und 6,5%.

Am Dienstag Abend fiel dann der Euro unter die 1,10 Franken-Marke und der Dollar erreichte 76 Rappen.

Dies hat schliesslich am Mittwoch die Reaktion der SNB ausgelöst.

Die SNB hat am Mittwoch den Leitzins gesenkt und die Geldmenge (Geld, das in Umlauf ist) erhöht.

Mit der Leitzins-Senkung strebt sie einen Drei-Monats-Libor möglich bei Null an. Der Libor (London Interbank Offered Rate) ist eine Art Durchschnittspreis für jene Kredite, die die Banken untereinander verlangen. Er wird täglich in London für verschiedene Währungen fixiert.

Geldmengenerhöhung: Die SNB will die Liquidität am Franken-Geldmarkt erhöhen, indem sie eigene Schuldverschreibungen zurückkauft. So würde der Girobestand der Banken von zur Zeit rund 30 auf 80 Mrd. Fr. ausgedehnt.

Zu den Schuldverschreibungen der SNB gehört auch die Banknote. Inlandbanken halten auch Giro-Guthaben gegenüber der SNB, eine Art papierloses Bargeld.

Die Inflationsgefahr würde sich erst erhöhen, wenn die SNB mehr Banknoten und Girolgeld schafft und damit Euro und Dollar-Anlagen kauft.

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