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Die Köchin der Nation wird 50

Betty Bossi

Sie hat nie existiert, aber Generationen von verzweifelten Schweizerinnen und Schweizern vor der Pleite am Herd bewahrt: Betty Bossi feiert Geburtstag.

Ihre Rezept sind einfache, aber vielseitige Gerichte. Damit erschloss die Jubilarin helvetischer Hausmannskost exotische kulinarische Welten.

Sie ist neben Helvetia die bekannteste Schweizerin, die es nie gegeben hat: Betty Bossi. Die Koch-Ikone und Kunstgestalt Betty Bossi feiert im kommenden April 50 Jahre.

Claudia Jud vom renommierten Schweizer Gastromagazin «Salz&Pfeffer», die mit Betty Bossi oder vielmehr mit deren Rezepten aufwuchs, bedauert heute einen Ausverkauf der Marke.

Erfolg garantiert

Betty Bossi funktioniere auch bei denen, die nicht kochen können. «Und genau darum hat es auch funktioniert», sagt die Gastrokritikerin Jud. Sie kommt selbst «aus der Betti-Bossi-Generation» und hat viele Betty-Bossi-Bücher zuhause.

Sie habe Betty Bossi «mal gerne gehabt», sagt die Kochexpertin, die «irgendwann drausgewachen ist und das Ganze überflügelt» hat. Heute werde es ihr jedoch «irgendwie vermiest». Besonders als Konsumentin bei Coop ärgere sie sich, beispielsweise über vorgekochten Blumenkohl oder geschnittene Ananas.

«Zuviel des Üblen»

«Fast Food und Take Away haben unter anderem eines gemeinsam: das Komplott mit der Plastikindustrie», sagte Jud mit Blick auf allzu aufwändige Verpackungen. Überhaupt komme heute unter dem Namen Betty Bossi «zuviel des Üblen» auf den Markt. Ein eigentlicher Ausverkauf der Marke finde statt.

Für Isabelle Raboud-Schüle, Konservatorin am Alimentarium, dem Museum für Ernährung in Vevey, ist es Betty Bossis grösstes Verdienst, die Schweizerinnen und Schweizer mit fremden Produkten vertraut zu machen. Eine erprobte Küche werde einem Publikum ohne grosse kulinarische Kompetenzen vermittelt.

«Ziemlich deutschschweizerisch»

Betty Bossi sei «ein sehr interessantes Populärphänomen», sagt die Konservatorin. Die Art der Rezepte führe dazu, «dass Sie ein akzeptables Ergebnis erhalten, welches dem gleicht, was geplant war, und dem Foto. Das ist bei den Büchern der grossen Köche nicht immer der Fall.»

Das sei eine Küche, die «nichts Extremes» habe, eine Küche «in der Mitte der Zielscheibe, ziemlich deutschschweizerisch und ein wenig vorsichtig». Die Romands neigten dazu, etwas Wein oder anderen Alkohol in die Saucen zu mischen.

Kulinarische Weltreise

Diese «unfehlbaren Rezepte» eigneten sich hervorragend, wenn es darum gehe, die exotische Küche den Geschmäckern und Utensilien der Schweizer anzupassen, so Raboud-Schüle weiter. Oder bei der Patisserie, einem Bereich, wo es Präzision bei den Backzeiten braucht.

Betty Bossi verfolge Moden, ändere sich mit der Gesellschaft. So sei es beispielsweise schwierig zu sagen, ob Mascarpone in der Schweiz durch italienische Einwanderer, durch Schweizer Ferienreisende oder durch Betty Bossi populär wurde.

Anders als die Gastrokritikerin Jud sieht die Konservatorin den Markenglanz nicht abblättern. Betty Bossi habe sich in einem stark globalisierten Markt die Glaubwürdigkeit bewahrt, lanciere laufend Neuheiten.

Eines freut die Konservatorin ganz besonders: Heute wie vormals lehre Betty Bossi die Schweizer, wie Fische zu kochen sind.

swissinfo und Agenturen

Betty Bossi hat in der Schweiz einen Bekanntheitsgrad von 90%.
Kreiert wurde Betty Bossi 1956 von der Zürcher Werberin Emmi Creola-Maag.
Vorbild war die amerikanische Kunstfigur Betty Crocker.
Hinter der «Geburt» standen schon damals kommerzielle Interessen: Betty Bossi sollte die Produkte des Speisefett-Herstellers Sais/Astra an den Hausmann oder vielmehr die Hausfrau bringen.
1995 kam Betty Bossi zum Ringier Verlag. Seit 2001 ist Coop zu 50% beteiligt.

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