Die Lohnschere öffnet sich weiter
Auch im letzten Jahr sind die Managerlöhne in der Schweiz massiv gestiegen, während die Arbeitnehmenden kaum mehr Lohn erhielten. Dies belegt eine Untersuchung von Travail.Suisse.
Gemäss dem Dachverband der Arbeitnehmenden stiegen die Löhne der Top-Kader 2006 durchschnittlich um knapp einen Fünftel und innerhalb von vier Jahren gar um zwei Drittel.
Travail.Suisse errechnete für 2006 eine mittlere Erhöhung der Manager-Entschädigungen von 19% und innerhalb von vier Jahren eine von 66%. 2006 kassierten die Chefs der 28 untersuchten Firmen zusammen 199 Mio. Franken.
Umgekehrt betrug die reale Lohnsteigerung der Arbeitnehmenden im letzten Jahr gesamtschweizerisch 0,1%. In den vergangenen vier Jahren stiegen die Reallöhne nur gerade um 0,8%. Damit ist die reale Lohnsteigerung der Chefs zwischen 2003 und 2006 80 Mal höher als die der Arbeitnehmenden.
Der Irrsinn der Managerlöhne gehe ungebremst weiter, kritisierte Susanne Blank, Leiterin Wirtschaftspolitik von Travail.Suisse, vor den Medien. Und zwar gehe es nicht nur um die Hand voll bekannter Super-Abzocker. «Sondern auch die Chefs der bisher unbescholtenen Firmen blasen zur gierigen Aufholjagd», sagte sie. Die Geprellten seien die Arbeitnehmenden.
Spitzenreiter
Als «unfeine Spitzenreiter» bei den höchsten Entschädigungen bezeichnet Travail.Suisse die Grossbanken Credit Suisse und UBS, den Nahrungsmittelmulti Nestlé sowie die Pharmakonzerne Novartis und Roche.
Am meisten kassiert mit 35,2 Mio. Franken Novartis-Chef Daniel Vasella, 32,3 Mio. Franken erhielt ein CS-Geschäftsleitungsmitglied, 26,6 Mio. Franken UBS-Chef Marcel Ospel, 21,6 Mio. Franken Roche-CEO und Verwaltungsratspräsident Franz Humer und 17,5 Millionen Nestlé-Chef Peter Brabeck.
Im Windschatten dieser Fünfergruppe findet laut Travail.Suisse eine Aufholjagd statt. Bei seiner Untersuchung findet der Gewerkschaftsdachverband keine CEO-Entschädigung unter der Millionengrenze, mit Ausnahme jener von Postchef Ulrich Gygi und Ruag-Chef Toni Wicki.
Als Abzocker des Jahres wurde der Technologiekonzern Oerlikon mit der «Travail.Suisse-Lohnschere» ausgezeichnet. Dort stiegen die Löhne der Geschäftsleitungsmitglieder gemäss der Studie innert Jahresfrist um 109%, gefolgt von Lonza mit 106%.
«Exzesse und Copinage»
Die Verwaltungsräte stünden den Managern bei den Entschädigungsexzessen in nichts nach, kritisierte Blank und sprach von Realitätsverlust, Copinage und unkontrollierter Gier.
«Das Krebsgeschwür breitet sich aus», stellte Hugo Fasel, Travail.Suisse-Präsident und Nationalrat der Christlich-Sozialen aus dem Kanton Freiburg fest.
Er verwies auf die Abzocker-Initiative und sagte voraus, dass die politische Reaktion auf die Untergrabung des Vertrauens durch eine bestimmte Managergruppe nicht ausblieben werde.
Die Verlockung sei gross, das maximale Verhältnis zwischen tiefstem und höchstem Lohn gesetzlich zu verankern. «Vögte und Könige werden irgendwann verjagt», prophezeite Fasel.
Frauen nach wie vor untervertreten
Als erschütternd kritisierte Travail.Suisse ausserdem die Untervertretung der Frauen in den Chefetagen und Verwaltungsräten der untersuchten Firmen.
So kommen in den Geschäftsleitungen auf 194 Männer bloss sechs Frauen. In den Verwaltungsräten machte der Frauenanteil 12% aus. Die Schweiz liege damit auch im europäischen Vergleich zurück.
swissinfo und Agenturen
Die Untersuchung umfasst 28 Konzerne von ABB bis Zürich-Versicherungen, und zwar neben 24 börsenkotierten Unternehmen auch die bundeseigenen Firmen Post und RUAG (Rüstungskonzern) sowie die beiden Grossverteiler Migros und Coop.
2006 erhielten die Chefs der untersuchten 28 Firmen 199 Mio. Franken.
Das sind 32 Millionen oder ein Fünftel mehr als 2005.
Für die vergangenen 4 Jahr errechnete Travail.Suisse eine durchschnittliche Lohnerhöhung von 66% oder 76 Mio. Franken.
Umgekehrt betrug die reale Lohnsteigerung der Arbeitnehmenden 2006 0,1%.
In den vergangenen vier Jahren stiegen die Reallöhne um 0,8%.
Damit ist die reale Lohnsteigerung der Chefs zwischen 2003 und 2006 80 Mal höher als jene der Arbeitnehmenden.
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