Die modernen Robin Hoods
Der Bauernführer und grüne Nationalrat Cuche wurde wegen der Blockade von Grossverteilern zu einer symbolischen Busse verurteilt - und kündigt Rekurs an.
Der Romand Fernand Cuche und der bekannte französische Bauernführer José Bové sind sich in vielem ähnlich.
46 Bauern der Organisation Uniterre sind am Mittwoch vom Polizeigericht in La Chaux-de-Fonds (NE) zu symbolischen Geldstrafen verurteilt worden. Sie hatten letzten November die Verteilzentren von Coop und Migros blockiert, um auf die schwierige Einkommens-Situation der Bauern aufmerksam zu machen.
Sie akzeptieren das Urteil nicht, der Rekurs ist bereits angekündigt.
Wegen Nötigung wurden drei Landwirte zu einem Franken und die meisten anderen zu 40 Franken Busse verurteilt.
Der Bauernführer und grüne Nationalrat Fernand Cuche wurde mit 300 Franken gebüsst.
Cuche: langjähriger Kämpfer zusammen mit Bové
Fernand Cuche ist erfahrener Aktivist. Die Übereinstimmung zwischen dem Generalsekretär der früheren Union der Schweizer Produzenten (UPS, heute Uniterre) und dem Führer des Bauern-Verbandes besteht schon lange: «Wir arbeiten seit 15 bis 20 Jahren zusammen. Fernand war bereits zu Beginn unserer europäischen Bauern-Koordination mit dabei», erinnert sich José Bové.
«Unser Kampf ist der gleiche», folgert jener Mann, dessen Pfeife und Bart auf der ganzen Welt bekannt sind. «Basierend auf unseren Erfahrungen als Bauern setzen wir uns für gute Arbeitsbedingungen ein, für die Umwelt und für eine gesunde Ernährung. Es geht uns um die Zukunft dieses Planeten.»
Militant geboren
José Bové war schon als Jugendlicher militant: Mit 14 besuchte er regelmässig die Gemeinschaft von Lanza de Vasto, einer Art «Guru», der die aktive Gewaltfreiheit predigte. Mit 20 machte Bové seine erste Reise nach Indien.
Nach seiner Rückkehr beteiligt er sich an einer Protestkundgebung gegen das Militärlager von Larzac. Drei Jahre später lässt er sich dort definitiv nieder.
1995 fährt Bové als einziger Franzose auf einem Schiff der Umweltschutz-Organisation Greenpeace mit, um gegen die Atomversuche auf Mururoa zu protestieren. Nur vier Jahre später versucht er mit einer Aktion die Einweihung eines Mc Donald Restaurants bei Millau zu verhindern.
Danach sichtet man ihn sowohl am Welthandels–Treffen in Seattle, am Weltwirtschaftsforum in Davos sowie kürzlich in Ramallah, inmitten von internationalen Demonstranten, die sich für Jassir Arafat einsetzten.
Ein echter Leader
Auch Fernand Cuche ist ein Militanter erster Stunde. Seine berufliche Laufbahn begann er als Sozialarbeiter. Zwei Jahre später wurde er Bauer und engagierte sich in der UPS, dem «bewaffneten Arm» der Bauern-Gewerkschaft.
Mitte der 90er Jahre kam es zur Schweine-Fleisch-Krise. Verschiedene Skandale führten dazu, dass Absatz und Preise rapide zurück gingen. Statt beim Bundesamt für Landwirtschaft zu jammern, griff er direkt die Grossverteiler an. Mit spektakulären Aktionen setzte er eine Erhöhung des Fleischpreises um 30 Rappen pro Kilo durch, die den Produzenten zugute kam.
1996, während der grossen Bauerndemonstration vor dem Bundeshaus in Bern, fand er als einziger – inmitten von Tränengas – die richtigen Worte, um die Bauern zu beruhigen. Diese fühlten sich sowohl vom Staat wie auch von ihren offiziellen Organisationen verraten.
Gegen ungesunde Nahrungsmittel
Cuche und Bovés Einsatz für eine naturgerechte Landwirtschaft, für Umweltschutz, gerechte Arbeitsbedingungen und Qualitäts-Produkte fällt für Cuche und Bové in eine äusserst günstige Zeit.
Seit dem Skandal um Hormon-Fleisch, Rinderwahnsinn, Antibiotika-Poulet und verdächtigem Coca-Cola hat der Konsument, die Konsumentin auch zunehmend Angst vor genveränderten Produkten im Teller.
Bauern aus Berufung
José Bové und Fernand Cuche sind beide erst als Erwachsene zur Landwirtschaft gekommen, ohne ein elterliches Erbe anzutreten. Der Erste wurde Züchter. Heute kümmert sich allerdings ein Kollege des Bauernverbandes um die Schafe.
Cuche hat als 10-Jähriger miterlebt, wie sein Vater den Bauernhof verkaufte. Später konnte er sein eigenes Heim erwerben. Und auch wenn er nur ein halbes Dutzend Kühe hat, ist er für die Bauern doch einer von ihnen.
«Das bringt uns einander sicher näher», so José Bové. «Wir sind keine geborenen Bauern, haben aber unseren Willen manifestiert, ein Stück Land zu beleben – ohne dabei je unseren Kampf für mehr Solidarität zu vergessen.»
Marc-André Miserez
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