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Die Post im rauen Wind der Liberalisierung

Nicht nur bei den Briefverteilzentren der Post sind Umbau und Stellenabbau angesagt. Auch in anderen Bereichen wie Paketverteilung, Poststellen oder Werttransport wird rationalisiert und Personal abgebaut.

Die Massnahmen sind die Folge des verstärkten Wettbewerbs, dem die Post seit ihrer Entlassung in die unternehmerische Selbständigkeit 1998 ausgesetzt ist.

Bei Arbeitnehmern und in der Öffentlichkeit stossen die Umbau- und Konzentrationsvorhaben teilweise auf heftigen Widerstand. Befürchtet wird neben dem Abbau von Arbeitsplätzen auch eine Gefährdung des Service public, des Grundversorgungsauftrages der Post.

Umstrittene Poststellen-Schliessung

Umstritten ist vor allem die geplante Schliessung von Poststellen. Wurde die Zahl der Poststellen in den letzten 50 Jahren von über 4000 auf 3000 verringert, so will Post das Netz bis 2006 weiter auf 2700 bis 2500 Poststellen reduzieren.

Die Poststellen verursachen ein Defizit von jährlich rund 500 Mio. Franken. Mit der Schliessung hofft die Post jährlich rund 100 Mio. Franken zu sparen. Der Abbau wird voraussichtlich etwa 500 Stellen kosten.

Auch nach dem Umbau werde die Schweiz mit 2700 Personen pro Poststelle (heute: 2100) das dichteste Poststellennetz der Welt haben, beruhigt die Post. Gleichwohl wehren sich Betroffene und Arbeitnehmer gegen die Abbaupläne.

Ende April reichten die Gewerkschaft Kommunikation, Konsumentenschutz-Organisationen und der Schweizerische Gewerkschaftsbund mit 107’000 beglaubigten Unterschriften die Initiative “Postdienste für alle” ein. Diese fordert ein flächendeckendes Poststellennetz und eine Grundversorgung mit Postdiensten.

Abbau der Paketverteilzentren

Die Post will nicht nur die Brief-, sondern auch die Paketverteilung auf wenige Standorte konzentrieren. Verschärfte Konkurrenz in Folge der Aufhebung des Transport-Monopols für schwerere Pakete zwingen sie zu diesem Schritt.

Schon 1996 hatte die damalige PTT beschlossen, die Paketverteilzentren auf die neuen Standorte Frauenfeld TG, Härkingen SO und Daillens VD sowie zusätzlich die Zentren Bern und Zürich-Mülligen zu konzentrieren (sogenanntes “3+2”-Konzept). Andere Zentren – etwa in Basel, Luzern, Däniken, Genf und Lugano – sollten geschlossen werden. Man rechnete mit dem Abbau von 650 Stellen.

Kurz nach Betriebsaufnahme der drei neuen Zentren im Sommer 1999 traten allerdings Softwareprobleme mit erheblichen Verzögerungen im Paketversand auf. Alte, bereits geschlossene Zentren mussten vorübergehend wiedereröffnet werden.

2001 beschloss die Post eine Revision des 3+2-Konzepts: Das Zentrum Bern soll 2003 geschlossen und Zürich-Mülligen “überprüft” werden. In Bern sind rund 160 Personen betroffen. In Zürich-Mülligen arbeiten 400 bis 500 Personen im Paketpostzentrum sowie 300 Personen im Zustell-Dienst.

Abbau in anderen Bereichen

Auch der Bereich Werttransporte wird reorganisiert. Durch die Einführung neuer Angebote wird der alte “Wertkanal” aufgehoben. Davon betroffen sind rund 200 Beschäftigten, die möglichst bei der Post weiterbeschäftigt werden sollen.

Längerfristig plant die Post auch eine Redimensionierung ihres Betriebsgaragen-Netzes. Da der Fahrzeugpark technisch besser und immer jünger wird, fallen bis 2005 20 bis 30 Prozent weniger Wartungsarbeiten an.

Entscheide fallen nicht vor Mitte 2003. Die Gewerkschaften fordern den Verzicht auf Entlassungen. Derzeit sind in 40 Garagen rund 400 Personen beschäftigt.

swissinfo und Agenturen

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