Die Renaissance der Glacier-Express-Route
Die historische Eisenbahnstrecke über die Furka ist wieder durchgehend befahrbar: Der letzte Abschnitt zwischen Gletsch und Oberwald auf Walliser Seite ist feierlich eröffnet worden. Tausende Helfer aus ganz Europa haben an dieser Furka-Bergstrecke gewirkt.
Der Glacier-Express ist eines der bekanntesten touristischen Produkte der Schweiz. Die spektakuläre Zugsverbindung zwischen Zermatt und St. Moritz führt durch die wilde Bergwelt und überwindet die Pässe Furka, Oberalp sowie Albula.
Bis 1981 fuhr der Glacier-Express durch den kurzen Furka-Scheiteltunnel auf 2’162 Meter, also fast bis auf Passhöhe. Die durchgehende Bergstrecke von Oberwald (Wallis) nach Realp (Uri) konnte aber nur während etwa vier Sommermonaten befahren werden, in der übrigen Zeit gab es keinen Glacier-Express.
Nach der Eröffnung des Furka-Basistunnels 1982 konnte der Glacier-Express zwar ganzjährig verkehren. Doch der Blick auf den Rhonegletscher (Glacier), der dem Zug den Namen gab, war nicht mehr möglich.
Bergstrecke gerettet
Dies ändert sich mit der heutigen Inbetriebnahme des letzten Teilstücks der ehemaligen Furka-Bergstrecke zwischen Oberwald und Gletsch. Damit ist die Gesamtstrecke zwischen Realp und Oberwald erstmals nach 29 Jahren wieder durchgehend befahrbar.
Möglich wurde dies durch den unermüdlichen Einsatz von Eisenbahn-Enthusiasten und Bahnbegeisterten, die damals einen Verein zur Rettung der Bergstrecke gründeten. Sie vollbrachten in bald 30 Jahren mühsamer Aufbauarbeit das anfänglich von vielen für unmöglich Gehaltene: Sie retteten die Furka-Bergstrecke.
Sie holten sogar deren ursprüngliche, nach dem Zweiten Weltkrieg nach Vietnam verkaufte Dampflokomotiven in die Schweiz zurück und trotzten der Natur erneut die von Lawinen, Hochwassern, Steinschlägen und Erdrutschen ständig bedrohte, 17,8 km lange Strecke ab.
Vorfahrt für freiwillige Helfer
Drei Tage lang wird in Oberwald die Eröffnung des letzten Teilstücks gefeiert. «Das ist ein grossartiges Ereignis», kommentiert Peter Bernhard, Geschäftsführer der Dampfbahn Furka-Bergstrecke (DFB).
Die Freiwilligen, die dies ermöglicht haben, werden die ganze Bergstrecke noch vor den geladenen Gästen im Sonderzug befahren. Tatsächlich handelt es sich um die letzte Etappe einer langen Renaissance.
1992 wurde der fahrplanmässige Betrieb auf dem Abschnitt Realp – Tiefenbach aufgenommen. Noch einmal acht Jahre später erreichte erstmals ein Dampfzug mit zahlenden Passagieren Gletsch jenseits des kurzen Scheiteltunnels, der seither westliche Endstation war.
Gletsch ist ein historischen Pass-Ort, an dem sich Furka und Grimsel verzweigen. Das Hotel Glacier du Rhône ist ein schönes Zeugnis der lokalen Geschichte.
Ausbau mit Grenzen
In den Absichten der Betreiber wird Gletsch künftig eine wichtige Rolle im Angebot der Dampfbahn spielen. Vorgesehen ist insbesondere, Car-Touristen die 30minütige Fahrt zwischen Oberwald und Gletsch zu ermöglichen.
Dort können sie per Bus ihre Reise beispielsweise über den Grimselpass fortsetzen. Die Gesamtstrecke ist als «Tag für Erlebnistouristen» vorgesehen.
Auch eine allfällige Elektrifizierung der Strecke wird ins Auge gefasst. Im Moment sind allen Ausbauprojekten Grenzen gesetzt. Denn die Betriebstage – rund 70 im Jahr – und die Anzahl der Fahrten pro Tag sind beschränkt. Der Aufwand für den Unterhalt des alten Rollmaterials ist zudem enorm.
Schon bisher nutzten rund 25’000 Passagiere die Bergstrecke zwischen Realp und Gletsch. «Damit waren wir am Limit», sagt Paul Güdel, der für das Marketing der Furka Dampfbahn verantwortlich ist.
Gerhard Lob, swissinfo.ch
Die rund 5 Kilometer lange Strecke von Oberwald nach Gletsch wurde beim Bau vorwiegend für Steigungen bis 90 Promille ausgelegt. Auf zwei Abschnitten von insgesamt 1418 m Länge entspricht die Neigung dem bei der damaligen Furkabahn üblichen Maximalwert von 110 Promille.
Zur Bewältigung der 396 m Höhendifferenz zwischen Oberwald (1366 m ü.M.) und Gletsch (1762 m ü.M.) benutzen die Züge auch heute noch die auf 4371 Metern durchgehend verlegte Zweilamellen-Zahnstange nach System Abt.
Als zusätzliche Steigungshilfe dient unterhalb von Gletsch ein 578 m langer Kehrtunnel, der in Form einer fast vollständigen Drehung in Spiral-Bauweise durch den Fels führt.
Zur Querung der Hauptstrasse dient heute ein innovativ konstruierter Niveauübergang mit einer Schrankenanlage und versenkbaren Zahnstangen-Segmenten.
Die Furka-Eisenbahnstrecke über den Berg verfügt über einen kleinen Scheiteltunnel.
Er wurde 1925 fertig gestellt, ist 1874 m lang und verbindet die Haltestellen Muttbach und Furka. Mit 2’160 Metern über Meer ist es der höchste Alpendurchstich der Schweiz.
Mit der Fertigstellung des 15,35 Kilometer langen und ganzjährig befahrbaren Furka-Basistunnes zwischen Oberwald (1368 m) im Wallis und Realp (1538 m) im Kanton Uri im Jahr 1982 wurde der Furka-Scheiteltunnel überflüssig, zumindest bis zur Wiederbelebung des Betriebs mit der Dampfbahn via Bergstrecke.
Der Furka-Basistunnel kostet 300 Millionen Franken und damit fünf Mal mehr als geplant. Im Volksmund wird er seither «Furka-Loch» genannt. Dieser Begriff wird auch als Übername für andere Projekte verwendet, die wesentlich mehr Geld verschlingen als geplant.
Am 23. Juli sind drei Wagen eines Glacier Express im Oberwallis kurz vor Fiesch entgleist.
Dabei kam eine Japanerin ums Leben. 40 Personen wurden verletzt, 9 davon schwer.
Ziel des Glacier Express der Matterhorn Gotthard Bahn (MGB) war St. Moritz.
Grund für das Unglück war überhöhtes Tempo, respektive menschliches Versagen.
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