Die Schweiz als Technik-Museum
Historische Lokomotiven, Stellwerke und Pass-Strassen statt Kathedralen, Klöster und Schlösser. Der Denkmaltag 2004 erinnert an die Geschichte der Schweiz als Verkehrs-Knotenpunkt.
Der Europäische Tag des Denkmals findet in der Schweiz am 11. und 12. September zum 10. Mal statt.
«Zur Feier des Jubiläums wollen wir mit einem vielfältigen Programm den möglichen Kreis an Besucherinnen und Besuchern erweitern», erläutert Gurli Jensen, die Leiterin der Nationalen Informationsstelle für Kulturgüter-Erhaltung (NIKE) gegenüber swissinfo.
So kommt es, dass nach Burgen, Schlössern, Klöstern und Kirchenfenstern Erbstücke aus der Pionierphase des Industrie-Zeitalters im Mittelpunkt stehen. Unter dem Motto «Nächster Halt: Denkmaltag» setzt die Bahngeschichte einen Schwerpunkt.
Ende 2003 haben die Kantone ihr Inventar der schützenswerten Verkehrswege abgeschlossen. Der Denkmaltag stellt darum auch historische Pass-Strassen und Brücken aus verschiedenen Epochen vor.
Leuchttürme und Hochhäuser
Wie in der Schweiz stehen in den meisten Ländern der Europäischen Union technische Kulturgüter im Zentrum.
In Deutschland öffnen 6’700 Bauten zum Thema «Wasser» – Leuchttürme, historische Wasser-Versorgungen und Feuerwehren – die Türen.
Der Tag des Denkmals fand 1984 zum ersten Mal in Frankreich statt. Dieses Jahr stehen bei den 20’000 Veranstaltungen in Frankreich Wissenschaft und Technik auf dem Programm. Die Denkmalpflege zeigt ihre Labors und demonstriert Restaurations-Verfahren.
In London werden am Wochenende des 19. September 500 architektonisch interessante Gebäude für den Besuch geöffnet, nicht ausschliesslich historische, sondern auch zeitgenössische.
So das im Dezember 2003 eröffnete spektakuläre Norman Foster Büro-Hochhaus des Schweizer Rückversicherungs-Konzerns Swiss Re.
Zeugen der Bahngeschichte
«Der zeitliche Horizont des Denkmaltages in der Schweiz reicht von der Frühgeschichte bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts» führt Gurli Jensen aus.
So werden Dampfzüge, historische Trams und Bergbahnen quer durchs Land um die Wette dampfen und knattern.
In Delémont (Jura) wird das 1890 gebaute Lokomotiv-Depot mit seiner Drehscheibe den Besuchern aufzeigen, dass Lokomotiven einst gedreht werden mussten, da die Züge noch keine Triebwagen hatten.
Das Stellwerk in Kerzers (Freiburg) gehört künftig ebenso zur Eisenbahn-Geschichte. Hier werden Weichen und Signale noch mechanisch und von Menschenhand gesteuert. Mit dem neuen Stellwerk werden die Abläufe in Zukunft automatisiert und ferngesteuert.
Industriebrache mit Zukunft
In Winterthur (Zürich) steht das Sulzer-Areal im Mittelpunkt. Nach dem Auszug der Schwerindustrie Ende der 80er Jahre war das 150’000 m2 grosse Areal eine der ersten Industriebrachen der Schweiz.
Inzwischen ist dort ein neuer Stadtteil mit Wohnungen, Büro- und Gewerbeflächen sowie Freiräumen am Entstehen.
Der Traum von einer Wasserstrasse
Attraktion in Genf ist das Transport-Segelschiff «Neptune», das zwischen 1904 und 1968 auf dem Genfersee Baumaterialen transportierte.
An den beiden Tagen wird die «Neptune» – vor ihrer umfassenden Restauration – zum letzten Mal auslaufen.
Von den schweizerischen Träumen einer Wasserstrasse zwischen Rhein und Rhone, Nordsee und Mittelmeer, zeugt der Kanal «Entreroches».
Im 17. Jahrhundert war der Bau eines Kanals zwischen dem Neuenburger- und dem Genfersee geplant. Der Kanal wurde nie fertig gebaut. Am Denkmaltag können die Besucher seine verbliebenen Reste besichtigen.
swissinfo, Andreas Keiser
Der Denkmaltag findet jährlich in 48 Ländern statt.
Er geht auf eine Initiative des Europarates zurück.
In der Schweiz findet der Denkmaltag am 11. und 12. September zum 10. Mal statt.
In der Schweiz werden rund 50’000 Personen die 200 Kultur-Güter zum Thema Verkehr besuchen.
Der Denkmaltag wird von der Nationalen Informationsstelle für Kulturgüter-Erhaltung (NIKE) in Zusammenarbeit mit den Denkmalschützern in den Kantonen organisiert.
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