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Die Schweiz ein Opfer ihrer Passivität

Der Schweiz sind in Sachen Reformen die Hände eingebunden. Keystone

Die Schweiz ist infolge mangelnden Reformwillens erstmals aus den Top 10 der wettbewerbsfähigsten Länder gefallen. In der IMD-Rangliste sackte die Schweiz im vergangenen Jahr um fünf Plätze ab und liegt nur noch auf Rang 14.

Spitzenreiter sind die USA und Singapur.

Das Lausanner Institut für Management-Entwicklung (IMD) kehrte in dem am Dienstag veröffentlichten Jahrbuch 2004 zur Wettbewerbsfähigkeit wieder zu einer globalen Rangliste zurück. Im Vorjahr war auch eine solche für Volkswirtschaften mit einer Bevölkerung unter der 20-Millionen-Grenze erstellt worden.

An der Spitze der Rangliste stehen weiterhin die USA, dann folgen Singapur, Kanada und Australien. Der Wirtschafts- Standort Schweiz, im Vorjahr noch als neuntbester bewertet, verlor erneut an Boden und liegt nur noch auf Rang 14. Österreich, Taiwan, Schweden und Irland zogen an der Schweiz vorbei.

Konstante Resultate

Für IMD-Direktor und Ökonomieprofessor Stéphane Garelli ist der Rückfall der Schweiz um fünf Plätze nicht überraschend. «Die einzig wichtige Nachricht ist, dass es gar keine neue Nachricht gibt», sagt Garelli gegenüber swissinfo.

Ein wichtiger Grund sei der Rückgang des Bruttoinlandprodukts (BIP) um ein halbes Prozent, während sich die meisten Volkswirtschaften im vergangenen Jahr etwas erholt hätten. Das sei der für die Schweiz typische Verzögerungseffekt, sagt Garelli. Auch die hohen Lebenskosten drückten auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit.

Im Jahr 2003 habe die Schweiz eine Rezession verzeichnet. «Das hat eine lange Tradition. Seit zehn Jahren liegt das Wirtschaftswachstum der Schweiz unter dem europäischen Durchschnitt. Die Schweiz ist in ihren Resultaten also konstant.»

Mangelnder Reformwille

Das Hauptproblem der Schweiz sei der mangelnde Reformwille. Dieses Kriterium wurde im IMD-Jahrbuch zu den 320 bestehenden neu aufgenommen. Im Einzelranking der Fähigkeit, auf soziale und wirtschaftliche Reformen zu reagieren, landete die Schweiz weltweit auf Platz 46.

«Das Problembewusstsein ist zwar gestiegen, aber die Bereitschaft für Reformen macht sich kaum bemerkbar», so der IMD-Direktor. Darüber müsse man sich Sorgen machen. «Wir halten uns am Erreichten fest und sagen, Reformen würden die Lage nur verschlechtern.» Impulse müssten aus dem Parlament und von den Kantonen kommen.

«Diese Angst vor Reformen ist auch in Frankreich, Deutschland und Italien zu spüren, aber nicht so stark wie bei uns. In Asien und den angelsächsischen Ländern und vor allem in den neuen EU-Staaten dagegen gar nicht», so Garelli.

Kompliziertes Land

«Die Schweiz ist ein ausserordentlich kompliziertes Land. Aber wir sind zu klein, um kompliziert zu sein», erklärt der IMD-Direktor. «Im Ausland begreift man uns immer weniger. Wir müssen unseren Funktionsmodus verändern, wir wissen bald selber nicht mehr, wie die Schweiz funktioniert.» Und Garelli verweist auf das komplizierte Steuerpaket, über das am 16. Mai abgestimmt wird.

Ein EU-Beitritt der Schweiz würde diese Probleme nicht unbedingt lösen. «Wir haben Probleme, die wir selber lösen müssen. Europa wird das für uns nicht tun», warnt der Ökonomieprofessor. «Das Hauptproblem bleibt der Reformunwille.»

Geringe Flexibilität, gute Infrastruktur

Daneben weist die Schweiz auch eine vergleichsweise geringe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit auf, wenn es um neue Herausforderungen geht. Ideen, die nicht in der Schweiz geboren werden, finden nur wenig Anklang, wie aus dem IMD-Ranking hervorgeht.

Gut im Wettbewerb liegt die Schweiz weiterhin mit ihrer Infrastruktur, der Qualität im Gesundheitswesen sowie dem Bildungssystem. Der private Sektor und die Wirtschaft werden laut Garelli aber weiterhin zu wenig in das Bildungswesen miteinbezogen.

Gewinner aus dem angelsächsischen Raum und Asien

Die Gewinner des Jahres kamen aus dem angelsächsischen Raum sowie aus Asien, wo neben Hongkong auch Taiwan und Malaysia ihre Wettbewerbsfähigkeit stärkten.

Die Risiken der Weltwirtschaft bestehen laut dem IMD-Direktor in deren zaghaften Erholung. Diese könnte auf Treibsand gebaut sein, sagt er.

Die aktive Geldpolitik der Notenbanken war für Garelli erstaunlich erfolgreich, indem sie dem rezessiven Umfeld immer wieder Luft eingehaucht habe. Dadurch seien aber auch notwendige Bereinigungsprozesse vermieden worden, was sich als Bumerang erweisen könnte.

swissinfo und Agenturen

IMD-Rangliste 2004:

1. USA (2003: 1.), 2. Singapur (4.), 3. Kanada (6.), 4. Australien (7.), 5. Island (8.), 6.Hongkong (10.), 7. Dänemark (5.), 8. Finnland (3.), 9. Luxemburg (2.), 10. Irland (11.)

Schweiz: Rang 14 (2003: 9)

In der IMD-Rangliste der Wettbewerbsfähigkeit 2004 hat die Schweiz fünf Plätze eingebüsst und liegt nur noch auf Rang 14. Nummer 1 blieben die USA.

Die Schweiz flüchte sich in ihre Errungenschaften und falle der Trägheit anheim, sagt Stéphane Garelli, Professor am Lausanner Institut für Management-Entwicklung (IMD), zu der am Dienstag publizierten Rangliste. Wegen mangelnder Dynamik sei sie aus den Top 10 der wettbewerbsfähigsten Länder gefallen.

Unter den Ländern mit weniger als 20 Mio. Einwohnern fiel die Schweiz vom Rang 6 auf Platz 10 zurück. Diese Rangliste führen Singapur, Island, Hongkong, Dänemark und Finnland an.

Im Vergleich der Länder mit über 20 Mio. Menschen führen die USA vor Kanada, Australien und Taiwan, wie schon im Vorjahr.

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