Die Schweiz im Zentrum des europäischen Verkehrs
Als Brücke zwischen Nord und Süd ist die verkehrspolitische Bedeutung der Schweiz unbestritten. Die Zukunft liegt auf der Schiene. Darin sind sich auch die Brüsseler Beamten einig.
An einem internationalen Verkehrskongress in Locarno hat Brüssel signalisiert, dass die EU sich mit der Idee einer Alpentransitbörse unter gewissen Bedingungen anfreunden könnte.
Die EU werde kein ideologisches Veto einlegen, falls die Schweiz dem Güterverkehr auf der Strasse eine quantitative Grenze setzen wolle. Dies versicherte Enrico Grillo Pasquarelli, Direktor der Generaldirektion Energie und Verkehr bei der EU-Kommission, am Freitag an einem Verkehrskongress in Locarno.
Damit macht die Idee einer Alpentransitbörse in Brüssel schrittweise Boden gut. Bereits im Mai vergangenen Jahres hatte EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot gesagt, dass er sich für die Übergangszeit, bis alle Alpenübergänge fertig gestellt sind, eine Transitbörse vorstellen könne – allerdings keinen Schweizer Alleingang.
Noch vor zwei Jahren hatte Grillo Pasquarelli in Sedrun im Kanton Graubünden gesagt, dass eine Transitbörse für den Schwerverkehr nicht kompatibel sei mit dem EU-Recht, das den ungehinderten Verkehr als Prinzip kenne.
Neuer europäischer Aktionsplan
Bereits am 125-Jahr-Jubiläum der Gotthardbahn brachte Enrico Grillo Pasquarelli einen europäischen Aktionsplan vor, den die EU Ende Oktober veröffentlichen will. Es geht dabei um die Entwicklung eines Bahnnetzes für den Güterverkehr.
So soll bis 2020 im Korridor Rotterdam – Genua das Gütertransportvolumen verdoppelt und die Pünklichkeit um 26% erhöht werden, bei um 20% verringerter Fahrzeit.
Im Korridor Anvers/Lyon – Basel soll im gleichen Zeitraum das Volumen um 55% erhöht und die Fahrzeit um 15% gesenkt werden.
«Diese Massnahmen dürften es auf der Achse Rotterdam-Genua erlauben, pro Jahr 28 Milliarden Tonnen-Kilometer von der Strasse auf die Schiene zu verlagern», sagt Pasquarelli.
Bundesrat setzt auf Kontingentierung
Die Einführung der Börse machte er nun von einer funktionierenden Alternative abhängig. In erster Linie meinte er die Fertigstellung der neuen Eisenbahn-Alpentransversalen (NEAT). Weiter sagte der EU-Spitzenbeamte, dass der Umweltschutz für ein derart fragiles Gebiet wie die Alpen ein valables Argument sei.
Die Äusserungen von Grillo Pasquarelli dürften den Bundesrat erfreuen. Dieser hatte im Juni bekannt gegeben, die Verlagerung des Güterverkehrs mit der Schaffung einer Alpentransitbörse vorantreiben zu wollen.
Mit dem Instrument wird das Durchfahrtsrecht für den Schwerverkehr marktwirtschaftlich geregelt: Die Gesamtzahl der jährlich zugelassenen Fahrten wird in Form von Alpentransitrechten festgelegt, die ersteigert werden können.
Der Bundesrat will die Alpentransitbörse in Abstimmung mit der EU einführen. Dafür braucht es wahrscheinlich eine Änderung des bilateralen Abkommens.
swissinfo und Agenturen
Mehr
Neat
Der Bundesrat schlägt dem Parlament ein Projekt für den Ausbau der Bahninfrastruktur für 5,2 Mrd. Franken vor.
Die Investitionssumme für das Projekt «Gesamtschau FinöV», die früher auf 30,5 Mrd. veranschlagt wurden, wird um 1 Mrd. aufgestockt.
Mit einem Planungskredit von 40 Mio. Franken soll Klarheit darüber geschaffen werden, ob die von den Kantonen verlangten Zusatzprojekte verwirklicht werden sollen.
Ursprünglich ging man bei den Kosten für die beiden neuen Eisenbahn-Alpentransversalen (NEAT) von 14,7 Mrd. Franken aus.
In der Zwischenzeit sind die Voranschläge nach oben revidiert worden. Sie könnten – in Preisen von 1998 – 20 Mrd. betragen.
Mit diesem Betrag wäre es möglich, einen substanziellen Beitrag zur Verlagerung des Verkehrs von der Strasse auf die Schiene zu erreichen.
Der Gotthard-Basistunnel wird mit 57 km der längste Bahntunnel der Welt. Dessen Eröffnung war ursprünglich für 2011 vorgesehen. Sie wurde aber auf 2018 verschoben.
Der neue, 34,6 km lange Lötschberg-Basistunnel ist am 15. Juni eröffnet worden.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch