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Die Schweiz will ihr Image in Japan verbessern

Philippe Neeser lebt seit drei Jahrzehnten in Japan. swissinfo.ch

Die Schweiz will die Welt-Ausstellung 2005 nutzen, um ihr Image in Japan aufzupolieren, erklärt ein Vertreter des Landes im Schweizer Pavillon in Aichi.

Gegenüber swissinfo warnt Philippe Neeser, die Schweiz dürfe die wirtschaftlichen Beziehungen mit Japan nicht als selbstverständlich ansehen.

Neeser ist Jurist und lebt seit über drei Jahrzehnten in Japan. Er besetzte mehrere Schlüsselpositionen in der Schweizer Firma Ciba Spezialitätenchemie und war drei Jahre Präsident der Schweizer Handels- und Industriekammer in Japan.

Von 1986 bis 2001 war er Mitglied des Auslandschweizerrats, der die Interessen von über 600’000 im Ausland lebenden Schweizerinnen und Schweizer vertritt. Letztes Jahr wurde Neeser zum stellvertretenden Generalkommissär im Schweizer Pavillon an der Weltausstellung ernannt.

Er wird die Schweiz bei wichtigen Anlässen der sechsmonatigen Expo in der japanischen Präfektur Aichi vertreten.

swissinfo: Die Schweiz will die Expo 2005 nutzen, um ihr Image in Japan aufzupolieren. Wo liegt das Problem?

Philippe Neeser: Nun, auf den ersten Blick gibt es kein Problem. Die Schweiz hat in Japan einen ausgezeichneten Ruf, und die beiden Länder können auf über 140 Jahre diplomatischer und wirtschaftlicher Beziehungen zurückblicken.

Aber wir müssen vom traditionellen Image der Schweiz in Japan wegkommen. Wir werden den Schweizer Pavillon nutzen um zu zeigen, dass das Land wesentlich mehr zu bieten hat als Alpen, Heidi, Schokolade, Uhren und Tourismus.

Die Leute müssen wissen, dass wir eine sehr aktive und dynamische Industrie haben, dass wir mit den Fortschritten in Wissenschaft und Technologie Schritt halten und uns mit Japan messen können.

swissinfo: Aber die beiden Länder scheinen in Bezug auf wirtschaftliche Reformen nicht miteinander zu konkurrieren. Kann man sagen, dass sowohl die Schweiz wie Japan lange Zeit schlicht zu reich waren, um Reformen an die Hand zu nehmen?

P.N.: Ja, ich denke, das stimmt vermutlich. Die Schweiz und Japan waren auch immer sehr konservativ. Zudem zögern beide Länder, wenn es darum geht, Veränderungen einzuleiten. Und sie müssen sich mit ähnlichen Problemen herumschlagen, wie zum Beispiel der Alterung der Bevölkerung und tiefe Geburtenraten.

Aber es ist noch etwas komplexer. Wenn wir 60 Jahre zurückschauen, sehen wir, dass die Schweiz intakt aus dem Zweiten Weltkrieg herauskam, während Japan in Schutt und Asche lag. Die Schweizer hatten es also viel leichter als die Japaner, die ihr Land wieder aufbauen mussten – was sie mit viel Mut und Ausdauer taten.

swissinfo: Hat die unterschiedliche Grösse der Schweiz und Japans einen Einfluss auf das Streben nach Reformen?

P.N.: Auf jeden Fall. Schauen Sie nur die Zahlen an: Die Schweiz hat einen Binnenmarkt von sieben Millionen Leuten. Japan hat mit seinen 130 Millionen einen riesigen Markt. Es ist deshalb für Japan einfacher, sich darauf zu verlassen, dass man – wenn es hart auf hart geht – vom Binnenmarkt leben könnte.

Für die Schweiz ist es viel dringender, exportieren zu können, deshalb ist die Notwendigkeit zu Reformen und Anpassungen da vielleicht grösser als in Japan. Allerdings scheinen das einige meiner Landsleute zuhause noch nicht begriffen zu haben. Darin sind sie in ihrer Reaktion auf Veränderungen den Japanern ähnlich.

swissinfo: Wie sehen Sie die Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen in den nächsten paar Jahren?

P.N.: Schweizer Firmen, die neue Produkte und Technologien suchen, und solche, die bereit sind, die nötigen Investitionen zu tätigen und sich ernsthaft Japan zuzuwenden, werden Erfolg haben. Einige könnten auf dem japanischen Markt gar wichtige Player werden.

Das Problem ist, dass Schweizer Firmen Japan oft als gegeben ansehen. Sie finden China «sexier» und vielversprechender, also wenden sie sich oft eher diesem Land zu. Ich denke, da machen sie einen grossen Fehler.

Natürlich hat China Potenzial und braucht viel Aufmerksamkeit. Aber wir ignorieren den japanischen Markt auf eigene Gefahr. Japan bleibt Weltleader in der Hochtechnologie.

Wenn die Schweiz also in den Märkten, in denen sie heute erfolgreich ist, weiter eine führende Rolle spielen will, müssen wir schauen, was Japan tut und auf seinem eigenen Gebiet mit ihm in Konkurrenz treten.

swissinfo: Weil die Schweiz Japan mehr braucht als Japan die Schweiz?

P.N.: Das ist sicher so. Ich weiss, dass die Schweizer Regierung gerne ein Freihandelsabkommen mit Japan abschliessen möchte. Aber Japan steht auf der Liste der Schweizer Prioritäten höher als umgekehrt.

Das ist zwar verständlich, aber wir vergessen in der Schweiz gerne, dass wir nur ein kleiner Markt sind. Wir sind wichtig, weltweit aber auf keinen Fall ein grosser Spieler.

swissinfo: Ist es für die Japaner nützlich oder eher hinderlich, dass die Schweiz nicht in der Europäischen Union ist?

P.N.: Das ist schwierig zu sagen. Die Japaner sehen es oft als Nachteil, aber es kommt darauf an, von welcher Industrie oder Branche wir sprechen. Bankers haben vielleicht eine ganz andere Sicht als Autohersteller oder Chemiefirmen.

Ich selber glaube, dass die Schweiz der EU beitreten muss. Sie kann sich einfach nicht länger isolieren, und es wäre sehr schade, wenn das Land schliesslich nur noch ein verstaubtes Museumsstück mitten in Europa wäre.

swissinfo-interview: Ramsey Zarifeh in Aichi, Japan
(Übertragung aus dem Englischen: Charlotte Egger)

Japan ist der wichtigste Handelspartner der Schweiz in Asien.

2003 beliefen sich die Schweizer Exporte nach Japan auf insgesamt 5,14 Mrd. Franken, die Importe aus Japan machten 2,64 Mrd. Franken aus.

Die wichtigsten Schweizer Exportgüter nach Japan sind Maschinen, technische Instrumente, Chemie- und Pharmaprodukte sowie Konsumgüter.

Importiert werden aus Japan vor allem Autos, elektronische Waren, Maschinen und chemische Produkte.

Philippe Neeser wurde 1947 geboren und studierte Rechtswissenschaften an der Universität Genf.

Er hat einen Doktortitel der Universität Kioto.

Vor über drei Jahrzehnten zog er nach Japan und besetzte mehrere Schlüsselpositionen in der Ciba Spezialitätenchemie (früher Ciba-Geigy).

2004 wurde er zum stellvertretenden Generalkommissär für den Schweizer Pavillon an der Weltausstellung in Japan ernannt.

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