Die UBS kritisiert die amerikanischen Methoden
Die US-Behörden missachteten die diplomatischen Gepflogenheiten, um an Daten reicher amerikanischer Bankkunden zu gelangen. Diese Kritik äusserte der UBS-Vermögensverwalter Mark Branson an einem Hearing vor dem Senats-Ausschuss in Washington.
Der Schlagabtausch zwischen dem UBS-Vertreter Mark Branson und dem demokratischen US-Senator Carl Levin, dem Gegner aller Steueroasen, fiel am Mittwoch abend sehr heftig aus.
Branson, Finanzchef der UBS-Vermögensverwaltung, weigerte sich dabei, die Namen von Zehntausenden reicher Bankkunden offenzulegen, die von der US-Steuerverwaltung verdächtigt werden, Steuergelder hinterzogen zu haben.
Branson gab jedoch zu, dass die UBS «ihre Überschreitungen des US-Steuerrechts zutiefst bedauere». Im weiteren bedauerte er, dass diese Angelegenheit dem Image der Schweiz derart zugesetzt habe.
Andererseits minderte der UBS-Vertreter das Ausmass der Angelegenheit herab: Die Vorwürfe des US-Fiskus betreffend Manöver zur Steuerhinterziehung würden «nur einen sehr kleinen Teil der Aktivitäten der UBS betreffen und seien keineswegs repräsentativ für die Unternehmenskultur der Bank», behauptete Branson.
Amerikanische Ungeschicktheit
Der UBS-Vertreter hielt der amerikanischen Regierung ausserdem vor, nicht eben geschickt vorgegangen zu sein, um an die Namen der Kontoinhaber heranzukommen, die verdächtigt werden, ihre Einkommen auf ihren Depots in der Schweiz der US-Steuerbehörde IRS nicht deklariert zu haben.
«Die UBS ist der Meinung, die Kontroverse sei auf diplomatischer Ebene zu lösen «, sagte Branson. Er bedauerte, dass das IRS jedoch versuche, sie vor einem Gericht zu lösen. «Dies ist weder produktiv noch angemessen.» Denn diese Klagen vor Gericht würden gegen bestehende Abkommen verstossen, die zwischen den USA und der Schweiz seit langem existierten.
Mark Branson äusserte sich bereits zum zweiten Mal innerhalb von acht Monaten unter Eid vor der entsprechenden Sub-Kommission des US-Senats.
Schon im vergangenen Juli musste sich der UBS-Vertreter für die Praktiken der Grossbank entschuldigen, die vom Kongress ans Tageslicht gebracht worden waren. Damals hatte er auch angekündigt, die UBS biete für reiche Amerikaner keine Konten mehr in der Schweiz an.
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Bankgeheimnis
Unterstützung durch Obama
Das Komitee des US-Senats, das sich mit Untersuchungen betreffend Steuerhinterziehung befasst, wird von Carl Levin präsidiert. Der demokratische Senator aus Michigan ist auch Verfasser eines Gesetzesvorschlags, der auf eine verstärkte Bekämpfung der Steueroasen zielt.
Unterstützt wurde dieser Gesetzesvorschlag auch von Barack Obama, als er noch Senator war. Laut Levin steht Präsident Obama zusammen mit Finanz- und Wirtschaftsminister Timothy Geither weiterhin hinter diesem Entwurf.
«Ich habe mich mit Präsident Obama heute unterhalten, und er hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass er meinen Gesetzesvorschlag unterstützt», so Levin.
Die am Montag vorgelegte Textversion fällt noch härter aus. Levin verspricht, «den Verirrungen der Fiskalparadiese ein Ende zu bereiten», und erwähnt unter den angezielten Ländern ausdrücklich auch die Schweiz.
Der Schweiz wehe gegenwärtig in dieser Angelegenheit ein kalter Wind entgegen, sagte Levin. So habe auch der britische Premierminister Gordon Brown vor seinen beiden Kammern erklärt, der kommende G20-Gipfel ziele darauf hin, die Steueroasen als illegal zu erklären.
«Und auch der Rest der Welt hat langsam die Nase voll von diesen Steueroasen.»
«Komplott der UBS»
Carl Levin kritisierte das in der Schweiz geltende Bankgeheimnis heftig. «Das Bankgeheimnis ist ein wesentlicher Teil des Komplotts zwischen der UBS und ihren amerikanischen Kunden», sagte der Senator.
«Obwohl die UBS ihre Beteiligung an einer Verschwörung im Zusammenhang mit Betrug gegen die USA zugegeben hat, versucht die Schweizer Regierung, unsere Bemühungen, an die US-Kundennamen heranzukommen, zu hintertreiben», erklärte er weiter und bedauerte gleichzeitig, dass die Schweizer Regierung es «abgelehnt hat, vor unserer Kommission zu erscheinen».
Das US-Justizministerium teilt die Meinung von Senator Levins Analyse über die Haltung der Schweizer Regierung nicht. John diCicco, leitender Beamter der Steuerabteilung, wurde ebenfalls als Zeuge von Levins Komitee eingeladen. Er sprach von einer «erheblichen Zusammenarbeit» der Schweizer Regierung mit den amerikanischen Behörden.
«Der Rechtsstreit besteht zwischen den USA und der UBS. Wir stehen aber nicht in direkter Konfrontation mit der Schweizer Regierung», betont der amerikanische Steuerbeamte.
Eine Kriegserklärung
Carl Levin lässt sich von seiner Meinung jedoch nicht abbringen. «Wir stehen in direkter Konfrontation mit der UBS und den Steuerparadiesen». Die Haltung der UBS und der Schweiz komme «einer Kriegserklärung gegenüber Menschen gleich, die hart arbeiten und ihre Steuern den USA bezahlen».
Der Senator macht klar, dass sich die Regierung in der jetzigen Rezession in den Vereinigten Staaten diesen «Ausfall an Steuereinnahmen», den er auf «mehrere Milliarden Dollar» schätzt, nicht mehr leisten könne.
«Wir werden entschlossen gegen Missbräuche vorgehen, welche die USA durch die Steueroasen erleiden», fügt der US-Senator an. Und: «Auch wenn die amerikanische Steuerbehörde IRS den Prozess gegen die UBS gewinnt, wird der Kampf gegen die Steuerparadiese noch nicht abgeschlossen sein.»
swissinfo, Marie-Christine Bonzom, Washington
(Übertragung aus dem Französischen: Alexander Künzle und Gaby Ochsenbein)
April. Das Thema Steueroasen wird am G-20-Gipfel vom 2. April auf der Traktandenliste stehen.
Liste. Frankreich und Deutschland haben am Dienstag angekündigt, sie wollten entschlossen gegen die Steuerparadiese vorgehen. Die OECD solle am Gipfel in London Kriterien und eine Liste jener Länder vorlegen, die bei den Themen Steuern, Finanzaufsicht und Geldwäscherei nicht kooperierten.
Kriterien.Gemäss den Finanzministern dieser beiden Länder gehört die Schweiz auf diese Schwarze Liste von Steuerparadiesen.
Die UBS hat im vergangenen Monat zugegeben, gewissen Kunden geholfen zu haben, Geld am US-Fiskus vorbeizuschleusen. Die Grossbank akzeptierte eine Busse von 780 Mio. Dollar und die Aushändigung von Daten über 250 Kunden, die des Steuerbetrugs überführt worden waren.
Kunden. Kurz nach dieser Vereinbarung reichten die US-Behörden eine Zivilklage gegen die UBS ein. Sie verlangen die Offenlegung von bis zu 52’000 Daten über US-Kunden. Heute ist noch von 48’000 Kunden die Rede.
Nicht-deklariert. Mit einem Drittel der weltweiten Vermögen (schätzungsweise 7000 Mrd. Dollar) liegt die Schweiz auf Platz 1 der Offshore-Finanzplätze. Dieser Sektor floriert dank nicht-deklarierten Konten, welche die Identität ihrer reichen Konteninhaber schützen.
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