Disziplinierte Junglenker dank Crash Recorder
Junge Autofahrer erhalten ab Anfang 2007 eine Prämienreduktion bei der Kasko- und Haftpflichtversicherung, wenn sie einen Crash Recorder einbauen lassen.
Von dieser Massnahme verspricht sich die Winterthur-Versicherung eine präventive Wirkung auf Junglenker. Auch die Zürich-Versicherung führt einen Pilotversuch durch, will sich dabei aber nicht auf junge Fahrer beschränken.
«Ein Crash Recorder ist ein Fahrtenschreiber, der die Fahrdaten eines Autolenkers laufend aufzeichnet, jedoch immer wieder überschreibt», sagt Angelika Gätzi, Sprecherin der Winterthur-Versicherungen gegenüber swissinfo. Erst wenn ein Crash eintrete, zeichne das Gerät die letzten 20 und die nachfolgenden 10 Sekunden des Ereignisses auf. Der Recorder reagiert auf abrupte Temporeduktion.
Aufgezeichnet werden dann Beschleunigung und kollisionsbedingte Geschwindigkeits-Veränderungen. Damit, so die Versicherung, lassen sich Rückschlüsse auf Hergang und Schwere eines Unfalls ziehen.
Pilotprojekt
Schmackhaft gemacht wird der freiwillig Einbau dieses Crash-Recorders mit einer Prämienreduktion bei der Kasko- und Haftpflicht von 20%.
Mitmachen können nur Junglenker im Alter von 18 bis 25 Jahren vorerst im
Kanton Zürich. Die Versicherung übernimmt die Kosten für das Gerät und auch dessen Einbau. Sie verspricht sich vom eingebauten Crash-Recorder eine präventive Wirkung. «Wir gehen davon aus, dass vorsichtiger gefahren wird, wenn jemand weiss, dass ein Crash Recorder in seinem Fahrzeug eingebaut ist», sagt Gätzi.
Wenn die Erfahrungen mit dem Pilotprojekt ausgewertet sind, prüft die Winterthur den flächendeckenden Einbau des Recorders.
Nicht diskriminierend
Was aber, wenn tatsächlich ein Unfall geschieht? Ist dann der Besitzer eines Crash Recorders gegenüber Lenker ohne Recorder nicht benachteiligt, weil mit dem Gerät unter Umständen ein fehlerhaftes Verhalten nachgewiesen werden kann?
«Nein», sagt Angelika Gätzi. «Den Einsatz eines Crash Recorders erachtet die Winterthur in keiner Weise als diskriminierend. Vielmehr liegt der Vorteil darin, dass der Ablauf eines Unfalls objektiv dargestellt werden kann.»
Durch die Aufzeichnung der Daten könne im übrigen nicht darauf geschlossen werden, ob eine Grobfahrlässigkeit vorlag oder nicht. «Wir versprechen uns vor allem eine präventive Wirkung und der Recorder hilft unserer Unfallforschung bei der Analyse eines Unfalls.»
Ein Obligatorium in der Schweiz fände die Versicherung sinnvoll. Der Bundesrat, die Schweizer Regierung, hat allerdings im Februar 2006 der Grossen Parlamentskammer, dem Nationalrat, ein entsprechendes Postulat zur Ablehnung empfohlen.
Die Regierung findet, das Gerät sei zu teuer und es habe «geringe generalpräventive Wirkung». Dem wiedersprechen Erfahrungen der Winterthur. Sie rüstet seit über zwei Jahren ihre Flottenfahrzeuge mit UDS aus (in Holland bereits seit fünf Jahren). Das UDS liefert detailliertere Daten als ein Crash Recorder.
Die ersten Resultate seien sehr vielversprechend: «In den ersten zwei Jahren konnte die Ausrüstung von Flottenfahrzeugen mit UDS die Anzahl Schäden um rund 25% herabsetzen», sagt Angelika Gätzi.
Auch die Zürich mit Pilot
Ein anderes präventives Versicherungs-Modell verfolgt die Zürich. Im Gegensatz zur Winterthur beschränkt sich deren Angebot aber nicht auf Junglenker. Ein Fahrtenschreiber soll permanent das Fahrverhalten aufzeichnen und die Daten dem Versicherer übermitteln.
Die Prämie ist dann abhängig von den gefahrenen Kilometerzahlen, der Geschwindigkeit, aber auch von der Tageszeit der Fahrten und dem Strassentyp.
Der Versicherte kann so die Höhe der Prämie selbst beeinflussen. Der britische Versicherer Norwich Union hat eine solche gebrauchsabhängige Versicherung im Oktober bereits lanciert.
Die «Pay-as-you-drive»-Versicherung wird ab Anfang 2007 in verschiedenen Regionen der Schweiz getestet, wie Zürich-Sprecherin Katrin Schnettler erklärte. Es handle sich nicht um einen Pilotversuch mit Kunden. Die neuartige Blackbox werde vorerst von eigenen Leuten getestet.
In den Pilotversuchen soll laut Schnettler herausgefunden werden, welche Faktoren risikorelevant sein könnten.
swissinfo und Agenturen
2004 waren Neulenker in 3883 Unfälle verwickelt (Zahlen des Touring Club Schweiz TCS).
Diese Zahl sinkt erfahrungsgemäss im dritten Jahr nach Erwerb des Führerausweises bereits auf unter 1500 Unfälle.
Verkehrsunfälle sind bei 18- bis 24-Jährigen die häufigste Todesursache.
Pro Jahr verlieren ungefähr 40’000 Personen auf den Strassen Europas ihr Leben (in der Schweiz ca. 400).
Am 1. Januar 2005 trat in der Schweiz eine Revision des Strassenverkehrsgesetzes in Kraft. Sie reduzierte den Grenzwert des Blutalkoholgehaltes von 0,8 auf 0,5 Promille.
2005 ging die Zahl der Verkehrstoten in der Schweiz im Vergleich zum Vorjahr um einen Fünftel zurück.
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