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Durchzogene Bilanz bei Krankenkassen

Die Kostensituation im Gesundheitswesen ist weiterhin ungebremst. Keystone

Innenminister Pascal Couchepin geht für 2004 von einer Erhöhung der Krankenkassen-Prämien von weniger als zehn Prozent aus.

Detailinformationen von den Kassen folgen im Oktober. Änderungen bei Franchisen und Selbstbehalten kommen zur Erhöhung dazu.

Als Vorsteher des Departements der Innern (EDI) ist Bundespräsident Pascal Couchepin auch Gesundheitsminister und zuständig für die über 90 Krankenkassen in der Schweiz. Am Freitag präsentierte er vor den Medien in Bern eine durchzogene Bilanz.

Eigentlich wollte Couchepin vor den Medien keine konkreten Zahlen über die Erhöhung der Krankenkassen-Prämien im kommenden Jahr bekanntgeben, weil sie nur einen Teil der Kostenerhöhungen ausmachen.

Mehr Selbstbehalt, weniger starke Prämienerhöhung

Doch könne im Rahmen der im Juni vom Bundesrat beschlossenen Massnahmen von einer Erhöhung der Prämien von weniger als zehn Prozent ausgegangen werden. Zu diesen Massnahmen gehören beispielsweise die Erhöhung des Selbstbehaltes von 600 auf 700 Franken und die Reduktion der Prämienrabatte auf Wahlfranchisen.

Allerdings, so Couchepin, werde es trotzdem eine kleine Zahl von Versicherten geben, die mit einer Erhöhung von bis zu 20 bis 25 Prozent rechnen müssten.

Die Kampagne gegen die im Juni vom Bundesrat beschlossenen Massnahmen bezeichnete der Gesundheitsminister als «lügnerisch». Der Prämienanstieg werde 2004 sicher nicht 9,7% erreichen wie im vergangenen Jahr, so Couchepin.

Ungebremste Kostenentwicklung

Die Schweizer Krankenversicherer hatten schon im August festgestellt, dass für die Berechnung der Prämien in erster Linie die Kostenentwicklung in der Krankenversicherung massgebend ist. Diese bleibt nach wie vor ungebremst.

«Für die Prämien 2004 kommen auf Grund von Beschlüssen des Parlaments oder des Bundesrats aber ausserordentliche Faktoren dazu, von denen die Versicherten je nach Region und Versicherungsform ganz unterschiedlich betroffen sind, nämlich die Festlegung von Prämienregionen, die Erhöhung der ordentlichen Franchise und die Kürzung der Prämienrabatte bei den Wahlfranchisen», schreibt der Kassen-Dachverband santésuisse auf seiner Website.

Couchepin räumte vor der Presse ein, dass derzeit die Kostenentwicklung nicht gedämpft sei. Die Kosten würden nur (von den Prämienzunahmen auf Franchisen und Selbstbehalte) umverteilt.

Vergleichsindikatoren ab Mitte Oktober

Vor den Medien erinnerte der Gesundheitsminister im weiteren daran, dass es Sache der Krankenkassen sei, die Versicherten im Oktober über die Erhöhung zu informieren.

Die Veröffentlichung einer gesamtschweizerischen Durchschnittsprämie bringe nichts, da es sich um eine rein virtuelle Prämie von eingeschränkter Aussagekraft handle. Sie berücksichtige weder die Wahlfranchisen noch die Prämienrabatte.

Damit die Versicherten aber die Prämien aller Krankenkassen vergleichen können, stellt ihnen das Bundesamt für Sozialversicherung ab Mitte Oktober eine Prämienübersicht zur Verfügung. Die Versicherten haben nach Erhalten der individuellen Prämienmitteilung bis Ende November Zeit, den Versicherer zu wechseln oder ihre Versicherung anzupassen.

Laut Couchepin lag das Prämienvolumen der 93 Krankenversicherer im vergangenen Jahr bei 15’355 Mrd. Franken, was einer Zunahme gegenüber dem Vorjahr um 9,7 Prozent entspricht. Die Reserven, die 2001 noch 15 Prozent der Prämien ausgemacht hatten, gingen im vergangenen Jahr auf 12,8 Prozent zurück.

Krankenkassen: Strukturbereinigung kommt

Der EDI-Vorsteher geht davon aus, dass es noch einige Jahre dauern wird, bis die Kassen ihre Reserven wieder aufgebaut haben. Gleichzeitig rechnet er damit, dass es unter den Krankenkassen noch zu einer Strukturbereinigung kommen wird.

Bereits auf Ende Jahr muss die Westschweizer Krankenkasse Accorda mit rund 20’000 Versicherten ihren Betrieb einstellen. Das EDI hat erstmals einer Krankenkasse die Bewilligung entzogen, wie Couchepin sagte. Es seien schwerwiegende organisatorische Mängel festgestellt worden.

Zudem seien die von Accorda ergriffenen Massnahmen ungenügend gewesen. Der Versicherungsschutz der betroffenen Versicherten sei aber auf jeden Fall gewährleistet. Die Accorda war 1998 von Ärzten, Apothekern, Spitälern, Privatkliniken und Erbringern von Pflegeleistungen gegründet worden.

swissinfo und Agenturen

Anzahl Krankenversicherer: 93
Prämienvolumen im Gesundheitswesen: 15’355 Mrd. Franken
Wachstum des Prämienvolumens gegenüber dem Vorjahr: 9,7%

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