Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Eine hundertjährige Dreiecksgeschichte

Das Matterhorn ziert die Verpackung erst seit 1970. Keystone

Vor hundert Jahren wurde in Bern eines der bekanntesten Schweizer Exportprodukte erfunden - die Nougat-Schokolade Toblerone.

Jahrelang hiess es, ihre Dreiecksform sei dem ebenso bekannten Schweizer Berg, dem Matterhorn, nachempfunden. Nun haben Historiker mit dieser Legende aufgeräumt.

Legenden seien eben gut fürs Geschäft, hiess es in einem am Donnerstag in Bern vorgestellten Buch zum 100-Jahr-Jubiläum der Toblerone.

Als die Toblerone 1908 auf dem Markt erschien, sei vom Matterhorn weder auf der Verpackung noch in der Werbung etwas zu sehen gewesen.

Erst 1970 habe es der markante Walliser Berg auf die Verpackung geschafft.

Auch mit einer anderen Legende rund um die Dreiecksform räumen die Historiker auf: Dass sich Theodor Tobler in den Pariser Variété-Vorstellungen der «Folies Bergères» habe inspirieren lassen.

Entweder habe Tobler, der auf der Suche nach einer Alternative zur Tafelform von Schokoladen gewesen sei, die Toblerone der Pyramide nachempfunden, welche die Tänzerinnen am Schluss der Vorstellung bildeten. Oder aber den gespreizten Beinen der Revuegirls hintereinander in einer Reihe.

Nur Name gesichert

Da auch diese Hypothese in keiner Schrift der Firma Tobler erwähnt werde, wisse letztlich niemand, wieso die Erfinder der Toblerone aufs Dreieck gekommen seien. Klar sei nur: Es war «so oder so ein genialer Einfall.»

Gesichert ist hingegen, woher der Name Toblerone kommt. Es handelt sich um eine Kombination der Wörter Tobler und Torrone. Torrone ist die italienische Bezeichnung für eine Süssspeise mit Eiweiss, Nüssen oder Mandeln, Honig und Zucker. Die Toblerone enthält Mandel-Nougat.

Ein Appenzeller in Bern

Die Toblerone ist zwar ein Berner Produkt, die Wurzeln liegen aber in der Ostschweiz: Die Firma Tobler ging aus einer Confiserie hervor, welche Theodor Toblers Vater Johann Jakob Tobler aus Lutzenberg im Kanton Appenzell-Ausserrhoden 1868 in Bern übernahm. Seine Frau stammte aus dem Thurgau.

1894 steigt Sohn Theodor ins Geschäft ein und regt den Bau einer eigenen Schokoladefabrik an. Dort, im Berner Länggasse-Quartier, wird 1908 die Toblerone erfunden.

Der Produktionsleiter der Chocolat Tobler, Emil Baumann, entdeckt auf einer Reise ins Elsass ein spezielles Nougat-Produkt. Gemeinsam mit Tobler entwickeln sie in der Folge die Toblerone-Rezeptur.

Von Einstein patentiert?

Theodor Tobler lässt die Herstellung von Toblerone 1909 beim Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum patentieren. Es war das letzte Jahr der Tätigkeit Albert Einsteins für diesen Arbeitgeber. Es ist also möglich, dass der weltberühmte Physiker mit der weltberühmten Schokolade zu tun hatte.

Während Toblerone früher auch im Ausland hergestellt wurde, steht heute die weltweit einzige Produktionsstätte in Bern-Brünnen im äussersten Westen der Stadt.

Dort produzieren heute je nach Quelle 270 bis 300 Angestellte pro Jahr etwa 35’000 Tonnen Toblerone. Die Schokolade entsteht in Bern, damit auf der Verpackung «Swiss Milk Chocolate» stehen darf.

Immer weniger Leute produzieren immer mehr Toblerone: 1985, als die Produktion in der Länggasse aufhörte, waren noch 500 Personen mit der Herstellung beschäftigt.

Sozialer Patron

Die Geschichte der Toblerone ist auch die Geschichte von Theodor Tobler. Tobler war ein Selfmademan, der nicht viel auf schulisches Wissen hielt, ein Patron mit sozialem Gewissen, der gut zu seinen Angestellten schaute, und ein Pazifist.

Tobler gehörte den Freimaurern an, warb fürs Frauenstimmrecht und den Mutterschutz und setzte sich für die Welthilfssprache Ido ein.

1931 wäre beinahe Schluss gewesen mit der Toblerone: Die Firma Tobler musste um Nachlassstundung ersuchen, schaffte aber unter einer neuen Führung den Turnaround. Theodor Tobler musste gehen. Die Firma fusionierte später mit Suchard.

Dann übernahm Klaus J. Jacobs die Mehrheit der Aktien, später der US-amerikanische Nahrungsmittel- und Tabakkonzern Philip Morris. Dieser integrierte Jacobs Suchard in den Unternehmensteil Kraft Foods, der heute die Toblerone herstellt.

swissinfo und Rainer Schneuwly, SDA

Die heutige Herstellerin der Toblerone, die Firma Kraft Foods, feiert das Jubiläum mit einer Wanderausstellung, einem Buch und einem Städtewettbewerb.

Die Wanderausstellung bleibt bis zum 23. Februar im Berner Kornhaus. Anschliessend zieht sie durch acht weitere Schweizer Ortschaften und wird auch im Schokoladenmuseum Köln und im Designforum Wien gezeigt.

Viele Exponate sind auch im gut 200-seitigen Jubiläumsbuch abgebildet. Seine Autoren sind die Berner Historiker Urs Schneider, Patrick Feuz und Andreas Tobler, ein Enkel des Toblerone-Miterfinders Theodor Tobler.

Schliesslich führt Kraft Foods im April und Mai in den vier Städten Genf, Basel, Bern und Zürich einen Toblerone-Wettbewerb durch. In der Stadt, die den höchsten Turm aus Toblerone-Verpackungen baut, wird im September ein Jubiläumsfest steigen.

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft